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Briefe an einen Blinden - Dr Siri ermittelt

Titel: Briefe an einen Blinden - Dr Siri ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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Volleyballmannschaft geprüft und ist von Deiner Spielerfahrung sehr beeindruckt. Wir würden uns freuen, Dich zu unserem nächsten Training auf Platz 4, Sektion 16, am 24. August um 10 Uhr begrüßen zu dürfen.
    Herzlich,
    Minmong Yotha, Mannschaftskapitän
    »Sie haben sich für die Volleyballmannschaft beworben?«, wisperte Dtui.
    Er schüttelte den Kopf. Sie zog die Augenbrauen hoch und nickte. Es war soweit. Das Eis war gebrochen.
    Um halb zehn ging Phosy allein durch das Lager und fragte nach dem Weg zur Sektion 16. Es war ein kleiner Gewaltmarsch quer über das weitläufige Gelände, und seit einer Stunde regnete es in Strömen. Nicht gerade das ideale Wetter für ein Volleyballmatch. Wie ihm eine Familie ganz in der Nähe prophezeit hatte, war Platz 4 weiter nichts als ein Geviert aus Schlamm. Kein Netz, keine Linien, keine Spieler. Er fragte sich, weshalb er allen Ernstes damit gerechnet hatte, dass hier eine Volleyballmannschaft trainierte. Das hätte die Täuschung perfekt gemacht. Er setzte sich auf ein an zwei Baumstümpfe genageltes Brett, das vermutlich als Tribüne diente, und lehnte sich gegen den Bambuszaun in seinem Rücken. Nach zwanzig Minuten saß er immer noch so da. Der Regen hatte seine Kleider durchweicht und drohte nun in seine Poren zu dringen. Ein Hund leistete ihm Gesellschaft. Hunde waren in einem Flüchtlingslager stets ein gutes Zeichen, sozusagen der lebende Beweis dafür, dass es genug zu essen gab.
    Noch bevor Phosy das Geräusch hörte, hob der Hund den Kopf und spitzte die Ohren. Zehn Meter entfernt kippten drei Bambusstangen in die Waagerechte, und ein dunkles Gesicht lugte darunter hindurch. Der Mann sah Phosy an.
    »Bist du der Tischler?«
    »Ja.«
    »Komm mit.«
    Phosy lief zu der Lücke, sank auf Hände und Knie und kroch unter den schwenkbaren Zaunlatten hindurch. Der Hund begleitete ihn. Hinter dem Zaun standen drei Männer und starrten zu ihm herunter. Einer von ihnen war Bunteuk, der Sektionschef.
    »Guten Morgen«, sagte Phosy und richtete sich auf.
    »Guten Morgen, Genosse«, erwiderte Bunteuk.
    Phosy lachte über die Anrede. »Das ist hier doch nicht nötig, Bruder.« Er streckte ihm die Hand hin, doch Bunteuk schlug nicht ein.
    »Kommt ganz darauf an, für wie dumm du uns hältst, Genosse Spitzel. Du bist enttarnt.«
    Phosy hielt immer noch erwartungsfroh die Hand ausgestreckt, als er einen Schlag auf den Hinterkopf bekam. Im Laufe seines Lebens war er mit allerlei mehr oder weniger stumpfen Gegenständen traktiert worden, und als er auf die Knie sank und ihm schwarze Flecken vor den Augen tanzten, war er ziemlich sicher, dass ihn diesmal ein Vierkantholz getroffen hatte – Kantenlänge ungefähr zehn Zentimeter und ohne Zweifel Teak.

16
VERGISS DEN PLANETEN – RETTE DEN GARTEN
    Siri war gerade rechtzeitig im Dorf angekommen, um der Vermählung eines Nachbarsohnes beizuwohnen. Kumpai, der Soldat, der versprochen hatte, ihn in der Klinik abzuholen, war nicht erschienen, und so hatte Siri sich kurzerhand eine Fahrradrikscha gemietet. Es war elf Uhr vormittags, ein ausgesprochen ungünstiger Zeitpunkt für alle Beteiligten, mit Ausnahme des Funktionärs, der die Zeremonie leitete. Da die Vorschriften eine ausreichende Anzahl von Sitzgelegenheiten verlangten, hatten die Fischer sich im Tanzlokal Vollmond zwei Dutzend Stühle leihen und sie mit einer Müllschute flussabwärts schippern müssen.
    Der Beamte war jung und rund und interessierte sich für die Eheschließung zwischen Gaew und Mon etwa so sehr wie für die jährliche Niederschlagsmenge Finnlands. Er schlug das Parteihandbuch auf und verkündete den verwirrten Brautleuten, sie würden der Gesellschaft und dem ganzen Volke durch ihre Verbindung gleich in siebenfacher Hinsicht einen großen Dienst erweisen. Dann zitierte er Karl Marx, der die sozialistische Ehe angeblich als die Vereinigung zweier Menschen zum Zwecke der Verdreifachung der Produktionskapazität bezeichnet hatte. Obgleich Siri sich nicht entsinnen konnte, derlei bei Marx jemals gelesen zu haben, und ihm die Rechnung obendrein wenig plausibel erschien, enthielt er sich ausnahmsweise jedes Kommentars. Der Beamte schloss mit den Worten: »Im Namen der Demokratischen Volksrepublik Laos erkläre ich die Trauung hiermit für amtlich.«
    Sie unterzeichneten ein Dokument, er zeichnete es gegen und händigte ihnen den Durchschlag als Beleg aus. Dann verstaute er das Original in seiner Aktentasche, schüttelte dem leidlich glücklichen Paar die Hand und

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