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Britannien-Zyklus 02 - Die Herrin der Raben

Titel: Britannien-Zyklus 02 - Die Herrin der Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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sitzen.«
    »Ist es gefährlich?« Erfreut stellte der Druide fest, dass er aus Artors Stimme keine Furcht, sondern gesunde Vorsicht vernahm.
    »Die Gefahren bringt Ihr selbst mit«, erwiderte er. »Zorn für Zorn, Furcht für Furcht. Erinnert Euch daran, was ich Euch gelehrt habe, und alles wird gut.«
    Und wenn nicht, kann ich mich gleich in meinen Wald im Norden zurückziehen, dachte Merlin trocken, denn hier wird mein Leben keinen Denarius mehr wert sein! Doch er fürchtete nicht um das körperliche Wohl des Jungen. Sollte Artor bei dieser Prüfung versagen, wäre alles verloren, wofür Merlin gearbeitet und gelitten hatte. Und für den Druiden barg dieser Ort eigene Gefahren; es wäre nur allzu leicht, dem Knoten der Mächte, die hier aufeinander trafen, zu nahe zu kommen und in eine andere Welt gesogen zu werden.
    Und so begab der junge König sich an seinen Platz auf dem Grabhügel, der seines Vaters Gebeine beherbergte, während Merlin, sein Lehrer, sich ein Stückchen abseits jener Linie der Macht, die vom Grabwall zum Steinkreis verlief, auf einem Felsblock niederließ. Von dort aus beobachtete er Artor, während der Mond gemächlich gen Westen wanderte und die Sterne der Morgendämmerung entgegenfunkelten.
    Als der Druide sein Mündel in der grauen Stunde vor dem Sonnenaufgang von dem Grabhügel herabrief, damit sie zurück nach Sorbiodunum reiten konnten, wirkte das Antlitz des Jungen ausgezehrt; die Augen des Königs schienen die Welt bestenfalls verschwommen wahrzunehmen. Erst als sie beinahe zurück im Lager waren und das erste Tageslicht die Erde aus ihrem Schlummer weckte, seufzte Artor, und der ausdruckslose Blick begann aus seinen Augen zu weichen.
    »Hat Euer Vater zu Euch gesprochen?«
    »Wisst Ihr das denn nicht?« In der Stimme des Jungen schwang eine Mischung aus Verblüffung und einer Art Bitterkeit mit.
    »So wie ich seid auch Ihr ein Kind der Prophezeiung, unsere Wahl aber treffen wir selbst. Und dies war Euer Geheimnis«, erklärte Merlin freundlich. Ich muss lernen, schalt er sich, ihn loszulassen.
    »Ja… ich glaube, er hat zu mir gesprochen«, antwortete Artor.
    Aber er wollte nicht preisgeben, was der Geist seines Vaters ihm anvertraut hatte.
     
    Oesc erahnte die verschwommene Bewegung vor dem blauen Himmel mehr, als er sie sah, duckte sich und riss den Holzschild hoch. Der Knüppel traf ihn mit einer Wucht, die ihn um ein Haar zu Boden geschleudert hätte. Mit vor Schmerzen pochendem Schildarm taumelte er rücklings.
    »Du hast den Hieb gut abgewehrt, aber du bist aus dem Gleichgewicht geraten«, erklärte Byrhtwold, senkte den Knüppel und lehnte sich darauf.
    »Das hat wehgetan.« Oesc ließ den Schild vom Arm gleiten und rieb sich die Schulter.
    »Gewiss. Aber ohne den Schild hätte dir ein solcher Schlag den Arm gebrochen.«
    »Hätte ich eine Waffe, könnte ich zurückschlagen«, beschwerte sich Oesc. »Du tust, als wäre ich immer noch zwölf Winter alt!«
    »Vielleicht, aber wenn du in der Schlacht die Klinge verlierst, rettet dich einzig dein Schild, bis du dir eine andere Waffe greifen kannst«, gab der alte Mann zurück. »Du hältst dich für einen Krieger, weil du schon einmal bei einer Schlacht dabei warst. Ich glaube, du hast Gewohnheiten, die du ablegen musst. Also fangen wir ganz am Anfang an. Sobald du es schaffst, mich nur mit dem Schild abzuhalten, darfst du mit der Klinge üben. In der Zwischenzeit solltest du weiterhin deinen Schwertarm stärken.«
    »Indem ich Holz hacke?«, fragte Oesc seufzend. »Das ist die Arbeit eines Leibeigenen; ich habe es nur getan, um meinen Arm zu kräftigen.«
    Byrhtwold schmunzelte. »Aber es ist eine gute Übung. Und wenn du die Fähigkeiten der Menschen nicht beherrschst, die dir dienen, wie willst du sie dann dazu bringen, ihre Arbeit zu tun?«
    Oesc begriff, dass es sinnlos war, weiter aufzubegehren, und nickte. Byrhtwold reichte ihm den Knüppel.
    »Morgen früh üben wir weiter.« Byrhtwold wandte sich ab, dann hielt er inne und fügte mit sanfterer Stimme hinzu: »Hab Geduld junge. Schon bald wirst du etwas anderes als Holz hacken. Ceredic will, dass du die Männer begleitest, die dein Großvater nach Venta Belgarum sendet. Du ziehst in den Krieg.«
    Oescs Gedanken waren in Aufruhr, als der alte Krieger ihn allein ließ. Der Morgen zeigte sich sonnig, aber große, flaumige, an Wolle erinnernde Wolken trieben von Westen herbei und zauberten Schattenmuster auf die Mauer des alten Theaters. Es beherrschte das, was von der Stadt

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