Bridget Jones 01 - Schokolade zum Fruehstueck
Fernsehen anzusehen. Habe irgendwie mulmiges Gefühl dem Sommer gegenüber, und zwar nicht nur wegen der zugezogenen Vorhänge und der unterlassenen Kurztrips. Während die langen heißen Tage in idiotischem Gleichmaß dahinziehen, fällt mir auf, dass ich, egal, was ich tue, immer denke, ich sollte eigentlich etwas anderes tun. Es stammt aus derselben Gefühlsspezies wie jenes andere Gefühl, das einen in regelmäßigen Abständen überfällt: nämlich dass man, weil man in London wohnt, seine Zeit eigentlich bei der Royal Shakespeare Company/in der Albert Hall/im Tower/in der Royal Academy/bei Madame Tussaud verbringen sollte, statt in Kneipen herumzuhängen und sich zu amüsieren.
Je mehr die Sonne scheint, desto offensichtlicher wird es, dass andere anderswo einen weitaus intensiveren und vor allem besseren Gebrauch von diesem Sommer machen: vielleicht bei einem gigantischen Softballspiel, zu dem jeder eingeladen ist außer mir; vielleicht allein mit einem Liebhaber auf einer abgelegenen Lichtung neben einem Wasserfall, wo die Rehlein äsen; oder auf einer großen öffentlichen Feierlichkeit, der vermutlich die Königinmutter und einer oder mehrere der Fußballtenöre beiwohnen, um den herrlichen Sommer zur Geltung zu bringen, dessen beste Seiten zu nutzen mir nicht gelingt. Vielleicht liegt es an unserer klimatischen Vergangenheit. Vielleicht besitzen wir noch nicht die Mentalität, um mit Sonne und einem wolkenlosen, blauen Himmel umzugehen, der nicht nur als Ausnahmeerscheinung auftaucht. Der Instinkt, auszurasten, aus dem Büro zu rennen, sich den Großteil seiner Kleider vom Leib zu reißen und hechelnd auf der Feuerleiter zu liegen, ist immer noch zu stark.
Aber es gibt auch Verwirrung. Es ist nicht mehr angesagt, sich draußen aufzuhalten und bösartige Wucherungen heraufzubeschwören, was soll man also tun? Ein schattiges Barbecue vielleicht? Seine Freunde hungern lassen, während man stundenlang am Feuer herumpfuscht und sie dann mit angebrannten, aber immer noch zitternden Scheiben halbrohen Spanferkels vergiften? Oder Picknicks im Park organisieren, bei denen am Schluss sämtliche Frauen zerquetschte Mozzarellabröckchen von Alufolie kratzen und Kinder mit Ozonasthmaanfällen anbrüllen, während die Männer in der erbarmungslosen Mittagssonne lauwarmen Weißwein kippen und mit der Scham der Ausgeschlossenen die Softballspiele in der Umgebung beäugen?
Bin neidisch auf das sommerliche Leben auf dem Kontinent, wo Männer in eleganten, leichten Sommeranzügen und Designer-Sonnenbrillen gelassen in schicken Autos mit Klimaanlagen herumfahren und vielleicht auf eine Citron presse in einem schattigen Straßencafe auf einem altehrwürdigen Platz halt machen, völlig kühl der Sonne gegenüber und ganz unbeeindruckt von ihr, da sie wissen, dass sie am Wochenende immer noch scheinen wird und sie dann in Ruhe auf ihrer Jacht liegen können.
Bin mir sicher, dass dieser Faktor letztlich auch für unser schwindendes nationales Selbstbewusstsein verantwortlich ist. Wir reisen um die halbe Welt und bemerken jetzt erst, wie gut es die anderen haben. Aber es tut sich was. Immer mehr Lokale stellen Tische auf die Straße. Die Gäste bringen es fertig, gelassen an ihnen zu sitzen, nur gelegentlich an die Sonne zu denken, ihr allenfalls mit geschlossenen Augen das Gesicht zuzuwenden und im Strom der Passanten zu baden, als wollten sie sagen: »Seht her, wir genehmigen uns ein erfrischendes Getränk in einem Straßencafe, wir können es auch« - nur ab und zu von der alten Angst befallen und der Frage: »Sollten wir nicht besser bei einer Freiluftaufführung von Ein Mittsommernachtstraum sein?«
Irgendwo in meinem Hinterkopf regt sich die ganz neue, beängstigende Vorstellung, dass Daniel womöglich recht hat: Bei der Affenhitze sollte man sich unter einem Baum schlafen legen oder bei geschlossenen Vorhängen Kricket anschauen. Aber meiner Denkungsart zufolge kann man nur dann wirklich Schlaf finden, wenn man weiß, dass es am nächsten Tag genauso warm sein wird und am Tag danach auch und dass zu deinen Lebzeiten noch genug warme Tage auf dich warten, um sämtliche Sommeraktivitäten in Ruhe angehen zu können. Wer's glaubt, wird selig.
Montag. 12. Juni
57 >5 kg, Alkoholeinheiten 3 (s. g.), Zigaretten 13 (g.), mit dem Programmieren des Videos verbrachte Minuten 210 (schwach).
19 Uhr. Gerade hat Mum angerufen. »Oh, hallo, Liebes. Stell dir nur vor: Penny Husbands-Bosworth kommt in News-night
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