Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot
Schleiers voller Staub. Einen Augenblick bedauerte sie zutiefst, den See je verlassen zu haben. Aber immerhin gab es im Palast Bäder… vielleicht würde sie sich besser fühlen, nachdem sie sich gewaschen hatte.
Schließlich rollte der Karren vor die Tore. Wachen nahmen Habachtstellung ein und riefen Igraines Namen aus. Einen oder zwei davon kannte sie noch aus ihrer Zeit mit Uther. Lächelnd erteilte sie Befehle und vergaß vorübergehend, dass sie nicht mehr die Königin war.
Als die drei Priesterinnen sich häuslich eingerichtet hatten, war es Abend geworden, und Artor war in den Palast zurückgekehrt, was Igraine mit Erleichterung auf nahm. Als sie auf dem Weg nach Süden in Isca Halt gemacht hatten, hatte sie erfahren, dass er sich in Londinium befände, was sich jedoch jederzeit ändern konnte. Dieser Tage schien er die Geschäfte Britanniens vom Rücken eines Pferdes aus zu erledigen. Zwar hatte sie eine Nachricht geschickt, um ihm ihre Ankunft anzukündigen, dennoch hätte es sie nicht überrascht, wäre er fort gewesen.
Offensichtlich hatte er nicht vor, lange zu bleiben. Der Palast war unterbesetzt, und das Mahl, zu dem sie sich an der Tafel einfanden, schmeckte zwar vorzüglich, kam jedoch wenig mehr als einem Essen im Feldlager gleich.
»Sollte mich eigentlich nicht wundern«, meinte Igraine, während sie einen weiteren Löffel Linseneintopf aß. »Als ich deinen Vater geheiratet habe, ernährte er sich von demselben Zeug.«
Artor bedachte sie mit einem ironischen Lächeln. »Ein durchschlagender Beweis für all jene, die meine Herkunft nach wie vor anzweifeln. Aber in Wahrheit esse ich aus demselben Grund so wie er. Wir befinden uns immer noch im Krieg. Icel hält sich zwar an den Vertrag, den ich ihm letzten Sommer aufgezwungen habe, aber die Iren in Demetia stiften wieder Unruhe. Ich muss dich und deine Damen bitten, weiterhin für uns zu beten, denn schon bald werde ich gezwungen sein, meine Armee nach Westen zu führen.«
Igraine seufzte. Artor war größer als Uther, und die Züge um die Augen erinnerten sie an die ihrer Mutter, aber seine Schultern waren so breit, sein Haar so nussbraun wie bei seinem Vater. Je älter Artor wurde, desto öfter ließ die Ähnlichkeit ihr manchmal den Atem stocken. So wie Uther galt er in der Öffentlichkeit als Christ. Dennoch wusste er sehr genau, dass die Priesterinnen auf der Insel der Maiden mehr taten als einfach nur beten. Darum ging es jetzt nicht.
»Niemand, der Uther kannte, würde bezweifeln, dass du sein Sohn bist. Ebenso wenig stelle ich in Abrede, dass Britannien sich immer noch im Krieg befindet. Aber so war es auch all die Jahre während unserer Ehe. Dennoch ist es deinem Vater und mir gelungen, wie zivilisierte Menschen zu leben. Es gibt keinen Grund, wieso du das nicht auch schaffen kannst!«
»Aber ich bin nicht verheiratet«, entgegnete er leise und griff nach dem Wein.
Igraine starrte mit ausdruckslosen Augen auf die verblassten Fresken an der Wand hinter ihm; ihr Verstand raste. Jedes Mal, wenn sie sonst die Angelegenheit auf den Tisch gebracht hatte, hatte er die Unterhaltung in eine andere Richtung gelenkt. Warum ging er nun darauf ein?
»Denkst du darüber nach, dies zu ändern?«, erkundigte sie sich behutsam.
Artor schaute auf, erblickte ihre Miene und lachte. »Fürchtest du, ich hätte mich in eine ungebührliche Frau verliebt? Wann hätte ich dafür schon Zeit?« Er schüttelte den Kopf. »Aber selbst dem alten Oesc ist es gelungen, eine Frau zu finden – ausgerechnet Fürst Gorangonus’ Enkelin. Ich bin gerade von ihrer Hochzeit zurückgekehrt, wo ich die Braut übergeben habe. Ich hatte immer vor zu heiraten, sobald das Land sicher wäre, aber so wie es derzeit aussieht, hat Oesc bis dahin bereits Enkel.« Artor holte tief Luft. »Ich bin bereit, darüber nachzudenken, Mutter. Trotzdem muss ich dich warnen, ich habe keine Zeit, nach einer Braut Ausschau zu halten.«
Igraine trank einen Schluck Wein. Kurzzeitig fehlten ihr vor Verblüffung über diese plötzliche Aufgabe die Worte. »Vielleicht brauchst du das gar nicht…«, meinte sie gedehnt. »Sofern meine Visionen nicht gelogen haben. Da ist eine Maid, Fürst Leodegranus’ Tochter; ich glaube, die Göttin hat sie auserwählt. Aber du musst auf sie warten. Sie ist erst dreizehn.«
»Dann ist sie ja noch ein Kind!«, rief er aus.
»Jedes Mädchen, um dessen Hand noch nicht angehalten wurde, ist jung«, entgegnete Igraine. »Es sei denn, du entscheidest dich für
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