Brian Lumleys Necroscope: Buch 2 - Vampirbrut (German Edition)
und hüten muss. Dein Interesse an all diesen Vorgängen ist mehr als nur flüchtig, Harry! Ich frage mich, warum?
Dragosani, der lange geschwiegen hatte, mischte sich lachend ein: Ist das nicht offensichtlich, alter Teufel?, fragte er. Er hat dich überlistet! Warum ist er so daran interessiert? Weil es – jetzt, zu dieser Zeit – auf der Welt, auf seiner Welt, noch Vampire gibt. Das ist die einzige Erklärung. Und Harry Keogh ist hierhergekommen, um von dir möglichst viel über sie herauszufinden. Er muss alles über sie wissen, um seinen Geheimdienst zu informieren, um seine Welt zu retten. Nun sag mir: Ist es wirklich notwendig, dass er dir mehr von diesem unschuldigen Kind erzählt, das du noch im Mutterleib infiziert hast? Er hat es doch bereits zugegeben! Der Junge lebt, und natürlich ist er ein Vampir! Damit erstarb Dragosanis Stimme.
In der reglosen Lichtung herrschte Schweigen. Nur Harrys strahlende Aura erleuchtete die Dunkelheit ein wenig und kündete von dem Drama, das sich hier abspielte. Und endlich sprach Thibor weiter: Stimmt das? Ist er am Leben? Ist er …
»Ja«, antwortete Harry freimütig. »Er lebt – als Vampir – jedenfalls im Moment noch.«
Thibor überhörte das Letztere. Aber woher weißt du, dass er ein … Wamphyri ist?
»Weil er bereits seinen finsteren Machenschaften nachgeht. Deshalb müssen wir ihn eliminieren – ich und die anderen, die zu diesem Zweck tätig geworden sind. Und ganz sicher müssen wir ihn vernichten, bevor er sich an dich ›erinnert‹ und herkommt, um dich zu suchen. Dragosani hat behauptet, du könntest auf diese Weise wieder auferstehen, Thibor. Was sagst du dazu?«
Dragosani ist ein Narr, der gar nichts weiß. Ich habe ihn überlistet, du ebenfalls – nun, es war gut, dass du ihm halfst, sich selbst zu vernichten. Ha! Selbst ein Kind könnte Dragosani übers Ohr hauen! Nimm ihn nicht ernst!
Was?, schrie Dragosani. Ich soll ein Narr sein? Höre mir zu, Harry Keogh, und ich sage dir ganz genau, wie dieser listige alte Teufel das benutzen wird, was er selbst gezeugt hat. Zuerst …
SCHWEIG ENDLICH! Thibor war wütend.
Ich denke nicht daran!, gab Dragosani trotzig zurück. Deinetwegen bin ich hier … ein Gespenst und sonst nichts! Soll ich stillhalten, während du dich darauf vorbereitest, dich von hier fortzustehlen? Hör mir zu, Harry. Falls dieser Junge …
Doch weiter ließ ihn Thibor nicht kommen. Ein furchtbarer geistiger Lärm kam plötzlich auf, ein so starkes telepathisches Gequatsche und Geheule, dass Harry kein einziges Wort mehr verstehen konnte. Dieser Schutzschild aus Lärm ging nicht nur von Thibor aus, sondern auch von Max Batu. Verständlicherweise hatte der tote Mongole sich für Thibor und gegen seinen Mörder entschieden.
»Ich kann nichts verstehen«, sagte Harry in den Lärm hinein zu Dragosani. »Absolut nichts!«
Die telepathische Kakofonie ging weiter, womöglich noch lauter und eindringlicher als zuvor. Im Leben war Max Batu in der Lage gewesen, Hass so zu konzentrieren, dass ein einziger Blick töten konnte. Auch im Tod versagte seine Konzentrationsfähigkeit nicht. Möglicherweise war der mentale Lärm, den er verströmte, noch stärker als der Thibors. Und da keine körperliche Anstrengung dazu notwendig war, konnten sie das vielleicht sehr, sehr lange durchhalten. Dragosani wurde einfach überschrien!
Harry bemühte sich, noch lauter als die anderen zu schreien: »Wenn ich euch jetzt verlasse, könnt ihr sicher sein, dass ich nie mehr zurückkehre!« Doch kaum hatte er seine Drohung ausgesprochen, wurde ihm bewusst, dass sie nichts mehr bedeutete. Thibor schrie um sein Leben, die Art von Leben, das er nicht mehr genossen hatte, seit dem Tag vor fünfhundert Jahren, da man ihn hier begrub. Selbst als die anderen allmählich innehielten, machte er mit seiner geistigen Brüllerei weiter.
Patt. Und ohnehin zu spät.
Harry spürte das erste Ziehen einer Macht, der er nicht widerstehen konnte, einer Macht, die ihn anzog wie der Nordpol die Kompassnadel. Harry jr. rührte sich wieder und wachte auf, weil er um diese Zeit gefüttert werden wollte. Die nächste Stunde über musste der Vater wieder mit der Persönlichkeit seines kleinen Sohnes verschmelzen.
Das Ziehen verstärkte sich und begann Harry mitzuschleifen. Er suchte nach einem Möbius-Tor, fand eines und glitt darauf zu.
In dem Moment, als er gerade das Möbius-Kontinuum betreten wollte, rührte sich noch etwas anderes außer Harry jr., etwas in der Erde, auf
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