Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot

Titel: Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
Vom Netzwerk:
den vom Wind geschaffenen Wellen fließt die Tiefenströmung des Flusses. Genauso verhält es sich mit den Zwistigkeiten der Menschheit. Huldige, wem du um Britanniens Friedens willen huldigen musst, aber vergiss nie, wie stark diese Wasser sind, die so beständig auf das Meer zuströmen…«
     
    In der Nacht vor der Hochzeit regnete es. Bei Sonnenaufgang bedeckten immer noch Wolken den Himmel, aber als sie sich lichteten, ließen sie ein wenig wässrigen Sonnenschein hindurch. Als Gwendivar den Palast verließ, glänzten die feuchten Pflastersteine. Wegen der Helligkeit blinzelnd, sah sie sich um. In jenem Augenblick erschien ihr sogar dieser Ort aus Holz und Stein wunderschön. Ihre Begleitgarde hatte sich bereits formiert und wartete. Als die Männer Gwendivar erblickten, begannen sie zujubeln, wodurch sie das Getöse übertönten, das dem Vormarsch der Prozession des Bräutigams folgte, der sich bereits zwei Straßen entfernt befand.
    Ihre Mutter zupfte an dem Hagedornkranz, der den Brautschleier zusammenhielt. Dessen feuerrote Seide war mit goldenen Blumen bestickt. Weitere Blumen waren in den scharlachroten Damast ihrer Dalmatika eingewoben und mit Perlen in deren Goldborten eingearbeitet. Juwelen beschwerten das breite Halsbündchen und den Goldstreifen, der sich vom Kragen bis zum Saum erstreckte. Es war ein prunkvolles Kleidungsstück, das einer Kaiserin aus den östlichen Landen geziemt hätte, aus denen es stammte – jeder sagte das. Aber es war auch so schwer, dass Gwendivar sich kaum bewegen konnte.
    Ihre Mutter ergriff sie am Ellbogen und zog sie vorwärts. Einen Lidschlag lang widersetzte sich Gwendivar, erfüllt von dem wilden Drang, sich bis auf das Leinenunterhemd auszuziehen und in Richtung der offenen Felder davonzurennen. Wie konnte das Volk ihre Schönheit preisen, wenn ihr Körper gleich einer Reliquie mit Juwelen gepanzert und ihr Gesicht von diesem Schleier verhüllt waren? Es war ein Bildnis, dem sie zujubelten, wie die Ikone der Jungfrau, die bei Prozessionen an Feiertagen getragen wurde.
    Aber sie hatte Artor ihr Wort gegeben.
    »Sie kommt! Sie kommt«, rief die Menge. »Die Blumenbraut!«
    Steif wie ein Ritter in rostiger Rüstung erklomm Gwendivar den Karren, um dessen Geländer sich Primeln und Veilchen rankten und dessen Seiten Weinrosen schmückten. Als er durch die Straßen rollte, bestreuten die Menschen den Pfad mit all den Blüten des Monats Mai, die den Weg zwar aufhellten, den rauen Steinboden jedoch in keiner Weise dämpften. Obwohl Gwendivar sich am Geländer festhielt, geriet sie immer wieder ins Wanken, während der Karren vor sich hin ruckelte.
    Sie bogen um eine Ecke und gelangten auf den Platz vor der Kirche, einem bescheidenen, geweißelten Bauwerk, das sich neben den Überresten der kaiserlichen Bauten, die es immer noch umgaben, geradezu zwergenhaft ausnahm. Die Hügel des Sommerlandes schienen unendlich weit entfernt.
    Die Begleitgarde des Bräutigams hatte sich bereits neben dem Gebäude eingefunden, und der Bischof wartete vor der Kirchentür; seine weiße Kluft war genauso üppig geschmückt wie Gwendivars Kleid. Sogar Artor war in goldene Gewänder gehüllt, die im fahlen Sonnenlicht glitzerten. Wir sind alle Bildnisse, sagte sie sich, die nur dafür da sind, unsere Rollen bei diesem Ritual zu spielen. Aber welche Macht konnte Könige nach ihrem Gutdünken lenken? Das Volk vielleicht? Oder dessen Götter?
    Der Karren hielt an. Gwendivar ließ sich beim Aussteigen helfen, dann führte ihr Vater – der über das ganze Gesicht stolz lächelte, als wäre Gwendivar allein seine Erfindüng – sie zur Kirchentür. Eheschließungen wurden zwar von der Kirche gesegnet, zählten jedoch nicht zu ihren Sitten und Gebräuchen. Dennoch schien der Portikus der Kirche ein seltsamer Ort für die Zeremonie. Durch den Seidenschleier betrachtete sie Artor, der ebenso steif und unbehaglich wirkte, wie sie sich fühlte. Bischof Dubricius räusperte sich, um die Aufmerksamkeit der Menge zu erlangen.
    »In nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti – «
    Gwendivar spürte, wie ihr Herz wie das eines gefangenen Kaninchens raste, während das eintönige Latein sich vor ihr abspulte, ein Schwall von Worten, der sowohl Artor als auch sie hinfortspülte.
    Erst als der Klang verstummte, erhob sie sich. Jeder sah sie an, harrte ihrer Antwort. Konnte sie sich nun überhaupt noch weigern? Doch während sie sich verzweifelt Hilfe suchend umblickte, brach die Sonne durch die Wolken, und

Weitere Kostenlose Bücher