Bride 03 - Die Entfuehrte Braut
nicht vorstellen, dass sie sich wie Byrons Gefangener in ihr Schicksal gefügt hätte. Wahrscheinlich hätte sie wie die Brüder dieses Mannes den Tod vorgezogen.
Trotzdem hatte sie als junges Mädchen Byrons Werk geliebt und einen dünnen Gedichtband von ihm versteckt, aus Furcht, ihre Mutter würde diese Lektüre nicht billigen. Jetzt, wo sie selbst Mutter war, dachte sie anders darüber — Byron konnte sehr zotig werden —, aber das hatte sie damals nicht bemerkt. Die fremdländischen Schauplätze seiner Dichtungen hatten sie in den Bann gezogen. Byron erschuf Fantasiewelten mit stürmischen, gefährlichen Helden, die große Taten vollbrachten und stets die große Liebe fanden.
Dunkel, gut aussehend, von stattlichem Wuchs und grüblerischem Wesen war Edmund Warren die wahre Verkörperung einer dieser Helden Byrons. Wahrscheinlich hätte sie den Antrag eines hellhaarigen, mittelmäßigen Mannes nicht angenommen. Wahrscheinlich war ihr Bild eines >Helden< durch ihren Vater geprägt worden, einem schneidigen Offizier der Kavallerie. Als sie heiratete, verstand sie es noch nicht, die Seele eines Mannes hinter seinem Gesicht zu erkennen.
Ein Jammer, dass sie sich nicht in einen wohlanständigen, netten, biederen Mann verliebt hatte, damals, als sie noch lieben konnte. Wenn sie jetzt an eine körperliche Beziehung dachte, krampfte sich ihr der Magen zusammen. Sie war zu alt und zu verwundet für die Liebe. Sie hatte ihre Chance verwirkt. Das hieß nicht, dass ihre Ehe missglückt war, aber sie hatte ihr nicht das gegeben, was sie sich erhofft hatte. Die tiefe, beglückende Liebe, die ihre Mutter und ihren Stiefvater verbunden hatte, war ihr nicht geschenkt worden. Stattdessen war ihre Ehe zu einem Käfig geworden, in dem sie wie jetzt hinter goldenen Gittern gesessen hatte.
Sie schalt sich wegen ihrer zu lebhaften Fantasie und wendete sich Ivanhoe zu. Gedichte regten sie viel zu sehr zum Nachdenken an.
Der nächste Morgen unterschied sich nicht sehr von dem vorangegangenen, nur dass Gavin dieses Mal damit rechnete, Alexandra nicht vorzufinden. Als er mit Suryo in die Arena kam, wartete sie im Schatten des Pavillons. Das glänzende dunkle Haar war anders frisiert als am Vortag, und sie trug einen neuen selendang. Gelockerter als am gestrigen Tag lächelte sie ihm zu.
Gavin erwiderte das Lächeln, bevor er wieder den Würfel warf. Als er dieses Mal ausgerollt war und liegen blieb, verkündete Sheng Yu: »Kampf mit dem Drachen.«
Gavin runzelte die Stirn. »Was bedeutet das?«
»Der Drache stammt von der Insel Komodo und wird dort ora genannt«, erklärte Kasan. »Seit Jahrhunderten werden diese Echsen auf Maduri gezüchtet und für den Kampf abgerichtet. Sie müssen gegen meinen größten Drachen antreten und ihm das Juwel des Meeres nur mit einem Kris bewaffnet vom Halse reißen.«
Juwel des Meeres? Wie in einem schlechten Traum, dachte Gavin und sagte: »Lasst den Drachen kommen, Eure Hoheit.«
Tee wurde serviert, während ein Verschlag von ungefähr neun Metern Durchmesser in der Mitte des Schauplatzes aufgestellt wurde. Ein Trommelwirbel verkündete die Ankunft des Drachen, der an Seilen hereingezogen wurde. Die vier kräftigen Männer hatten große Mühe, das ruckartig um sich schlagende Tier in Schach zu halten.
Gavin verschüttete beinahe seinen Tee, als er das Tier sah. Es war eine Rieseneidechse, gut und gern drei Meter lang und schwerer als er. Sie war hässlich, mit einer dunklen genarbten Haut, die an gewebte Metallfäden erinnerte. Eine dreißig Zentimeter lange, gelbliche Zunge schnellte hervor, während der schwere Kopf hin und her schwang. Eine riesengroße, unregelmäßige Perle hing an einem Lederstrick, der um den Hals der Echse gebunden war. Gavin beneidete den Mann nicht, der sie dort befestigt hatte.
»Ich habe von dem ora gehört«, flüsterte Alex. »Lassen Sie sich nicht beißen. Ich glaube nicht, dass er wirklich giftig ist, aber sein Maul ist so verdreckt, dass jedes Lebewesen durch seinen Biss infiziert wird und innerhalb weniger Tage stirbt.«
»Ich werde mir alle Mühe geben, mich nicht beißen zu lassen«, versicherte Gavin. »Speit dieses elende Vieh auch Feuer?«
Sie lächelte matt. »Nicht dass ich wüsste.«
»Ich bin ja für jede Erleichterung dankbar.« Er stand auf und stellte die Teetasse ab. Trotz der mörderischen Hitze behielt er sein Jackett an. Das feste Kammgarn würde ihm einigen Schutz gewähren.
Nachdem die Drachenbändiger die Echse endlich in die
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