Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot
eine Witwe, was jedoch vermutlich zu Schwierigkeiten führen würde.« Beide hörten sie das unausgesprochene So wie bei mir…
»Ich werde keine Maid zu einer Hochzeit mit einem doppelt so alten Mann zwingen«, sagte Artor entschieden. »Wir müssen uns erst treffen, bevor die Dinge beschlossen werden.«
»Ich schreibe Leodegranus und bitte ihn, seine Tochter nicht zu verloben, bevor du sie gesehen hast.«
»Es muss auch ihr Wille sein.«
»Selbstverständlich…«, seufzte Igraine. Es war auch ihr Wille gewesen, Gorlosius zu heiraten, und die Ehe hatte sich als Katastrophe erwiesen. »Deine Schwester hatte Zweifel, Leudonus zu ehelichen«, sprach sie laut, »dennoch hat sie zugestimmt, und in ihrem Fall scheint alles gut gegangen zu sein, obwohl er wesentlich älter ist als sie.«
Sie versuchte aus Artors Mienenspiel zu lesen, welchen Eindruck Morgauses Erwähnung auf ihn machte. Igraine wusste, dass ihre Tochter ihn nicht mochte, aber Artor hatte seine Schwester zu selten getroffen, um sich eine Meinung zu bilden.
»Ich habe sie zuletzt gesehen, als wir Naitan Morbet und die Pikten besiegt haben«, bemerkte er schließlich. »Sie war… atemberaubend. Drei ihrer Jungen sind mittlerweile bei mir, und sie berichten mir, dass es ihr gut geht.«
Igraine nickte. »Ich bin ihr zuletzt vor fünf Jahren begegnet, als sie den See mit ihrem jüngsten Kind besucht hatte. Damals wirkte sie bekümmert, aber Leudonus war nicht der Grund.«
»Was dann?« Artor richtete sich auf, und sie wusste, dass er wieder wie ein König dachte.
»Seit Medrod hat sie keine Kinder mehr bekommen, und Morgause ist eine Frau, die ihre Fruchtbarkeit genoss. Sie wollte, dass ich sie zur Priesterin des Kessels mache. Vermutlich hat sie nach einer neuen Quelle der Macht gesucht.«
»Ich wusste, dass ihr das Schwert des Verteidigers auf der Insel der Maiden gehütet habt, aber was ist der Kessel?«, wollte Artor wissen.
»Vielleicht kommst du die Insel einmal besuchen, falls es je eine Zeit des Friedens gibt, dann zeige ich ihn dir. Zwar ist es ein Geheimnis der Frauen, aber schließlich bist du der Hochkönig; außerdem gibt es ein paar Dinge, die zu erfahren du ein Recht hast.« Sie legte eine Gedankenpause ein und sammelte ihre Erinnerungen. »Er ist silbern… und sehr alt.« Igraine schüttelte den Kopf. »So sieht er nur aus, aber das ist nicht, was er ist… Der Kessel… ist der Mutterleib der Göttin, das Gefäß, aus dem die Macht stammt, die Welt zu erneuern.«
Eine lange Weile starrte Artor sie nur an. Dann sah sie ein neues Licht in seinen Augen aufflammen. »… die Welt zu erneuern«, wiederholte er. »Weißt du eigentlich, wie sehnsüchtig ich davon geträumt habe? Seit meinem fünfzehnten Lebensjahr bin ich Hochkönig Britanniens, und die meiste Zeit habe ich damit verbracht, das Land zu verteidigen. Verstehst du, was das bedeutet, Mutter? Alles, was ich tun konnte, war zu reagieren; versuchen, die bestehenden Verhältnisse zu bewahren. Wie habe ich mich danach verzehrt, einen Schritt weiter zu gehen, die Dinge zu verbessern, dieses Land zu heilen! Falls es je, wie du sagst, eine Zeit des Friedens geben sollte, werde ich dich anflehen, die Macht des Kessels zu beschwören!«
Igraine streckte die Hand aus, Artor ergriff sie. Ihr Herz drohte die Brust zu sprengen. So lange hatte sie ihren Sohn geliebt, hatte sich nach ihm gesehnt und ihn nicht einmal gekannt. Und nun vermeinte sie, durch ihre ineinander geschlungenen Hände seine Seele zu berühren.
»Ich werde bereit sein, mein Kind. Gemeinsam werden wir es vollbringen. Darauf habe auch ich mein ganzes Leben lang gewartet!«
Doch noch während ein Hochgefühl ihr Herz erfüllte, fragte sich Igraine, wie Morgause wohl reagieren würde, wenn sie erfuhr, dass Artor abermals etwas erhalten hatte, was ihr verweigert worden war.
Medrod erzählte eine Geschichte. Morgause hörte seine Stimme, als sie um die Seite des Sonnenhauses der Frauen bog. Klar und deutlich wie die eines Barden ertönte sie, schwoll an und ab, während er die Handlung schilderte.
»Es war der Geist der alten Nessa, den ich sah… neben dem Feuer hockend, genau wie zu ihren Lebzeiten. Und jeder, der sich dort hinhockt, ist ihre Beute. Zuerst spürt man einen kalten Hauch im Nacken, und dann – «
Aus dem Augenwinkel sah er seine Mutter herannahen und verstummte. Die jüngeren Kinder, mit denen er gesprochen hatte, rappelten sich auf die Beine und machten angesichts der Königin große
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