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Bretonische Verhältnisse

Bretonische Verhältnisse

Titel: Bretonische Verhältnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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Tasche mit polizeilicher Ausrüstung, hatte Riwal schon auf der Rückbank deponiert. Er stieg ein, startete den Motor, ließ die Fensterscheibe herunter, lehnte sich ein wenig heraus und nickte Dupin zu. Neben ihm Marie Morgane Cassel, die Dupin noch einmal zulächelte. Dann setzte Riwal behutsam zurück. Der Wagen verschwand langsam hinter dem Wäldchen.
    Dupin ging zu seinem Auto, ließ den Motor an und fuhr ebenso vorsichtig den Weg rückwärts. Es sollte nicht auf den ersten Blick zu sehen sein, dass hier Autos gefahren waren. Auf der Straße hielt er sich Richtung Strand und parkte auf dem unbefestigten Parkplatz oberhalb der großen Bucht. Es waren nur ein paar Hundert Meter bis zum Schuppen. Sein Wagen würde hier niemandem auffallen, niemand würde Verdacht schöpfen.
    Zügig ging er den Weg zum Schuppen zurück, nicht über die Straße, sondern querfeldein. Aus dem Handschuhfach hatte er seine Pistole herausgenommen und in seinen Gürtel gesteckt. Er würde in dem kleinen Wäldchen Position beziehen. Warten.
    Er wählte Kadegs Nummer. Kadeg hatte es bereits zwei Mal bei ihm versucht, konnte er sehen. Es war jetzt halb zwei, Kadeg müsste mit Beauvois’ Vernehmung fertig sein.
    »Kadeg?«
    »Ja, Monsieur le Commissaire.«
    »Was hat Beauvois ausgesagt? Wissen wir alles?«
    »Es war nicht einfach mit diesem Anwalt. Beauvois und er hatten sich augenscheinlich darauf geeinigt, so wenig wie möglich zu sagen. Beauvois hat dann noch einmal seine Geschichte mit der Kopie erzählt, dieselbe, die er Riwal und Ihnen erzählt hat. Er hat alles genau so bestätigt. Dass er sie schon vor dreißig Jahren gemalt hat, weil er so fasziniert war, dass er …«
    »Hat er Alibis für die beiden Abende?«
    »Keine festen Alibis. Am Donnerstag war er bis spät im Museum, Führungen für irgendwelche Lokalpolitiker und die Sitzung des Kunstvereins, bis 22 Uhr, dann ist er nach Hause, alleine, sagt er. Samstagabend hatte er eine Versammlung in Le Pouldu. Irgendeine Regionalrat-Sache. Kulturangelegenheiten. Auch bis zirka 22 Uhr.«
    »Le Pouldu?«
    »Ja. Die Orte für diese Treffen wechseln wohl. Das geht reihum. – Ich habe eine Aufstellung über Beauvois’ Aktivitäten in den letzten vier Tagen, wollen Sie sie hören?«
    »Hat er Pont Aven verlassen in diesen Tagen?«
    »Nein, nur an diesem Abend, als er nach Le Pouldu fuhr.«
    »Sonst nicht?«
    »Er sagt Nein.«
    »Wo ist Beauvois jetzt?«
    »Er hat die Präfektur vor einer Viertelstunde verlassen. Dafür hat sein Anwalt gesorgt. Aber er steht zu unserer Verfügung. Soll ich …«
    »Ich möchte, dass Sie sich mit Riwal im Hotel bereithalten. Vielleicht brauche ich Sie.«
    »Wo sind Sie?«
    »Le Pouldu.«
    »In Le Pouldu?«
    »Ja. In einem Wäldchen, nahe der ›Buvette‹.« Er war mittlerweile angekommen.
    »Was heißt das?«
    »Wir haben das Bild, Kadeg.«
    »Was?«
    Kadeg hatte vor Aufregung ins Telefon geschrien.
    »Wir haben es eben sichergestellt.«
    »Wo?«
    »In einem Schuppen hier.«
    »In einem Schuppen? Der Gauguin?«
    »Genau.«
    »Ist es sicher das echte Bild?«
    »Kadeg, ich will, dass Sie sofort aufbrechen und zu Riwal ins Central fahren. Riwal bringt gerade Madame Cassel von hier zum Hotel zurück. Er hat auch das Bild dabei.«
    »Madame Cassel?«
    »Sie hat die Echtheit des Gauguins vorläufig bestätigt.«
    »Und was machen Sie jetzt?«
    »Warten. Bis es jemand holen kommt.«
    Es entstand eine längere Pause.
    »Wissen Sie, wer es ist?«
    »Ich denke schon. Warten Sie mit Riwal im Hotel. Und das Wichtigste: Niemand darf wissen, dass wir das Bild sichergestellt haben.«
    »Aber …«
    Dupin legte auf.
    Es waren bereits wieder über dreißig Grad, die Sonne brannte wie im Süden – für die Bretagne lief das schon unter »Hitzewelle« und würde morgen zu sensationellen Schlagzeilen in den Regionalzeitungen führen. Das Wäldchen, in dem Dupin sich aufhielt, war nicht sehr groß, vielleicht hundert Meter in der Länge, eine sehr typische bretonische Landschaft. Dupin hatte früher bei der Bretagne immer an dichte, unendliche Buchen- und Eichenwälder gedacht – in Wirklichkeit war die Bretagne zwar einst ein mächtiger, dichter Wald gewesen, aber durch gründliche Rodungen seit dem Mittelalter jetzt das am wenigsten bewaldete Gebiet Frankreichs.
    Es könnte ein langes Warten werden. Und danach, all die dringenden offiziellen Anrufe zu erledigen, war ihm überhaupt nicht zumute. Er wollte wissen, ob er richtig lag. Und er wollte es hinter sich bringen. Das

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