Brisante Enthüllungen
hohe Meinung von mir." Er zuckte die Schultern. "Hast du deshalb Rafaella gebeten, für dich ein Treffen mit ihrem Großvater zu vereinbaren? Natürlich konntest du nicht wissen, dass er jedes Mal sogleich meinen Anwalt informiert, wenn jemand mit ihm über den Unfall reden will. Mein Anwalt hat mich angerufen, und das ist mit ein Grund, warum ich früher als geplant zurückgekommen bin. Ich wollte dir vorschlagen, keine Zeit mehr mit sinnlosen Nachforschungen zu verschwenden. Aber das ist jetzt nicht mehr wichtig." Er stand auf. "Wieder einmal bin ich der Bösewicht", fügte er spöttisch hinzu. "Damit muss ich wohl leben." Er machte eine Pause. "Ich werde duschen, mich umziehen und in der Stadt essen, damit du nicht mit einem Verbrecher an einem Tisch sitzen musst."
"Ich habe dir nicht unterstellt, ein Verbrecher zu sein. Das würde ich nie tun", wehrte sie sich.
Er lächelte verbittert. "Aber du hast darüber nachgedacht, davon bin ich überzeugt. Dass du es überhaupt für möglich hältst, macht mich ganz krank." Er ging zur Tür.
"Sandro, bitte, sag mir die Wahrheit", bat sie ihn leise.
"Die Wahrheit ist genau wie Liebe und Treue nur ein Wort", antwortete er verächtlich. "Man benutzt die Worte und vergisst sie wieder." Dann verließ er den Raum.
Polly saß wie erstarrt da und blickte zur Tür. Ich sollte hinter ihm herlaufen, mit ihm über meine Ängste, Zweifel und Gefühle reden, überlegte sie. Sie musste ihn dazu bringen, ihr zuzuhören. Vielleicht würde er sie dann verstehen.
Aber er erwartete offenbar von ihr, dass sie ihm bedingungslos vertraute. Wie konnte sie das nach allem, was er ihr damals angetan hatte?
Sie liebte ihn immer noch und würde ihn immer lieben, egal, was er gemacht hatte oder noch machen würde. Sie konnte nicht anders. Nur bei ihm, in seinen Armen fühlte sie sich sicher.
Polly seufzte, stand auf und schenkte sich einen Kaffee ein, der noch heiß war. Auch wenn die Kluft zwischen ihr und Sandro beinah unüberbrückbar war, mussten sie an ihr Kind denken, das beide Eltern brauchte.
Vor der Tür des Kinderzimmers atmete sie tief durch. Hoffentlich begegnet man mir nicht mehr mit derselben Ablehnung wie zuvor, das könnte ich nicht ertragen, dachte sie, ehe sie hineinging.
Dorotea saß in dem großen Schaukelstuhl neben dem Kamin und strickte. Ihr gegenüber saß Julie mit Charlie auf dem Schoß. Der Junge schlief tief und fest.
Die ältere Frau sah Polly an und lächelte etwas unsicher. Dann stand sie auf, bot Polly ihren Platz an und bedeutete Julie mit einer Handbewegung, Polly das Kind zu geben.
Als Polly ihren Sohn in den Armen hielt, klopfte Dorotea ihr freundlich auf die Schulter. "Gut so, Vossignoria?" fragte die Frau.
"Ja." Polly war plötzlich die Kehle wie zugeschnürt.
Dorotea nickte Julie zu, und die beiden Frauen ließen Polly mit ihrem Kind allein. Sie lehnte sich zurück und schloss die Augen. Charlie in den Armen zu halten beruhigte sie sehr und half ihr, etwas Ordnung in ihr Gefühlschaos zu bringen. Egal, was Sandro für sie empfand und was in ihm vorging, er liebte Charlie sehr. Durch ihr Kind waren sie miteinander verbunden.
Auf einmal spürte sie, dass noch jemand im Zimmer war. Sie öffnete die Augen. Sandro stand auf der Türschwelle und betrachtete Polly mit finsterer Miene.
Sie überlegte, was sie sagen sollte. Sollte sie ihm verraten, wie sehr sie sich nach ihm sehnte und sich wünschte, er würde sie lieben und umarmen? Ahnte er wirklich nicht, wie sehr sie ihn brauchte?
Schließlich drehte er sich um und verließ schweigend den Raum. Nur mühsam gelang es Polly, die Tränen zurückzuhalten. Charlie sollte nicht merken, dass seine Mutter weinte.
In der Nacht schlief Polly schlecht und wurde am nächsten Morgen erst wach, als die Sonne schon hoch am wolkenlosen Himmel stand.
Rafaella kam mit dem Kaffee herein. "Guten Morgen, Signora", begrüßte sie Polly freundlich. "Es ist ein wunderschöner Tag. Heute gibt es bestimmt kein Gewitter. Ihr Mann lässt fragen, ob Sie mit ihm frühstücken möchten. Ich soll Ihnen ausrichten, Signor Molena sei auch da."
"Signor Molena?" wiederholte Polly. Der Name kam ihr bekannt vor.
"Ja, sein Rechtsanwalt", klärte Rafaella sie auf.
"Ah ja." Polly erinnerte sich wieder an den Mann, den Sandro ins Haus ihrer Eltern mitgebracht hatte. "Jetzt fällt es mir wieder ein."
"Heute werden Sie meinen Großvater kennen lernen", verkündete Rafaella lächelnd. "Das hat Ihr Mann gesagt."
Polly blickte sie
Weitere Kostenlose Bücher