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Bring mich heim

Bring mich heim

Titel: Bring mich heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Wagner
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ich nach etlichen Minuten mein Buch aus den Händen legen. Die Unruhe in mir spürte ich leider noch immer viel zu deutlich. Die Blicke, die sich in mich bohrten, waren auch nicht sonderlich förderlich.
    Ich war genervt. Nur ein paar Stunden unterwegs und man wurde schon von jemandem belästigt. Nein nicht irgendjemand. Samuel Winter, der Zerstörer Menschenlebens. In den letzten Wochen war er viel zu oft in Zeitungen abgedruckt, um nicht zu wissen, wer er war. Wenn man etwas länger die Architektur- und Immobilienszene durchforstete, fand man sehr schnell heraus, was seine Firma anrichtete. Natürlich schrieb keine Immozeitung oder Zeitschrift darüber. Solche Dinge vertuschte man schön. Nur durch Zufall stießen wir im Verlag auf die Wahrheit.
    Wie konnte man für so etwas sein Gesicht hergeben? Unerklärlich.
    Ich ignorierte ihn einfach. Nach Small Talk war mir ohnehin nicht zumute. Schon gar nicht mit ihm. Auch wenn ich nur allzu gerne noch einmal in diese Augen sehen wollte.
    Schließlich drehte ich mich um.
    Ich sah in dunkle Augen. Umrandet mit ewig langen Wimpern. Er strahlte. Sein Gesicht war voller Freude. Obwohl ich die Geschichte seines Unternehmens kannte und nie, niemals mit jemandem wie ihm etwas zu tun haben wollte. Jedoch konnte ich meinen Blick nicht von ihm abwenden. Er sah enorm gut aus. Besser als auf jeder Zeitung. Viel zu gut. Denn er war groß. Größer als ich ihn mir vorgestellt hatte. Schwarze, wellige Haare. Einen leichten Bart und diese minimale krumme Nase, welche das Erscheinungsbild nur schöner machte. Einfach männlich. Sexy.
    Er lächelte mich an, sah zu mir, ohne ein Wort zu sagen. Ich starrte. Sah in diese schimmernden Augen. Sie wirkten beruhigend. Mein Puls senkte sich wieder. Die Steifheit meines Körpers ließ nach. Meine Angst zu sprechen legte sich ein wenig.
    »Du schnüffelst wohl gerne in fremden Sachen«, sagte ich etwas harscher, als ich es vorhatte. Mehr schaffte ich im Moment nicht, somit drehte ich mich abermals weg von ihm.
    So gut es ging, versuchte ich ihn zu ignorieren. Einfacher wäre es gewesen, wenn er sich zurück in seine Reihe gesetzt hätte und nicht mir gegenüber. Das Bedürfnis nach Gesellschaft hatte ich nicht. Meine war mir im Augenblick allemal genug.
    Ich war wohl wieder eingeschlafen. Jemand rüttelte sanft an meiner Schulter. Sofort war ich in Alarmbereitschaft. Hörte auf zu atmen, hoffte nur, dass dieser Arm schnellstens verschwand.
    Danke ... weg. Ich füllte meine Lungen mit Luft. Versuchte damit meine Angst zu unterdrücken. Biss mir dabei fest auf die Unterlippe, bis ich schließlich das Blut auf der Zunge schmeckte.
    Verschlafen öffnete ich die Augen und blinzelte einige Male, um mich an dieses grelle Licht zu gewöhnen. Die Lampe an der Zugdecke leuchtete mir direkt in das Gesicht. Draußen war es bereits finster. Nur orangefarbene Bahnhofslichter waren zu sehen. Sie ließen alles in Szene setzen. Hektische Leute, welche auf und ab rannten. Wartende Personen. Lachende Menschen. Es war das normale Leben. Es wirbelte vor Energie.
    »Wir sind da. Du musst jetzt aussteigen«, sagte Samuel sanft und deutete in Richtung Ausgang. Er hatte seinen Rucksack umgeschnallt und die Gitarre in der Hand. Es sah aus, als ob er auf mich wartete.
    Langsam stand ich auf, streckte mich, schulterte mein Gepäck und ging zum Ausstieg. Samuel schlenderte einige Schritte hinter mir her. Vor der Tür blieb ich stehen, atmet noch ein Mal tief ein. Ich drehte mich um.
    Dieses Mal sagte ich ruhiger: »Danke, dass du mich geweckt hast.« Ich konnte schließlich nicht wieder so angepisst klingen. Er meinte es gut, gab mir mein Skizzenbuch und holte mich aus dem Schlaf. Andere wären auf das Ding draufgetrampelt. Es war nett von ihm. Auch, dass er mich fragte, ob alles in Ordnung sei. Ich wusste, dass ich viele seltsame Blicke kassiert hatte, als ich aufgeschrien hatte, aber niemand interessierte sich tatsächlich, ob etwas passiert war. So waren sie. Ich versuchte ihm ein kleines Lächeln zu schenken und stieg aus.
    »Gerne«, rief er mir noch nach.
    Abrupt blieb ich stehen. Drehte mich ein weiteres Mal um.
    »Es tut mir leid, dass ich dich vorhin so angefahren hab. Ich ...«, mein Blick senkte sich nach unten, »ich ... weißt du, es ... Ich zeige nun mal nicht gern meine Zeichnungen her.«
    »Hey, keine Sorge, ich habe das vorhin verdient. Ich würde es ja auch nicht wollen, dass jemand in meinen privaten Dingen schnüffelt. Ich blieb einfach hängen«,

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