Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bring mich heim

Bring mich heim

Titel: Bring mich heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Wagner
Vom Netzwerk:
lockerer, um mich anzusehen, ihre Mascara hinterließ schwarze Schlieren in ihrem Gesicht. Mama stellte sich auf die Zehenspitzen und flüsterte mir ins Ohr: »Pass gut auf dich auf. Melde dich, sobald du angekommen bist.« Zögernd ließ sie mich komplett los und lächelte mich liebevoll an. Mehr Tränen flossen ihre Wangen herab. Ich griff in meine Tasche und reichte ihr ein Taschentuch.
    Ich hörte meinen Vater näher kommen. Er räusperte sich, klopfte mir auf die Schulter. Er zeigte ein liebevolles Lächeln.
    »Ich weiß, du packst das, Mia.« Er versuchte seine tiefe Stimme unter Kontrolle zu halten, aber sie verriet ihn dennoch. In einigen Situationen war es unmöglich, seine Emotionen zu beherrschen. Selbst für Papa.
    »Komm einfach wieder ganz zurück. Es wird alles wieder gut werden«, murmelte er leise. Bei dem Satz, dass ich zurückkommen sollte, wurde es mir schwer ums Herz. Jedoch wollte ich diesen Moment für uns alle in Erinnerung behalten. Deshalb schwieg ich.
    Mein Vater kam ein kleines Stück näher und tat etwas, das ich nie von ihm erwartet hätte. Er umarmte mich. Richtig. Es fühlte sich seltsam an. Unangenehm und ungeschickt. Aber ich mochte es. Es fühlte sich unglaublich an. Ich hatte das Gefühl, in die Zeit zurückversetzt worden zu sein, als ich zehn Jahre war und mir das Knie aufgeschlagen hatte. Ich rannte weinend zu Papa und schluchzte in seine Arme. Er wischte mir die Tränen mit seinem Daumen weg, küsste beide Wangen, hielt mich und flüsterte, dass alles wieder gut werden würde.
    »Danke, Papa ...«, lächelte ich ihn glücklich an mit Wasser in den Augen. »Danke für alles«, flüsterte ich gegen seine Brust und kuschelte mich noch etwas näher an ihn ran. Ich mochte diese Geborgenheit und hatte auch keine Angst vor der Berührung.
    »Pass auf dich auf, mein Mädchen.« Mehr als ein Nicken konnte ich ihm nicht geben, sonst würden die angestauten Tränen runterrollen. Es würde alles in meinem Kopf durcheinanderbringen. Ich würde mich eventuell noch umentscheiden, um doch hierzubleiben. Meine gesamten Pläne auf den Kopf stellen, um lieber in Sicherheit bei meinen Eltern und meiner Schwester zu verweilen.
    Nein ... nein ... ich musste jetzt stark sein und das durchziehen.
    Anna verabschiedete sich nur schnell mit einem Küsschen auf die Wange bei mir. Mit einem weiteren Blick zu meiner Familie stieg ich in meinen Zug ein. Nun gab es kein Zurück mehr. Es sollte die Reise meines Lebens werden. Die Reise zu meinem Leben
    Der Zug fuhr langsam an. Ein letztes Mal blickte ich aus dem Fenster. Mein Vater hielt meine Mutter fest in den Armen. Ihr Kopf war an seiner Seite angelehnt. Sie heulte bitterlich. Papas Finger strichen ihren Oberarm sanft auf und ab. Die beiden so zu sehen, tat weh. Sie hatten all das, was ich nicht hatte. Freude, Partnerschaft und die Liebe zueinander.
    Ich schloss kurz meine Augen, um mich etwas zu sammeln. Mit Wehmut sah ich wieder heraus, zwang mir ein Lächeln auf und winkte ihnen zu.
    Ich winkte meiner Vergangenheit zu. Einfach loslassen. Ich würde sie vermissen.
    So sehr ich das alles hier hasste, so sehr ich mich im Moment hasste, das war mein Leben. Und ich versuchte es, am seidenen Faden festzuhalten, um das letzte Stück Leben zu behalten, um noch einmal glücklich zu sein.
    Aber wenn ich an mein Leben in den letzten 14 Monaten zurückdachte, war es wohl eine Zeitverschwendung, sich so lange daran festzuklammern. Denn es war mit einem prägnanten Augenblick ausgelöscht worden. Er hinterließ eine Leere.

Kapitel 6 1/2
    Mia – Niemand will das hören
    Graz, April 2011
    Ich weiß nicht, ob ich je so einen Tag wie diesen erlebt hatte.
    Ich war bereits seit einer Woche im Krankenhaus. Ich war rastlos, gereizt und genervt von dieser Situation. Ich wusste, es war alles zu meinem Besten. Aber ich lag nur im Bett und durfte nur aufstehen, wenn ich wirklich musste. Mein Körper war nach wie vor ziemlich schwach. Nur gut, dass das hohe Fieber zurückging. Meine Hoffnung, hier endlich herauszukommen, stieg etwas. Auch, wenn mein Blutbefund noch nicht dafür sprach. Ich war nur froh, dass mein Zimmer mit keinem weiteren Patienten belegt war.
    Diese Tage hier gefesselt vergingen schlicht zu langsam. Mein Trost war jedoch immer der Nachmittag, wenn ich Besuch bekam.
    Chris war gerade bei mir und versuchte mich so gut es ging aufzumuntern.
    »Mimi, du wirst sehen, bald kannst du wieder heraus. Die Ergebnisse der Computertomografie werden bald kommen. Du wirst

Weitere Kostenlose Bücher