Brian Lumleys Necroscope Buch 3: Blutmesse (German Edition)
Wunden.
»Von ihnen «, wiederholte sie. Es klang verächtlich und ein wenig ängstlich, und wieder durchlief ein Schaudern ihren ganzen Körper. »Du meinst die Wamphyri? Sie stellen natürlich das Hauptproblem dar, aber auf der Sternseite gibt es noch einige beinahe genauso schlimme Dinge. Hast du Agurskys ›Schoßtier‹ in dem Behälter in Perchorsk gesehen?«
Jazz blickte auf und nickte. »Ja. Aber ich könnte dir kaum genau beschreiben, was ich gesehen habe!« Er riss ein Stück Verbandsmull ab, tränkte es mit Wasser aus seiner Feldflasche, und wusch sanft das verkrustete Blut von ihren Zehen. Sie seufzte erleichtert, als er Salbe aus der Tube quetschte und sie in den Rissen zwischen ihren Zehen und an den Fußballen verrieb.
»Das Ding, das du gesehen hast, entsteht, wenn ein Vampir-Ei in eine Spezies lokaler Fauna gelegt wird«, erklärte sie ihm beiläufig mit völlig emotionsloser Stimme.
Jazz hielt mit der Behandlung ihrer Füße inne, sah ihr direkt in die Augen und nickte bedächtig. »Ein Vampir-Ei? Habe ich dich da richtig verstanden?« Sie sah ihm so hartnäckig in die Augen, dass er schließlich den Blick abwenden musste. »Okay, also ein Vampir-Ei«, sagte er achselzuckend und begann, Mullbinden um ihre Füße zu wickeln. »Die Wamphyri sind Wesen, die sich mithilfe von Eiern fortpflanzen, richtig?«
Erst schüttelte sie den Kopf, dann änderte sie ihre Meinung und nickte. »Ja und nein«, sagte sie schließlich. »Die Wamphyri sind das Ergebnis, wenn ein Vampir-Ei in einem Mann – oder einer Frau – abgelegt wird.«
Jazz zog ihr die Sandalen wieder an. Sie hatten ein wenig zu locker gesessen und dadurch Blasen verursacht. Nun saßen sie fester, und ihre Füße konnten nicht mehr so leicht darin rutschen. »Ist es so besser?«, fragte er freundlich. Er dachte dabei die ganze Zeit über das nach, was sie ihm gesagt hatte, und beschloss, ihr Muße zu lassen, bis sie ihm alles in ihren eigenen Worten und auf ihre Weise erklärt hatte.
»Das tut gut«, sagte sie erleichtert. »Danke!« Sie stand auf, half ihm, den Rucksack wieder auf den Rücken zu wuchten, und dann machten sie sich erneut auf den Weg der Sonne entgegen.
»Hör mal«, sagte er, als sie nebeneinander weiterschritten. »Warum erzählst du mir unterwegs nicht alles, was du erlebt hast, seit du hier angekommen bist? Alles, was du gesehen und sonst wie erfahren und herausbekommen hast. Ich höre einfach zu. Vermutlich haben wir ja eine Menge Zeit. Die Sicht ist gut, und wir scheinen uns nicht in unmittelbarer Gefahr zu befinden. Die Sonne steht dort vorn am Himmel und hinter uns ist der Mondschein ...«
»Bist du sicher?«, fragte Zek zurück. Jazz hatte ihr leichtes Kopfschütteln bemerkt. Deshalb wandte er sich um, um nach dem Mond zu sehen. Der hatte bereits den Pass überschritten und sein Rand berührte die Gipfel im Osten. In ein paar Minuten würde er untergehen. »Die planetare Rotation ist unglaublich langsam«, begann sie zu erklären. »Und die Umlaufbahn des Mondes ist recht nah, und er dreht sich auch sehr schnell um diese Welt. Ein Tag hier dauert auf der Erde ungefähr eine Woche. Ach, übrigens – dieser Planet ist die ›Erde‹! So nennen sie ihn jedenfalls. Natürlich ist es nicht unsere Erde, sondern ihre. Erst ist mir das komisch vorgekommen, aber dann sagte ich mir: Wie sollten sie ihre Welt wohl sonst nennen?
Jedenfalls rotiert dieser Planet sehr langsam in westlicher Richtung und seine Polachse ist nicht genau auf die Sonne ausgerichtet. Es ist, als wackelte der Planet ein wenig auf seiner Bahn. Man sieht die Sonne auf einer West-Ost-Bahn, gegen den Uhrzeigersinn also, wie sie langsam einen kleinen Kreis beschreibt. Ich bin keine Astronomin und keine Wissenschaftlerin, also frage mich bitte nicht nach den genauen Umständen, aber es kommt auf Folgendes heraus: Auf der Sonnenseite erleben wir einen ›Morgen‹ von etwa vierundzwanzig Stunden Dauer, einen ›Tag‹, der ungefähr fünfundsiebzig Stunden währt, einen fünfundzwanzigstündigen ›Abend‹ und eine vierzigstündige ›Nacht‹.«
Jazz blickte wieder hoch und sah, dass der Mond bereits zur Hälfte hinter den scharf umrissenen Gipfeln versunken war. Er glaubte sogar, sehen zu können, wie sein Schein schwächer und die Scheibe sichtbar kleiner wurde. »Ich bin auch kein Astronom«, sagte er, »aber dieser Mond dort bewegt sich wirklich auffallend schnell!«
»Das stimmt«, bestätigte sie. »Er dreht sich auch sehr schnell um die eigene
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