Brian Lumleys Necroscope Buch 3: Blutmesse (German Edition)
war Stein, und die zerklüftete Wand bildete eine gute Tarnung. Jazz wurde erst jetzt bewusst, wie erleichtert er war, an diesem Ort unbeschadet vorbeigekommen zu sein. Vielleicht hielt sich dort tatsächlich niemand auf, aber er war trotzdem froh.
Er atmete tief durch, stieß die Luft in einem lang gezogenen Seufzer aus – und fuhr erschrocken zusammen!
Ganz in der Nähe bewegte sich etwas im Schatten umgestürzter Felsbrocken, die sich wie dunkle Buckel zu seiner Linken erhoben, und eine kalte Frauenstimme sagte auf Russisch: »Tja, Karl Vyotsky, du hast die Wahl. Sprich oder stirb. Und zwar auf der Stelle!«
Jazz hatte seit der Burg seinen Finger am Abzug der Maschinenpistole gehabt. Noch bevor die Frau ausgesprochen hatte, war er bereits herumgefahren und schwenkte seine Waffe in die Richtung, wo sie sich in der Dunkelheit verbarg. Sie wäre jetzt bereits tot, hätte er die MP nicht gesichert belassen. Jazz war allerdings froh darüber, dass er sie nicht entsichert hatte. Bei seiner Geschwindigkeit und Zielgenauigkeit bewährte es sich, Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Er war einfach zu nervös, um mit ungesicherter Waffe durch die Gegend zu laufen. Und auf bloße Schatten zu schießen, war ein sicheres Zeichen dafür, dass die Nerven versagten.
»Lady«, sagte er mit angespannter Stimme, »... Zek Föener, nehme ich an? – Ich bin nicht Karl Vyotsky! Sonst wären Sie jetzt vermutlich bereits auf dem Weg in den Himmel, falls es hier so was gibt.«
Augen blickten Jazz aus der Dunkelheit heraus aufmerksam an, doch es waren nicht die Augen einer Frau. Sie waren dreieckig und gelb. Und befanden sich viel zu nahe am Boden. Ein Wolf – grau, riesengroß und hungrig wirkend – trat vorsichtig aus den Schatten. Die rote Zunge hing zwischen den bestimmt fast vier Zentimeter langen Reißzähnen heraus. Und nun entsicherte Jazz seine Waffe. Das Klicken war unverkennbar.
»Halt!«, erklang wieder die Stimme der Frau. »Er ist mein Freund! Und bisher zumindest mein einziger Freund!« Kies knirschte, und sie trat aus der Dunkelheit. Der Wolf trabte zu ihr und stellte sich an ihre rechte Seite, ein wenig hinter ihr. Sie hielt genau wie Jazz eine Maschinenpistole, doch ihre Hände zitterten sichtlich, während sie auf ihn zielte.
»Ich wiederhole es noch einmal«, sagte er, »falls Sie mich nicht verstanden haben: Ich bin nicht Karl Vyotsky!« Der Lauf ihrer Waffe zitterte womöglich noch stärker als zuvor. Jazz sah kurz hin und kommentierte: »Zum Teufel, Sie würden mich wahrscheinlich ohnehin verfehlen!«
»Der Mann am Funksprechgerät?«, fragte sie unsicher. »Vor Vyotsky? Ich ... ich erkenne Ihre Stimme.«
»Was?« Dann begriff Jazz. »Ach ja, das war ich. Ich habe versucht, Khuv nervös zu machen, aber ich bezweifle, dass er mich überhaupt gehört hat. Khuv hat mich nämlich durch das Tor geschickt, genau wie Sie! Doch wenigstens hat er mich nicht belogen! Ich bin Michael J. Simmons, britischer Agent. Ich weiß ja nicht, wie Sie darüber denken, aber ich schätze, wir sitzen jetzt im gleichen Boot. Sie können mich ruhig Jazz nennen. Das tun alle meine Freunde, und ... würde es Ihnen etwas ausmachen, mit dem Ding woanders hin zu zielen?«
Sie schluchzte laut und herzerweichend, und dann fiel sie ihm in die Arme. Er spürte, dass es gegen ihren Willen geschah, aber sie konnte nicht anders. Die MP klapperte auf den steinigen Boden, und sie klammerte sich noch fester an ihn. »Britisch?«, schluchzte sie an seiner Schulter. »Es ist mir gleich, ob Sie Japaner sind oder Afrikaner oder Araber! Und meine Maschinenpistole hat sowieso Ladehemmung. Seit Tagen schon. Und außerdem habe ich keine Munition mehr. Und wenn sie funktioniert hätte ... dann ... wahrscheinlich hätte ich mich selbst erschossen. Ich ... ich ...«
»Schon gut«, sagte Jazz beruhigend. »Es wird alles wieder gut!«
»Die Sonnenseiter sind hinter mir her«, schluchzte sie weiter, »und wollen mich den Wamphyri ausliefern, und Vyotsky sagte, es gebe einen Weg zurück, und ...«
»Was hat er?«, rief Jazz völlig überrascht. »Sie haben mit Vyotsky gesprochen? Das ist doch unmö...« Dann hielt er inne. Aus ihrer obersten Jackentasche ragte die Antenne eines kleinen Funksprechgeräts. »Vyotsky ist ein Lügner«, sagte er. »Vergiss es!« Mit einem Mal verfiel er in das vertrauliche Du. »Es gibt keinen Weg zurück. Er sucht bloß Gesellschaft, das ist alles.«
»Oh Gott!« Ihre Finger krallten sich in seine Schultern. »Oh Gott! «
Jazz
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