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Bring mich heim

Bring mich heim

Titel: Bring mich heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Wagner
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entschuldigte er sich. Seine Augen verrieten auf der Stelle, dass er es ernst meinte. Sie spiegelten seine Gefühle wider. Ich hatte noch nie eine Person gesehen, bei der sich alles so klar darin zeigte. Diese Augen waren einfach magisch. Anziehend. Wie eine Motte von dem Licht.
    Ein Lächeln kam auf seine vollen Lippen. Ich hatte ihn nicht ganz unbemerkt begutachtet. Es war mir nicht einmal unangenehm, oder fühlte ich den Anmarsch einer Attacke. Solange ich diese Augen sah, spürte ich Vertrautheit.
    »Wir starten einfach von vorne«, blinzelte er mich an. »Ich bin Samuel Winter. Aber sag doch Sam.« Er streckte seine Hand aus und wartete.
    Winter ... Wollte ich mit einem Winter etwas zu tun haben?
    Bevor er meine Hand berührte, zog ich meine hastig zurück, versteckte sie hinter dem Rücken. Mit zusammengezogenen Augenbrauen sah er mich verwirrt an. Es war eine übliche Geste, welche ich nicht mehr pflegte. Ich versuchte nur ein kleines Lächeln in mein Gesicht zu zaubern, um vom Händeschütteln abzulenken. Es war mir klar, dass es gekünstelt aussah. Im Vortäuschen war ich eine Niete. Jedoch besser als diese Berührung.
    »Ich bin Mia Lang«, platzte ich heraus, ehe er sich noch länger über meine Handlungen wunderte. Für Fremde musste ich mit Sicherheit wie eine Irre wirken mit all diesen Ticks.
    Sam senkte seine Hand herab. Mit seiner tiefen Stimme sprach er: »Es ist mir eine Ehre dich kennenzulernen, Mia Lang. Wo geht die Reise noch hin?«
    So schnell wie möglich weg von hier. Aber das konnte ich nicht laut aussprechen. Aus Höflichkeit antwortete ich: »Meine Reise geht nur noch ins Bett. Und dann ... mal sehen, wo es mich hinführt.« Er schmunzelte. Ich redete weiter: »Ich wünsch dir alles Gute für deine weitere Reise. Gute Nacht.«
    Bevor mich Samuel noch in ein weiteres Gespräch verwickelte, ging ich los.

Kapitel 12
    Mia – Lass mich schlafen
    Budapest, Juni 2012
    Langsam schlenderte ich in Richtung Ausgang des Bahnhofes. Es war eine Ewigkeit her, seitdem ich das letzte Mal hier gewesen war. Ich habe diesen Ort nicht zufällig als erstes Ziel ausgesucht.
    Hier verbrachte ich ein halbes Studiensemester. Viele meiner Kollegen verbrachten ihres im englischsprachigen Raum. Das war für mich zu weit. Ich liebte es, in der Nähe meiner Familie zu sein. Und in der Nähe von Chris.
    Von Graz nach Budapest war es selbstverständlich auch kein Katzensprung, jedoch nicht so fern wie Übersee.
    Die Entscheidung, das Praktikum in Ungarn zu machen, war genau die richtige. Ich nahm viele Erfahrungen mit. Nicht für die Arbeit, sondern für das Leben. Hier wohnte ich das erste Mal alleine. Ich war ganz auf mich gestellt. Ohne Eltern. Ohne Hilfe ihrerseits. Ich genoss es an diesem Ort.
    Ich lernte enorm viele Leute kennen. Gute Freunde. Ich war schließlich nicht immer so zurückgezogen, wie ich im Moment war.
    Bereits am ersten Tag lernte ich einen meiner besten Freunde kennen, Kriszta. Sie arbeitete in diesem kleinen Café direkt unter dem winzigen Apartment, welches ich für die vier Monate gemietet hatte.
    Eigentlich wollte ich nur die Gegend erkunden und mir davor noch einen Kaffee holen. Aber ich kam nicht mehr aus diesem Café, erst nach der Sperrstunde.
    Wir kannten uns zwar nicht, aber es war so leicht, mit ihr ins Gespräch zu kommen. Von da an trafen wir uns beinahe jeden Tag. Oder jede Nacht.
    Leider verlor sich der Kontakt über die Jahre. Ich fragte mich, ob sie nach wie vor in diesem Café arbeitete. Vielleicht sollte ich es einfach probieren. Jedoch nicht mehr an diesem Tag.
    Ich rief mir nur noch ein Taxi und ließ mich zu einem billigen Hostel kutschieren. Teure Hotels konnte ich mir nicht leisten, auch wenn sie mit großer Sicherheit mehr Komfort boten. Aber das hier musste langen. Obwohl ich mir nicht hundert Prozent sicher war, ob ich mich tatsächlich in dieses Bett legen sollte. Das nächste Mal vielleicht doch einige Scheine mehr investieren.
    Die Müdigkeit besiegte zu guter Letzt den Gedanken, woanders hinzugehen. Meine Augen fielen mir fast im Stehen zu, obwohl ich die Hälfte der Zugfahrt verschlafen hatte.
    Ich schmiss meinen Rucksack in eine Ecke des Raumes und ließ mich samt meiner Kleidung in das quietschende Metallbett fallen. Die gelbliche Bettwäsche, welche wohl mal weiß gewesen war, fühlte sich steif und kratzig an. Ich konnte jede einzelne Feder der Matratze spüren. Aber ehrlich, es war mir vollkommen egal. Ich war müde. Ich war erschöpft und wollte nur mehr meine

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