Brian Lumleys Necroscope: Buch 2 - Vampirbrut (German Edition)
ihm abfiel wie eine bleierne Maske, als er meiner ansichtig wurde. Und endlich erkannte er mich.
Langsam kam er auf die Beine. »Ihr!«
»Kein anderer, mein Prinz.« Ich verbeugte mich kurz.
Er brachte kein Wort heraus. Sein Gesicht lief langsam rot an. Schließlich sagte er: »Soll das ein Scherz sein? Geht – hinaus! « Er zeigte mit einem zitternden Finger zum Ausgang.
Männer mit den Händen an den Heften ihrer Schwerter schossen auf mich zu und kesselten mich ein.
Ich rannte mit einem Mal zum Tisch des Wlad, sprang mit einem Satz hinauf, zog mein Schwert und setzte ihm die Spitze auf die Brust. »Keinen Schritt näher!«, knurrte ich.
Er hob die Hände, und seine Leibwächter wichen zurück. Ich trat Teller und Pokale zur Seite und schuf freien Platz vor ihm auf dem Tisch. Dann warf ich meinen Beutel hin. »Sind Eure griechischen christlichen Priester da?«
Er nickte und gab einen Wink. In ihren Priesterroben kamen sie mit zitternden Händen zögernd heran. Es waren vier Männer, die aufgeregt auf Griechisch plapperten.
Endlich dämmerte es dem Prinzen, dass er sich in Lebensgefahr befand. Er blickte auf meine Schwertspitze herab, die leicht an seiner Brust ruhte, dann sah er mich an, knirschte mit den Zähnen und setzte sich. Mein Schwert folgte seiner Bewegung.
Er war blass geworden, beherrschte sich jedoch, schluckte und sagte: »Thibor, was soll das alles? Wollt Ihr des Verrats bezichtigt werden? Nehmt Euer Schwert weg und lasst uns reden.«
»Mein Schwert bleibt, wo es ist – und wir werden nun hören, was ich zu sagen habe!«, verkündete ich.
»Aber …«
»Hört mir zu, Prinz von Kiew! Ihr habt mich mit einem hoffnungslosen Auftrag weggeschickt, und das war Euch bekannt. Ich und meine Sieben gegen Faethor Ferenczy und seine Szgany? Welch ein Witz! Und während meiner Abwesenheit konntet Ihr in Ruhe meine guten Männer stehlen, und hätte ich das Glück, auch noch erfolgreich zurückzukehren … umso besser! Und sollte ich verlieren, womit Ihr ja gerechnet habt, wäre es kein großer Verlust.« Ich funkelte ihn an. »Das nenne ich Verrat! «
»Aber…«, wandte er wieder mit bebenden Lippen ein.
»Aber hier bin ich, gesund und munter, und hätte ich ein wenig mit meinem Schwert zugedrückt und Euch getötet, wäre es mein gutes Recht gewesen. Nicht nach Eurem Gesetz, aber nach meinem. Ah, keine Angst, ich werde Euch nicht töten! Es genügt bereits, dass alle Anwesenden von Eurem Verrat wissen. Und was meinen Auftrag angeht: Erinnert Ihr euch daran, was Ihr mir befohlen habt? Ihr sagtet: ›Bringt mir den Kopf des Ferenczy, sein Herz und sein Banner‹. Nun, in diesem Augenblick flattert sein Banner über den Mauern dieses Palastes. Seines und meines, denn ich habe seines übernommen. Und was seinen Kopf und sein Herz betrifft: Ich habe eine bessere Lösung. Ich habe Euch das wahre Wesen des Ferenczy mitgebracht!«
Prinz Wladimirs Blick wanderte zu dem Beutel, der vor ihm lag, und einer seiner Mundwinkel begann zu zucken.
»Öffnet ihn«, befahl ich. »Leert ihn aus. Und ihr Priester, kommt näher! Seht, was ich euch mitgebracht habe!«
Unter den sich drängenden Höflingen und Gästen erspähte ich einige Männer mit grimmigen Gesichtern, die sich langsam näher heranschoben. Ich hatte nicht mehr viel Zeit. In meiner Nähe befand sich ein hohes schmales Fenster, das zu einem Balkon über dem Palastgarten führte. Wladimirs Hände tasteten sich zitternd auf den Beutel zu.
»Öffne ihn!«, fuhr ich ihn an und drückte ein wenig härter mit der Schwertspitze zu.
Er nahm den Beutel, zupfte an der Kordel und kippte den Inhalt auf den Tisch. Alle starrten entsetzt darauf.
»Das wahre Wesen des Ferenczy!«, zischte ich.
Der Teil war etwa so groß wie ein Welpe, hatte jedoch eine kränkliche Färbung und die Form eines Albtraums. Also eigentlich überhaupt keine Form, sondern nur die düstere Andeutung einer Gestalt. Es hätte eine Nacktschnecke sein können, oder ein Fötus, oder ein fremdartiger Wurm. Im Lichtschein wand es sich, streckte ungeschickte Finger aus und bildete ein Auge. Als Nächstes kam ein Mund mit gekrümmten dolchähnlichen Zähnen. Das Auge war weich und feucht. Es blickte sich um, während der Mund hörbar schmatzte.
Der Wlad saß totenbleich da, und sein Gesicht zuckte grotesk.
Ich lachte, als sich die Vampirmasse näher zu ihm heranschob, und er schrie auf und kippte mitsamt seinem Stuhl nach hinten um. Das Ding hatte ihm nichts antun wollen; es hegte überhaupt
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