Brian Lumleys Necroscope: Buch 2 - Vampirbrut (German Edition)
besonderen Zeichen. Es stand geduckt und drohend auf einer düsteren Lichtung, und bereits sein Anblick würde Neugierige davon abhalten, es genauer zu untersuchen. Jahre später schlug irgendjemand Thibors Abzeichen in den Stein, vielleicht als zusätzliche Warnung. Oder vielleicht fand irgendeiner seiner Anhänger unter den Szekely dieses Grab und markierte es, hatte jedoch nicht den Mut, es zu öffnen.
Doch ich habe meiner Geschichte vorgegriffen.
Wir brachten ihn also dorthin in die Vorberge der Karpaten, und er wurde in ein vier oder fünf Fuß tiefes Loch in der dunklen Erde gelegt. Er war in massive Ketten aus Eisen und Silber eingewunden, und der Pflock steckte nach wie vor in seiner Brust und nagelte ihn sicher in seinem Sarg fest. Er lag totenbleich da und wirkte auf alle wie eine Leiche. Doch ich wusste es besser.
Die Nacht senkte sich über uns. Ich sagte den Soldaten und Priestern, dass ich nunmehr hinabklettern und Thibor enthaupten werde. Dann wolle ich ein Feuer aus Zweigen in seinem Grab entfachen, um ihn zu verbrennen, und wenn das Feuer erlosch, sollte die Grube aufgefüllt werden. Es sei eine gefährliche hexerische Arbeit, erklärte ich, die nur im Schein des Mondes verrichtet werden könne. Falls ihnen ihr Seelenheil lieb sei, sollten sie sich nun zurückziehen. So wandelten sie von dannen und erwarteten mich drunten in der Ebene.
Die dünne Mondsichel stieg am Nachthimmel auf. Ich blickte auf Thibor herab und sprach zu ihm in der Gedankensprache der Wamphyri. »Ah, mein Sohn, und so ist dieser Augenblick nun gekommen. Ein sehr, sehr trauriger Tag für einen liebenden Vater, der einem undankbaren Sohn große Kräfte verlieh, die jedoch verschwendet waren. Ein Sohn, der seinen Vater nicht ehrte und deshalb dem Wandel der Welt zum Opfer fiel. Erwache, Thibor, und lass auch das erwachen, was in dir ist, denn ich weiß, dass du nicht tot bist!«
Seine Augen öffneten sich einen Spalt, als er meine Worte vernahm, und dann riss er sie in plötzlichem Verstehen weit auf. Ich streifte meine Kapuze zurück, damit er mich sehen konnte, und lächelte auf eine Weise, an die er sich bestimmt erinnerte. Er erkannte mich und fuhr sichtlich zusammen. Dann nahm er seine Umgebung wahr – und schrie! Ach, wie er schrie!
Ich warf Erde auf ihn hinab. Er brüllte: »Gnade!«
»Gnade? Aber bist du nicht Thibor, der Wallache, dem man den Namen Ferenczy verlieh und befahl, in seiner Abwesenheit die Länder und Besitztümer von Faethor, dem Wamphyri, zu hüten? Und falls du derjenige bist, was tust du dann hier, fern von dem Ort, an dem deine Pflichten liegen?«
»Gnade! Gnade! Lass mir meinen Kopf, Faethor!«
»Das habe ich vor.« Ich warf mehr Erde hinein.
Er begriff, was ich vorhatte, und wurde beinahe verrückt. Er zitterte und bebte und drohte, sich sogar von seinem Pflock loszureißen. Mit einer langen kräftigen Stange schlug ich den Pflock fester hinein, sodass er den Boden des Sargs durchdrang. Den Deckel des Sargs ließ ich an der Seite des Loches liegen. Warum ihn bedecken und nicht mehr sehen können, wie verzweifelt und verängstigt er dreinblickte?
»Aber ich gehöre doch zu den Wamphyri!«, kreischte er.
»Du hättest dazugehören können«, sagte ich. »Ach, was hättest du alles sein können! Doch nun bist du nichts.«
»Du alter Bastard! Wie ich dich hasse!«, tobte er mit verzerrtem Mund und mit Blut in den Augen und den Nasenlöchern.
»Das beruht auf Gegenseitigkeit, mein Sohn.«
»Du hast Angst. Du fürchtest mich. Das ist der Grund!«
»Grund? Du wünschst, den Grund zu erfahren? Wie ergeht es meiner Burg in der Horvathei? Was ist mit meinen Bergen, meinen dunklen Wäldern, meinen Ländereien? Ich will es dir sagen: Die Khans haben das Land mehr als ein Jahrhundert lang beherrscht. Und wo warst du, Thibor?«
»Es stimmt also!«, schrie er durch die Erde hindurch, die ich auf ihn schaufelte. »Du hast Angst vor mir!«
»Wenn das stimmte, würde ich dich mit Sicherheit enthaupten.« Ich lächelte. »Nein, ich hasse dich lediglich mehr als alle anderen. Erinnerst du dich daran, wie du mich verbranntest? Ich habe dich hundert Jahre lang verflucht, Thibor. Jetzt bist du dran und kannst mich verfluchen – für alle Ewigkeit. Oder bis du in der dunklen Erde zu einem Stein erstarrt bist.«
Und ohne noch weiter auf ihn einzugehen, füllte ich das Grab auf.
Als er nicht mehr in der Lage war, mit seinem Mund zu schreien, schrie er mit seinen Gedanken. Ich genoss jeden einzelnen
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