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Brigade Dirlewanger

Brigade Dirlewanger

Titel: Brigade Dirlewanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Sabotage!«
    »Ich bring' Sie vors Kriegsgericht!« tobt der SS-Oberführer.
    Der Leutnant zuckt müde die Schultern. Er hat so viel erlebt, daß ihn ein betrunkener SS-Bulle schon gar nicht mehr schreckt. Er trägt einen ganzen Klempnerladen auf der Brust, und er trägt ihn so achtlos wie sein verlaustes Hemd.
    »Davon verstehen Sie nichts, Herr Oberst«, antwortet der Panzeroffizier, bewußt demonstrierend, wie gleichgültig ihm die Rangliste politischer SS-Soldaten ist. »Die würden uns beim zweiten Schuß abknallen … So ein Einsatz wäre das Dümmste, was es gibt … Ich habe meine Erfahrungen …«, mault er, »bin nicht umsonst dreimal aus so einem Scheißding ausgestiegen …«
    Dirlewanger schwankt leicht vor ohnmächtigem Zorn. Während er überlegt, ob der ›disziplinarische Notstand‹ ausreicht, um diesen Leutnant, Angehörigen einer regulären Truppe, auf der Stelle niederzuknallen, hat er plötzlich eine seiner Ideen: das Rezept à la Dirlewanger. »Gut, Leutnant«, sagt er ruhig, »ich werde Ihnen eine Deckung verschaffen.« Er dreht sich zu seinem Adjutanten herum. »Los«, schreit er, »steht nicht herum, ihr Pennbrüder! … Schafft mir Polacken her … was ihr greifen könnt! … Frauen und Kinder … Je mehr ihr schnappt, desto besser …« Dann wendet er sich wieder dem schlaksigen Leutnant mit dem angewiderten Gesicht zu und sagt: »Sie kriegen Ihre Deckung, verlassen Sie sich auf mich …« Sich an alle wendend, brüllt er: »Los! … In einer halben Stunde steht der Laden!«
    Dann schickt er zwei Melder aus, um den Führern der beiden Flügel, Vonwegh und Weise, zu befehlen, daß sie Punkt sieben Uhr achtundzwanzig zum Angriff anzutreten haben, genau eine Minute vor Dirlewangers persönlichem Einsatz.
    Die Gruppe um Paul Vonwegh schien größere Begeisterung darüber zu haben, daß es ihn nicht erwischt hatte, als er selbst. Er hatte starke Quetschungen an der linken Schulter und war dadurch reif für jedes Lazarett. Aber mit der ihm eigenen Energie, vor der auch noch die Weisheiten der Medizin zu kapitulieren schienen, hielt er sich aufrecht, obwohl er nicht einmal wußte, warum.
    Vielleicht nur, um wenigstens mit seiner Gruppe das Äußerste zu verhindern. Während er verschüttet war, war von den meisten die Disziplin abgefallen. Dem Kompaniechef fiel auf, daß der Gorilla eine Stielhandgranate so ängstlich in der Hand hielt und an sich zog wie ein Kind eine Puppe. Er registrierte es flüchtig, ohne der Sache nachzugehen. Gruhnke war sternhagelblau und wies drei Armbanduhren vor. Nur Kordt, der Junge, hatte leere, saubere Hände.
    Einer stand daneben und hatte ein Gesicht wie Grünspan; halb wahnsinnig vor Angst, wartete er auf seine Strafe und fühlte sich dadurch gefoltert, daß sie bis jetzt ausgeblieben war: Wulf-Dieter Brillmann, der Bindestrich.
    Paul Vonwegh hatte ihn einfach übergangen. Es geschah noch nicht einmal bewußt. Tatsächlich wußte der Kompaniechef noch nicht, was er mit ihm vorhatte. Sooft er diesem von der Angst zersetzten Gesicht mit den Augen begegnete, verspürte er eine namenlose Dankbarkeit dafür, daß diese aufgequollene Visage nicht die geringste Ähnlichkeit mit Karen erkennen ließ, obwohl Brillmann ihr Vetter war.
    Kurz vor sieben Uhr erreicht ihn Dirlewangers Einsatzbefehl. Er bestätigt ihn und schickt den Mann zurück. Er hat Wachen ausgestellt und für Ordnung gesorgt. Er funktioniert wieder als der perfekte Soldat. Und seine B-Soldaten beugen sich, obwohl er Plünderungen unterbindet, die ihnen die Brigade ausdrücklich erlaubt hatte.
    Wieder ruft den Kompanieführer ein Posten an. Ein zweiter Melder ist aufgetaucht. Er kommt von hinten, vom Tross ausgesandt, von Müller-Würzbach. Er verschnauft und steht stramm. »B-Soldat Brillmann ist sofort in Marsch zu setzen«, sagt er dann, »versetzt zum Reichssicherheitshauptamt.«
    Alle hören es. In den Gesichtern ballt sich etwas zusammen.
    »Gut«, antwortet Vonwegh und entlässt die Ordonnanz. Der Mann zögert. Der Kompaniechef sorgt mit einer raschen Handbewegung für seinen Abgang.
    Sie sehen ihn an.
    Nur Brillmann sackt zusammen, hält die Hand vor den Magen, als ob ihm übel sei. Kortetzky blinzelt, und Vonwegh übersetzt: Schick mich mit nach hinten, und er kommt nie an.
    Gruhnke formt hinter Brillmanns Rücken die Gebärde des Hängens.
    Selbst Kordt starrt den Mann, der ab sofort wieder unendlich hoch über ihnen stehen soll, gehässig an.
    »Haben Sie es gehört, Brillmann?«

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