Brian Lumleys Necroscope: Buch 2 - Vampirbrut (German Edition)
ging, nachdem er ermordet worden war. Max Batu hatte ihn mit dem bösen Blick getötet, nur weil Dragosani es befohlen hatte. Getötet hatte er Girescis Leib, nicht jedoch dessen Interesse an Vampirlegenden. Wenn er zu Lebzeiten so davon besessen gewesen war, würde er sich nach dem Tod sicherlich weiter damit beschäftigen.
Harry erzielte bei Thibor keinerlei Fortschritte mehr, und Thibor ließ ihn nicht mehr zu Dragosani durchdringen – seine Gedankenbarriere hielt allen Versuchen stand. Also blieb Harry nur Ladislau Giresci. Es war jedoch schwierig, diesen zu erreichen. Harry hatte den Rumänen im Leben niemals kennengelernt; er wusste nicht, wo er seinen Geist suchen sollte. Also musste er sich darauf verlassen, dass ihm die Toten die Richtung wiesen.
Auf der Straßenseite gegenüber von Brendas Wohnung erstreckte sich ein großer, jahrhundertealter Friedhof, auf dem eine Menge von Harrys Freunden lagen. Er kannte die meisten persönlich aus Unterhaltungen, die er mit ihnen schon vor seinem eigenen Tod geführt hatte.
Nun schwebte er auf die Reihen der Kreuze und einige schief stehende Grabsteine zu. Sein Bewusstsein wurde von den Geistern der Toten angezogen, die in ihren Gräbern lagen und sich unterhielten. Sie spürten seine Gegenwart augenblicklich und wussten, dass nur er es sein konnte, der sich ihnen näherte.
Harry, sagte ihr Sprecher, ein ehemaliger Bahnbauingenieur, der sein ganzes Leben in Stockton verbracht hatte, bis er im Jahre 1938 verstorben war. Es ist schön, wieder mit dir zu reden! Und gut, zu wissen, dass du uns nicht vergessen hast.
»Wie geht es dir denn?«, fragte Harry. »Entwirfst du immer noch neue Züge?«
Der andere glühte augenblicklich vor Stolz. Ich habe den ultimativen Zug entworfen!, antwortete er. Soll ich dir davon berichten?
»Leider habe ich heute wenig Zeit für dich.« Harry bedauerte es wirklich. »Ich fürchte, meine Anwesenheit ist eher geschäftlicher Natur.«
Also, dann spuck’s schon aus, Harry!, forderte ihn ein anderer auf, ein Ex-Polizist, den Harry noch aus der Zeit des verstorbenen Sir Robert Peel kannte.
Wie können wir Ihnen helfen, Sir?, fügte der Tote freundlich und professionell hinzu, ganz der gemütliche Streifenpolizist, der er gewesen war.
»Es liegen ja ein paar Hundert von euch hier«, begann Harry. »Ist irgendjemand aus Rumänien dabei? Ich muss dorthin, und ich brauche Informationen über die Reise und außerdem eine Einführung. Die einzigen Leute, die ich in dieser Gegend kenne, sind … schlechte Menschen.«
Eine Reihe von Stimmen quatschte augenblicklich durcheinander, doch eine drang bald durch und wandte sich direkt an Harry. Es war die Stimme eines Mädchens, süß und jung. Ich kenne Rumänien, sagte sie. Jedenfalls einen Teil. Ich kam nach dem Krieg aus Rumänien hierher. Es gab dort Unruhen und Unterdrückung, und so schickten mich meine älteren Brüder zu einer Tante, die in England wohnte. Schon eigenartig, aber ich kam den ganzen Weg hierher, nur um an einer Grippe zu sterben. Ich war noch so jung!
»Kennst du jemanden, den ich besuchen kann und der mir weiterhilft?« Harry wollte nicht übereifrig erscheinen, doch eine gewisse Nervosität konnte er nicht verbergen. »Weißt du, es ist sehr wichtig!«
Meine Brüder werden dir gern den Weg weisen, Harry!, sagte sie wie aus der Pistole geschossen. Erst, seit du kamst, sind wir in der Lage, wieder … miteinander zu sprechen. Wir schulden dir so viel!
»Wenn das möglich wäre!«, antwortete Harry. »Ich werde ein andermal zurückkommen und eine Weile mit dir – mit euch – plaudern. Im Augenblick darf ich keine Zeit verlieren. Wie heißen deine Brüder?«
Sie heißen Jahn und Dmitri Syzestu, sagte sie. Warte einen Moment, dann rufe ich sie. Sie sandte einen Ruf aus, und einen Augenblick später antworteten ihre Brüder. Sie klangen sehr leise, wie Stimmen an einem Telefon, das sich auf der anderen Seite der Welt befindet. Harry wurde ihnen vorgestellt.
»Wenn ihr einfach weiter mit mir redet«, erklärte Harry, »finde ich den Weg zu euch.«
Er verabschiedete sich von seinen Freunden auf dem Friedhof von Hartlepool, suchte sich ein Raum-Zeit-Tor und trat hindurch ins Möbius-Kontinuum. »Jahn? Dmitri? Seid ihr noch da?«
Wir sind hier, Harry, und wir fühlen uns geehrt, dass wir dir auf diese Art helfen dürfen!
Er glitt auf ihre Stimmen zu und trat durch ein weiteres Tor direkt in die graue Morgendämmerung Rumäniens. Er befand sich auf einer ausgedehnten
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