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Bretonische Verhältnisse

Bretonische Verhältnisse

Titel: Bretonische Verhältnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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Madame Cassel rufen hörte.
    »Monsieur le Commissaire? Monsieur Dupin? Hallo?«
    »Ich komme.«
    Eine halbe Minute später stand er ein wenig atemlos neben ihr. Dupin schaute die Professorin erwartungsvoll an. Ihr war nichts anzumerken, sie sprach in einem analytisch-nüchternen Tonfall.
    »Ich habe mir die Malschicht an einigen Stellen genau angesehen. Den Strich. Und die Signatur. Ich kann es Ihnen natürlich nicht abschließend sagen, dazu bräuchte ich noch andere Geräte – aber nach meinem Dafürhalten ist das Bild ein Gauguin.«
    Dann strahlte Marie Morgane Cassel: »Das ist das Bild.«
    Auf Dupins Gesicht brach ein erleichtertes Lächeln durch. Er hatte das Bild.
    Der Anfang war gemacht. Aber es blieb keine Zeit, sich zu freuen. Sich damit überhaupt zu beschäftigen. Jetzt kam der weitaus heiklere Teil. Wer auch immer das Bild hier versteckt hatte, hielt es für echt. Und wahrscheinlich war es der Mörder. Er würde das Bild hier holen kommen. Dupin war sich sicher, dass er es nicht über eine längere Zeit in diesem Schuppen zwischenlagern würde. Das war viel zu provisorisch für vierzig Millionen.
    »Mir wäre lieber, wenn Sie den Ort jetzt verlassen.«
    Dupins Tonfall klang alarmierter, als er es gewollt hatte. Marie Morgane Cassel zuckte ein wenig zusammen.
    »Ich – ich …«
    »Entschuldigen Sie, ich meine: Ich will Sie nicht in eine brenzlige Situation bringen, nicht einmal in eine unangenehme – wir haben es mit einem Mörder, vielleicht mit einem Doppelmörder zu tun.«
    »O ja – ja. Das vergesse ich immer wieder.«
    »Inspektor Riwal wird Sie zurückbringen.«
    »Gut.«
    »Vielen Dank, Madame Cassel. Sie haben uns in der Tat ein weiteres Mal sehr geholfen – wir stehen in Ihrer Schuld, ohne Sie …«
    »Gerne, das mache ich wirklich gerne. Das ist jetzt dann das Ende meines Engagements, vermute ich. Die wissenschaftliche Bestätigung sollten Sie durch das Musée d’Orsay vornehmen lassen. Sie müssen sich ja nicht an Sauré wenden, sprechen Sie direkt mit dem Direktor. Ich werde den Fortgang des Falles aus der Zeitung erfahren.«
    »Nein, ich – ich melde mich.«
    »Ja, tun Sie das. Melden Sie sich.«
    Dupin war einen Augenblick etwas verlegen, er wusste selbst nicht, warum. Vor allem aber war er unruhig. Er trat ein paar Schritte beiseite, holte sein Handy aus der Hosentasche und wählte Riwals Nummer.
    »Riwal – ich möchte, dass Sie Madame Cassel jetzt zurückfahren, zu ihrem Auto, das steht am Central .«
    »Ist es das Bild, Monsieur le Commissaire?«
    »Ja.«
    »Das ist verrückt. In Ihrem Kofferraum liegt ein echter Gauguin. Vierzig Millionen Euro. Das ist echt verrückt. Was denken Sie …«
    Riwals Stimme klang fassungslos.
    »Wir haben jetzt keine Zeit für Erörterungen, Riwal. Sie müssen auch das Schloss wieder anbringen und schließen. Niemand darf sehen, dass wir hier waren.«
    »Ich bin sofort da.«
    Eine Minute später stand Riwal laut schnaufend neben ihnen.
    »Wir können los.«
    Dupin schüttelte Madame Cassel die Hand, ein wenig täppisch. Sie lächelten beide.
    »Au revoir Monsieur Dupin.«
    »Au revoir Madame Cassel.«
    Madame Cassel drehte sich um, ging zügig zu Riwals Wagen und stieg ein. Riwal war nahe an den Kommissar herangetreten. Er sprach leise.
    »Soll ich das Bild mitnehmen? Das wäre doch sicher das Beste.«
    Dupin überlegte.
    »Machen Sie das, Riwal. Nehmen Sie es mit. Am besten, Sie bringen es zunächst ins Hotel. Ins Restaurant. Einer der Polizisten aus Pont Aven soll das Restaurant sichern, wenn Sie noch einmal wegmüssen. Wenn alles vorbei ist, fahren Sie oder Kadeg das Bild zur Präfektur.«
    »Und was werden Sie tun, Commissaire?«
    »Warten.«
    »Soll ich wiederkommen, nachdem ich Madame Cassel zurückgebracht habe? Mit Kadeg? Wir sichern hier alles im Hintergrund.«
    »Nein. Ich bleibe alleine.«
    Dupin wusste, dass dies ganz und gar nicht den polizeilichen Vorschriften entsprach.
    »Zuerst einmal. Dann sehen wir weiter. Wir müssen vielleicht Schichten verabreden. Wer weiß. Und Sie halten sich für alle Fälle bereit.«
    »Gut. Wir halten uns bereit.«
    »Sagen Sie kein Wort über das Bild. Und alles hier – zu niemandem. Ich rufe Kadeg an.«
    »Gut.«
    Riwal ging zu Dupins Wagen, schlug das Gemälde wieder in die Wolldecke und trug es mit erkennbar großer Vorsicht zu seinem Wagen. Mit sehr bedachten Bewegungen legte er es in seinen Kofferraum. Die Dinge, die dort herumgelegen hatten, das Erste-Hilfe-Set, eine Rolle Papiertücher und eine

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