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Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See

Titel: Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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Reitereiflügel, die zu beiden Seiten warteten. Uthers Sänfte befand sich nach wie vor in der Mitte, doch der Hochkönig saß mittlerweile aufrecht und sprach zu seinen Männern.
    »Die Sachsen haben mich den halb toten König genannt, weil mich meine Krankheit an die Sänfte fesselt.« Uther brach in Gelächter aus. »Und es stimmt, aber ich kämpfe lieber halb tot gegen sie, als gesund wie ein Bär weiterzuleben und sie in dem Glauben zu lassen, ich hätte Angst vor ihnen! Besser in Ehre zu sterben, als in Unehre zu leben!«
    Von den Toren ertönte das donnernde Geräusch von Speerenden, die auf Schilde klopften.
    »Hört ihr sie, Männer? Sie kommen heraus – wollt ihr ihnen zeigen, wie rau die Männer Britanniens zu spielen verstehen?«
    Die Briten antworteten mit einem trotzigen Ruf, dessen Widerhall einen schimmernden Nebel in die Luft zu zaubern schien. Merlin entließ den Bussard und sank zurück in seinen Körper. Sogar mit geschlossenen Augen spürte er die Anwesenheit des Hochkönigs als strahlendes Machtgebilde. Hatte die Erregung des Augenblicks eine verborgene Kraft entfesselt, die dem Druiden nie zuvor aufgefallen war, so wie Artor sich durch das Aufeinandertreffen mit dem Bären verändert hatte? Oder war es etwas anderes?
    Es blieb keine Zeit zum Überlegen. Octha und seine Männer verließen Verulamium. Immer mehr Sachsen strömten durch das Tor. Der dumpfe Ruf eines Kuhhorns übertönte den Lärm, und das Trommeln von Speeren auf Schilden wich dem Donner von Füßen auf feuchter Erde, als sie zu rennen begannen.
    Von der britischen Seite erklangen Trompeten. Jäh verstärkten sich die donnernden Geräusche, als von der einen Seite Cador von Dumnonia und von der anderen Eldol mit ihrer Reiterei angriffen. Das Holz des Karrens bebte unter den Schwingungen. Merlin mühte sich auf die Beine und tastete mit der Hand nach Halt, als die verfeindeten Heere aufeinander prallten und sich in eine einzige kämpfende Masse verwandelten.
    Binnen weniger Augenblicke war Uther umzingelt, so wie beim tabula -Spiel die feindlichen Kräfte die Krieger angriffen, die den König bewachten. Das Klirren aufeinander prallender Waffen betäubte die Ohren, durchdrungen von den Schreien derer, die getroffen wurden. Merlin war schon bei anderen Schlachten dabei gewesen, doch zuvor hatte er stets bei den Ärzten gewartet. Nun zwang er sich, das Gemetzel tatsächlich zu beobachten, und versuchte zu begreifen, was vor sich ging.
    Die Sachsen waren erfahrene Krieger. Nach ihrem Überraschungsangriff hatten die Briten ihren Hauptvorteil verloren. Zwar kreisten Reiter an den Rändern des Schlachtfelds und durchbohrten Feinde mit ihren Lanzen, doch sie konnten keinen Einfluss auf das Geschehen weiter innen im Getümmel nehmen. Die Briten wurden in die Defensive gedrängt. Deshalb hatte Uther auf der Hilfe des Druiden bestanden; ohne Merlins Magie als Zünglein an der Waage mochten die Briten durchaus verlieren.
    Abermals setzte er sich. Diesmal konnte er sich nicht nur eines vorüberziehenden Raubvogels bedienen; er musste einer werden. Merlin lenkte sein Bewusstsein nach innen und beschwor das Bild des Raben, Cathubodvas Vogel, herauf.
    Göttin, es ist dein Volk, das leidet – komm zu uns, lösch unsere Feinde aus!
    Sein Atem verlangsamte sich; die bewusste Wahrnehmung seines Körpers verblasste, wurde verdrängt von einem fremdartigen Gefühl der Stärke und Leichtigkeit. Von den Schwingen des Raben emporgetragen, öffnete er die Augen und erhob sich kraftvoll in den Himmel.
    In den Augen seiner Geistergestalt glichen die in jenem tödlichen Gemetzel verstrickten Männer bloßen Schatten. Was er sah, waren ihre Geistkörper, die hell aufblitzten, wenn Mut sie gegen die Feinde anspornte, oder verblassten, wenn sie überwältigt wurden. Diejenigen, deren Leben endete, lösten sich von den Leibern und schauten verwirrt auf die Schlacht hinab, an der sie nicht länger teilnehmen konnten.
    Der Rabe stach hinab, riss den Schnabel zu jenem entsetzlichen Schrei auf, mit dem die Herrin der Schlachten den Mut ihrer Feinde gefrieren lässt. Glänzende Federn gleißten grell im Licht der Sonne. Und wenngleich menschliche Ohren den Schrei nicht zu hören vermochten, so hörten ihn doch die Seelen der Sachsen und erschraken. Jener Lidschlag des Zögerns hauchte den britischen Kriegern Mut ein, und sie drangen mit frischer Kraft auf die Feinde ein.
    Der Rabe, der sich wieder gen Himmel erhob, erblickte ein Knäuel kämpfender Männer, in

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