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Brief in die Auberginenrepublik

Brief in die Auberginenrepublik

Titel: Brief in die Auberginenrepublik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abbas Khider
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Handelsembargo gehören dem Präsidentensohn unendlich viele Unternehmen im In- und Ausland: Reisebüros, Transportbüros, Zeitarbeitsfirmen, Geldanlagefirmen, Wechselstuben …
    Wie ich diesen Vertrauten Odais anpacken sollte, war mir ein Rätsel. Nur meine treuesten Mitarbeiter waren eingeweiht. Keiner besaß die leiseste Ahnung, wie man Haji Saad Al-Kubiysi zu einem Verhör vorladen konnte. Odai Saddam zu begegnen, wollte ich unbedingt vermeiden. Es musste ein Ausweg gefunden werden. »Geh Odai immer aus dem Weg!«, hatte mein Vater gemahnt, als ich in der Sicherheitsbehörde anfing. »Odai ist ein Schwachkopf und stellt nur dummes Zeug an. Jeder weiß das, selbst sein Vater. Er ist eine Schande für seinen Vater und seine Familie, aber eben der älteste Sohn des Präsidenten, und wir müssen uns einfach damit abfinden!«
    Zwei Wochen lang zerbrach ich mir den Kopf, wie dieses Problem zu lösen sei. Haji Saad einfach festzunehmen, war unmöglich. Einer meiner Mitarbeiter schlug vor, ich solle meinen Onkel Murad um Rat fragen. »Er ist Berater von Qusi Saddam. Nur diese beiden Männer und der Präsident persönlich können uns helfen.«
    Daraufhin rief ich Murad tatsächlich an und sagte: »Odai steht mir im Weg. Ich muss mit dir reden.«
    »Erzähl!«
    Bereits einen Tag später rief mein Onkel zurück: »Du kannst Haji Saad treffen. Im Alwiya-Club. Geh allein dorthin. Ihr seid einfach Freunde, die sich zufällig treffen. Verstanden?«
    »Ja.«
    »Er weiß bereits, was los ist. Ab morgen, 13 Uhr, arbeitet ihr zusammen! Odai Saddam wird nichts von dem Treffen erfahren. All das bleibt unter uns. Wenn er es irgendwann herausfindet, ist sein Bruder Qusi zuständig.«
    »Danke!«
    Haji Saad half mir schließlich, in fast allen großen Städten des Irak ein Reisebüro oder Transportbüro zu finden oder zu gründen, in dem man mit den Briefen handelte. So nahm alles seinen Lauf. Die Lastwagenfahrer fühlten sich sicher, und die Briefe kamen weiterhin an. Jede Woche erhielt mein Büro die wichtigsten Berichte und Informationen aus den verschiedenen Städten.
    Anfang 1999 beförderte man mich zum Oberst. Diesen Tag feierte ich in Ramady mit meiner Familie, meiner Frau und meinen Töchtern, die unendlich stolz auf mich waren. Präsident Saddam Hussein erschien an diesem Abend als Ehrengast. Man ernannte mich zum Chef der Rassafa-Untersuchungshaftanstalt. Dazu brauchte ich meine Dienste im Ausland aber nicht aufzugeben. Als Berater der Internationalen Sicherheitsangelegenheiten kümmerte ich mich nur noch um große Geschäfte. Um »mein Baby«, die Bagdad-Briefe, wollte ich mich dennoch weiterhin kümmern und überließ aber alle weiteren Städte anderen Offizieren.
    Jemand klopft an die halb geöffnete Tür. »Ich bin es, Miriam.«
    »Komm rein!«
    Meine Frau betritt das Zimmer und sagt: »Mein Gott, du siehst aber wirklich erschöpft aus. Willst du dich nicht hinlegen und etwas ausruhen? Und warum ist die Tür offen? Normalerweise schließt du sie, wenn du arbeitest. Geht es dir gut, Habibi?«
    Ich sehe meine Frau an, ziehe sie an mich, umklammere mit meinem linken Arm ihre Hüfte und bette meinen Kopf auf ihre Brüste. »Oh, ich weiß nicht, was ich ohne dich tun würde!«
    Sie küsst mich auf den Kopf, streichelt meine Wange und berührt ganz sanft meine Lippen. »Ich bin immer für dich da, mein Herz!«
    »Wie gern würde ich jetzt mit dir ins Bett gehen. Das wäre wirklich schön. Leider muss ich gleich los.«
    »Moment! Du hast versprochen, dass wir heute mit den Kindern spazieren gehen.«
    »Aber es gibt zurzeit enorme politische Probleme. Ich muss um 18 Uhr los. Der Präsident wartet auf mich.«
    »Der Präsident?«
    »Ja, und den kann ich ja nicht warten lassen.«
    »Und wann gehen wir dann mit den Kindern aus?«
    »Übermorgen vielleicht.«
    Miriam schwieg.
    »Ist alles in Ordnung?«, frage ich.
    »Mir ist klar, dass du solche Fragen nicht gern hörst, aber was ist das?«
    »Was?«
    »›Christin, die Politik betreibt‹.«
    »Ach so«, sage ich. »Das ist ein Projekt. Ein Kunstprojekt für die Christen im Land. Ich muss es lesen und auf Förderungswürdigkeit überprüfen.«
    »Schön!«, sagt Miriam, entfernt sich langsam und schließt die Tür hinter sich.
    Warum interessiert sich Miriam schon wieder für meine Arbeit? Das ärgert mich. Sie missachtet unsere Absprache, keine Fragen zu stellen, was meine Arbeit angeht. Es nervt mich, lügen zu müssen.
    Meine Uhr zeigt bereits 17 Uhr an. Zeit, meine Sachen für

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