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Brigade Dirlewanger

Brigade Dirlewanger

Titel: Brigade Dirlewanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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der Standartenführer das Wort ab.
    »Die Hosen voll, was? … Fall bloß nicht um, Junge.«
    »Ich bin doch nicht … Ich hab' doch …«
    »Halt's Maul … und hör zu … Du bist gestorben.« Dirlewanger sieht auf die Uhr. »Um zwanzig Uhr einundvierzig.«
    »Nein … nein!« überschlägt sich Aumeiers Stimme.
    »Mach mich nicht wild, du Idiot! … Du heißt jetzt Haubach, verstanden? … Wie heißt du?«
    »Haubach«, wiederholt der Schwarzschlächter, fiebrig.
    »Geburtsdatum kriegst du noch … Ab sofort versetzt ins Lager II, zu den russischen Hiwis, verstanden? Und wenn du dich hier noch einmal blicken läßt, dann …«
    Aumeier begreift nur, daß er nicht erschossen wird, den Zusammenhang kann er nicht verstehen. Die plötzliche Erleichterung läßt Tränen in seine Augen schießen. Er weiß nicht, daß ein anderer an seiner Stelle sterben muß, verurteilt durch eine zufällige Ähnlichkeit …
    »Verdient hast du's ja nicht«, sagt sein Chef jovial. »Dein Schwein, daß du so gute Wurst machst …«
    Während Aumeier von einem Burggendarmen abgeführt wird, betritt ein zweiter die Baracke VIII. Die drei Männer der Skatrunde sehen ihn zuerst nicht.
    »Herz Hand«, sagt Haubach.
    »Quatsch«, antwortet der Burggendarm hinter ihm, »ein aufgelegter Grand mit zweien.«
    Sie springen hoch, stehen stramm.
    »Packen Sie Ihre Sachen zusammen«, sagt Dirlewangers Leibwächter zu Haubach, »alles … Briefe, Bilder, Decken, Personalpapiere …«
    »Ja, aber …«
    »Halten Sie die Klappe, Sie Waschlappen! Sie werden verlegt.«
    Keiner sagt ein Wort, als Haubach drei Minuten später geht, mehr geführt als mit eigener Kraft. Sie sehen ihm nach. Sein Blatt liegt noch auf dem Tisch. Den Grand würde er gewinnen, verlöre er nicht das Leben …
    Während Haubach zu einer abseits gelegenen Stelle des Lagers geschafft wird, bringt der Spieß Müller-Würzbach bei Dirlewanger seine schlimmste Sache an: Besichtigung des Lagers durch den Polizeioberst Prinz.
    »Bei uns?« fragt der Standartenführer betroffen.
    Der Hauptscharführer nickt.
    »Warum? Was hat der Mann hier herumzuschnüffeln?«
    »Sondervollmacht«, erwidert der Spieß und macht einen Katzenbuckel.
    »Paßt mir ganz und gar nicht … Hat der was … in der Hand?«
    »Ja … ich glaube«, antwortet Müller-Würzbach. »Sein Stab hat in … Polen Material gesammelt …«
    »Material?« fragt der Chef des Sonderkommandos gereizt. »Gegen wen?«
    »Gegen uns«, versetzt der Spieß und schrumpft fast zusammen.
    Draußen, ein paar hundert Meter vom Schloß entfernt, fällt ein Schuß.
    Haubach wird verlegt.
    Ins Grab …
    Die B-Kompanie ist auf dem Rückmarsch. Der dritte Zug sichert, der zweite treibt das Vieh zurück; Paul Vonwegh und seine Leute haben die verschleppten Russen zu bewachen. Zwar ist Unterscharführer Belle bei ihm, aber er kümmert sich nicht um das Kommando.
    Sie marschieren Stunde um Stunde. Sie sind zum Umfallen müde, aber die Bilder des Schreckens weichen nicht.
    Aber noch etwas anderes erlebte der Zugführer: ein unbewußtes Spiel von Sympathie und Antipathie, ein loses Band der Zusammengehörigkeit, ein erstes, wortloses Verstehen in unterirdischen Bereichen des Menschlichen. Als sie dastanden und der Ungeheuerlichkeit zusehen mußten, hatten sie auf einmal ihre Gesichter nicht in der Gewalt. Seitdem spürte Paul Vonwegh instinktiv, wem er künftig trauen und wem er den Rücken nicht zukehren durfte, wer sich unterwerfen und wer sich ihm entgegenstellen würde. Er erkannte Fleischmanns brutale Gleichgültigkeit und Gruhnkes menschlichen Anstand. Er übersetzte seine Beobachtung in die Praxis, und das hieß: Petrat treten, Kirchwein beobachten, den Gorilla kneten und bei den anderen das erste, unbewußte Fluidum ausbauen und ausnutzen. Er war entschlossen, es bis zur Rebellion voranzutreiben, um ganz plötzlich zuzuschlagen.
    Petrat folgt ihm wie ein Hund, ordnet sich ihm einfach unter, mechanisch. Und im gleichen Maße läßt Vonwegh die Zügel loser.
    »Fleischmann treibt sich immer bei den Russenweibern herum«, meldet der Ostpreuße.
    »Passen Sie auf ihn auf«, erwidert der Zugführer.
    Es ist ihm, als ob er den degradierten Hauptsturmführer seit Jahren kennen würde. Er spürt die Arroganz hinter der Servilität. Er weiß: Das ist ein Mann nach dem Maß eines Systems, das er hasst wie nichts auf der Welt.
    Sie kommen aus dem Wald heraus, erreichen ein paar armselige Hütten. Der Zugführer läßt halten, teilt

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