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Bride 03 - Die Entfuehrte Braut

Bride 03 - Die Entfuehrte Braut

Titel: Bride 03 - Die Entfuehrte Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
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    Ein ziemlich aufwändiges Spektakel für einen Seefahrer aus Neuengland, dachte sich Gavin, als er auf die Empore aus Obsidian stieg und Sheng Yu das Wort an ihn richtete: »Machen Sie Ihren ersten Wurf, Captain.«
    Der elfenbeinerne Dodekaeder war warm wie ein lebendiger Körper. Gavin schloss ihn zwischen den Höhlen seiner Handflächen ein und schüttelte ihn, während er mit geschlossenen Augen fest an das erwünschte Ziel dachte: Alexandra Warren und ihre Tochter in London von Bord der Helena zu führen. Als seine Vorstellung so bildhaft wurde, dass er sogar die Schreie der Möwen hörte, öffnete er die Augen und warf den Würfel auf den glänzenden Stein. Der Würfel torkelte im Kreis, bevor er auf einem der zwölf Fünfecke liegen blieb.
    Sheng Yu blickte auf das angezeigte Symbol. »Die erste Aufgabe: Tuan Elliott muss den >Fels der Sor-gen< erklimmen.« Ein aufgeregtes Murmeln war daraufhin zu hören.
    Kasan zeigte zu dem mächtigen Felsen, der die rückwärtige Begrenzung der Arena bildete. »Sie müssen dort hinaufklettern, Ihr Banner hissen und wieder absteigen, Captain.«
    Sorgfältig prüfte Gavin die fast senkrecht aufsteigende Felswand aus dunklem Vulkangestein. »Warum heißt er >Fels der Sorgen*?«
    »Zweimal versuchten feindliche Truppen über die Mauer in den Palast einzudringen. Viele Männer kamen um.« Sheng Yu hatte seine Frage damit beantwortet, aber der Gesichtsausdruck zeigte, dass es ihm nur recht war, wenn Gavin das gleiche Schicksal erlitte.
    »Wenn ich ein Banner brauche, muss mir jemand von meinem Schiff die amerikanische Flagge holen.«
    »Nehmen Sie dies.« Mit aschfahlem Gesicht nahm Alex den schmalen selendang ab, den sie über die rechte Schulter bis zur linken Hüfte geschlungen hatte. Wie eine edle Maid im Mittelalter, die einem Ritter ihre Gunst erwies, reichte sie ihm das Kleidungsstück. »Seien Sie vorsichtig, Gavin.«
    Er ergriff das schalähnliche, rotseidene Tuch und beugte sich über ihre Hand. »Keine Angst, meine Liebe«, sagte er leise. »Einen Großteil meines Lebens bin ich bei hohem Seegang in der Takelage stampfender Schoner herumgeturnt. Aufs Klettern verstehe ich mich.«
    Sie lächelte zaghaft, aber die Augen blickten besorgt. Er legte das Jackett ab, um bessere Armfreiheit zu haben, und wickelte den selendang wie eine Schärpe mehrmals um die Hüfte. »Eure Hoheit, ich beginne.«
    »Machen Sie Ihre Sache gut, Captain«, sagte der Sultan. »Ich möchte Sie nicht sterben sehen.«
    »Ich werde mein Bestes tun, um diese Nummer möglichst langweilig zu gestalten.« Gavin schritt zum Fuß des Felsens. Ein Glück, dass die Wand bis zum Mittag im Schatten liegt, dachte er. Wenn die Sonnenstrahlen voll auf den Stein prallten, würde das Klettern schwieriger werden. Nachdem er eine günstige Route gewählt hatte, begann er mit dem Aufstieg, ohne auf die Zuschauer zu achten, die es viel unterhaltsamer finden würden, wenn er abstürzte und sich das Genick brach.
    Klettern war eine bedächtige, viel Geduld erfordernde Angelegenheit, bei der nichts übereilt werden durfte. Die Oberfläche des Felsens hatte ausreichend Spalten und Kerben, um daran hinaufzuklettern. Das poröse Vulkangestein aber erforderte höchste Wachsamkeit. Jeder Griff, jeder Halt musste genauestens geprüft werden, bevor er sein Gewicht darauf verlagerte. Auch wenn diese Aufgabe einfacher war, als bei Sturm auf einem Mast zu steigen, verlangte sie all seine Kraft und Geschicklichkeit.
    Ein Gamelan-Orchester spielte auf, vermutlich um das Publikum während seiner langsamen Klettertour zu unterhalten. Er blickte nicht ein einziges Mal hinunter. Wichtig war das sorgsame Abtasten des Gesteins mit Händen und Füßen. Jeder Tritt, jeder Griff musste abgesichert sein, denn der kleinste Irrtum konnte ihm das Leben kosten. Einmal steckte unverhofft eine Eidechse den Kopf aus einer Felsspalte und berührte ihn mit der hervorschnellenden Zunge im Gesicht. Er war dermaßen erschrocken, dass er beinahe den Halt verloren hätte. Glücklicherweise verschwand das kleine Tier wieder in seiner Behausung, ohne ihn weiter zu belästigen.
    Schweißnass und keuchend zog er sich endlich über die oberste Felskante. Jeder Muskel seines Körpers zitterte vor Anstrengung. Der Gipfel des Felsens bestand aus einem schmalen, vulkanischen Plateau, das einen herrlichen Ausblick über die Insel und das azurblaue Meer bot. Aber auch auf die drohenden Gewitterwolken am Horizont. Auf der anderen Seite erstreckte sich das Gewirr

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