Bride 02 - Tempel Der Liebe
betrachtete ihr Gesicht. »Wie alt sind Sie?«
»Nach europäischer Rechnung« - sie zählte nach - »siebenundzwanzig. Bald achtundzwanzig.«
Obwohl sie jünger aussah, war sie eine erwachsene Frau. Eine Frau, die in einer Welt gefangen war, in der sie keine Frau sein durfte. »Haben Sie sich je gewünscht, die Heimat Ihres Vaters zu besuchen?«
Einen Augenblick lang waren ihre Augen von unerträglicher Sehnsucht erfüllt. Dann schüttelte sie den Kopf. »Es ist mein Schicksal, in China zu leben.«
Vorsichtig setzte er sich auf. »Hätten Sie nicht gern einen Menschen, mit dem Sie sich ganz entspannt unterhalten könnten, anstatt dauernd eine Rolle spielen zu müssen?«
Sie presste die Lippen aufeinander. »Die Tatsache, dass ich Ihnen das Leben gerettet habe, gibt Ihnen nicht das Recht, mich auszufragen, Lord Maxwell.«
Ihm wurde klar, dass er sehr unhöflich gewesen war. »Es tut mir Leid. Ich fürchte, Sie faszinieren mich einfach.«
»Sicher finden Sie Sonderlinge und auch Ungeheuer faszinierend«, erwiderte sie verbittert. »Gute Nacht, Mylord.
Gehen Sie nicht mehr allein auf die Straße. Die Männer, die Sie angegriffen haben, hatten den Auftrag, Sie umzubringen. Sie könnten es noch einmal versuchen.«
Er runzelte die Stirn. Er hatte den Angriff beinahe ver gessen. »Warum würde jemand mich umbringen wollen?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht möchte ein Feind von Chenqua, dass mein Herr Schwierigkeiten bekommt. Oder vielleicht haben Sie sich selbst Feinde gemacht. Sie halten ja kein Blatt vor den Mund.«
»Es liegt mir einfach im Blut zu sagen, was ich denke. Ich habe aber in Kanton nichts verlauten lassen, was mir Todfeinde machen könnte.« Gavin hatte ihm von den Verstrickungen der örtlichen Politik erzählt. Es sah eher so aus, als habe jemand Chenqua schaden wollen. Der Tod eines englischen Lords, der einer von Chenquas Handelspartnern war, würde sowohl in China als auch im Westen einen großen Skandal heraufbeschwören. »Woher wussten Sie, dass man mich angegriffen hatte?«
»Einer meiner Informanten in der Hog Lane hörte, wie sich zwei Bandenmitglieder unterhielten. Man hatte ihnen viel Geld für Ihren Kopf geboten. Er war so geistesgegenwärtig, mich zu benachrichtigen, als ich das Hong verließ.«
»Also sind Sie wirklich ein Spion?«
»Ja. Und Sie haben allen Grund, dankbar dafür zu sein.«
Mit erhobenem Kinn ging sie hinaus, jeder Zentimeter eine stolze Schottin. Wahrscheinlich hatte sie sich wieder in Jin Kang verwandelt, bevor sie ein Dutzend Schritte gegangen war.
Er rieb sich den schmerzenden Kopf. Er musste an den Funken denken, der übergesprungen war, als >Jin Kang< ihm zeigte, wie man den Kalligraphiepinsel hielt. Er war erleichtert, dass es sich nicht um eine homosexuelle Neigung handelte. Aber wer hätte gedacht, dass es eine schottisch-chinesische Frau gab, die beide Sprachen perfekt beherrschte und in beiden Kulturen zu Hause war? Noch dazu war diese Frau eine Kriegerin, die sechs Auftragsmörder mit den bloßen Händen überwältigt hatte.
Und jetzt, wo er sie kennen gelernt hatte - wie würde er sie da vergessen können?
Trotz ihrer Müdigkeit erstattete Troth Chenqua Bericht, als sie auf die Insel Honam zurückkehrte. Er empfing sie mit strenger Miene in seinem privaten Schreibzimmer. »Was ist so dringend, dass du meine Nachtruhe stören musst?«
Sie verbeugte sich tief. »Es tut mir aufrichtig Leid, dass eine so nutzlose Kreatur wie ich deine Ruhe gestört hat. Vor zwei Stunden wurde ein Mordanschlag auf Lord Maxwell verübt.«
Er runzelte die Stirn. »Sprich.«
Sie erstatte ihm einen kurzen Bericht, angefangen mit der Nachricht, die Teng ihr überbracht hatte. Und sie endete damit, dass sie Maxwell zurück zu seinem Hong geholfen hatte. Sie erzählte ihm alles, außer der Tatsache, dass der Engländer ihre wahre Identität entdeckt hatte. Sie verschwieg ihm das nicht nur, weil sie fürchtete, er würde verärgert sein. Von diesem besonderen Augenblick zu sprechen, würde ihn seines Zaubers berauben.
Als sie fertig war, fragte Chenqua: »Hast du die Angreifer erkannt?«
»Xun Kee von der Bande der Roten Drachen war dabei. Ich glaube, es waren alle Rote Drachen.«
Er strich sich über den Bart. »Zhan Hu, der Anführer der Roten Drachen, würde einen solchen Angriff niemals dulden - es muss sich um einen privaten Auftrag gehandelt haben. Ich werde mich mit Zhan beraten. Wir werden dafür sorgen, dass diese Flegel gerecht bestraft werden.«
Troth
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