Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel
Hälfte des Landes Fürsten aus Dumnonia und Kernow herrschen. Es sind eure eigenen Gebiete und Verwandten, für die wir kämpfen werden! Der König erwartet, dass ihr großzügig Männer und Schiffe bereitstellt.«
Artor musterte Cador, der mit einem verbissenen Lächeln am gegenüberliegenden Ende des langen Tisches saß. Dem Nordvolk mochte es durchaus den Preis wert sein, dem wachsamen Auge des Königs eine Weile zu entkommen, wohingegen die Dumnonier alles andere als willens waren, die Unabhängigkeit aufzugeben, die sie jenseits des Meeres genossen. Doch diese Freiheit vor der königlichen Herrschaft war ein Luxus, den sie sich nicht länger leisten konnten.
Cador schüttelte den Kopf, klagte über schlechte Ernten und schwere Zeiten.
»Das Wetter war hier nicht schlechter als anderswo«, fuhr Artor ihm in die Rede. »Zudem habt Ihr nie unter den Sachsen gelitten. Sogar hier in Isca habt Ihr Menschen aus Demetia gefunden, um die Stadt wieder zu bevölkern. Ihr habt die Schiffe und Männer, sie zu steuern – Männer, die jeden Monat nach Armorica segeln. Und Ihr sollt sie zurück haben, sobald sie ein paar Überfahrten für mich gemacht haben.«
»Na schön, das erscheint mir durchaus angemessen«, gab Cador klein bei und grinste, wobei er Zähne entblößte, die auf Grund des Alters in schlechtem Zustand waren. Er hatte sich nie richtig von der Verletzung erholt, die er im Zuge des letzten Sachsenaufstandes erlitten hatte, und seine Heere wurden mittlerweile von seinen Söhnen ins Feld geführt.
»Ich verlange nicht mehr als eine Kompanie Männer von Euch«, fuhr der König fort, »und Euren Sohn Constantin, sie anzuführen. Gemeinsam werden wir Euren Vettern in Armorica weitere Truppen abringen.«
Cador beantwortete den Vorschlag mit einer finsteren Miene, Constantin hingegen lächelte. Er war noch nicht alt genug, um am Mons Badonicus mitgekämpft zu haben, doch er war mit Geschichten über die Helden der Sachsenkriege aufgewachsen. Artor vermutete, dass er es zutiefst bedauerte, nie Gelegenheit gehabt zu haben, eigenen Ruhm zu erlangen. Vor langer Zeit hatte Cador als Anwärter auf die Krone gegolten, und Constantin, der demselben Blut wie Uther entstammte, war ein möglicher Erbe. Er sollte ruhig mitkommen und in diesem Krieg beweisen, aus welchem Holz er geschnitzt war.
»Und von der Kirche«, sprach Artor weiter, »verlange ich nur ein Zehntel des Korns.«
Der Abt von Sankt Germanus, der gleichzeitig Bischof von Dumnonia war, richtete sich jäh auf.
»Die Menschen haben die Kirche mit Zehntabgaben zu bedenken, nicht die Kirche die Menschen!«
Becher und Teller erbebten, als Artors Faust auf den Tisch niedersauste, da ihn letztlich die Geduld verließ; alle richteten sich auf und lauschten.
»Ist Euch lieber, dass Eure Brüder in Gallien stattdessen mit Blut bezahlen? Der Frankenkönig mag sich wohl als Christ bezeichnen, doch seine Krieger zollen Kirchenmännern wenig Achtung. Den ermordeten Mönchen sind zwar die Märtyrerkronen gewiss, aber davon haben die Seelen, um die sie sich kümmern, herzlich wenig!«
In der nachfolgenden Stille spürte Artor eine Bewegung unter dem Tisch. Er dachte, es wäre ein Hund, und er hatte schon mit dem Fuß ausgeholt, um zuzutreten, als er ein Kichern hörte. Mit gerunzelter Stirn schob er den Stuhl zurück, griff hinab und zog am Kittelkragen den kleinen, dunkelhaarigen Knaben heraus, der sich unter dem Tisch versteckt hatte.
»Und wessen junger Hund bist du?« Artor versuchte, seiner Stimme einen sanften Tonfall zu verleihen, als er sich den Knaben auf die Knie setzte.
Die Farbe, die aus dem Antlitz des Kindes gewichen war, kehrte wieder zurück. »Marc’h… Constantins Sohn…«
Lächelnd schüttelte der König den Kopf. »Ich glaube eher, du bist Cunomorus, ein großer Jagdhund, der darauf lauert, die Knochen zu stehlen! Da ist einer für dich, an dem noch Fleisch ist.« Damit ergriff er von seinem Teller ein Schweinerippchen, drückte es in die klebrige Hand des Knaben und stellte ihn auf den Boden. »Lauf los und kau daran!«
Abermals errötete das Kind ob des Gelächters der Männer und huschte davon.
»Herr, es tut mir leid.« Constantins Züge waren beinahe ebenso rot wie die seines Sohnes.
»Er ist ein prächtiger Bursche, auf den Ihr stolz sein könnt«, entgegnete Artor mit einem Anflug von Bedauern, da er die Kindheit seines eigenen Sohnes versäumt hatte. »Erfreut Euch an ihm, solange Ihr könnt.« Vielleicht würde ihm selbst ja Zeit
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