Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel

Titel: Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
Vom Netzwerk:
bleiben, Medrod in Venta zu besuchen und sich von ihm zu verabschieden, während die Armee sich bei Portus Adurni versammelte.
    Mit nunmehr wieder ernster Miene blickte Artor den Tisch hinab. Die Dumnonier seufzten und machten sich darauf gefasst, mit dem Streitgespräch fortzufahren. Wenn sie im Kampf genauso wacker fochten wie am Ratstisch, dachte Artor finster, würde dieser Feldzug gewiss gut verlaufen.
     
    Medrod schlenderte mit seinem Vater das Ufer des Icene entlang, an dem längst vergessene Römer Apfelbäume gepflanzt hatten. Da sie seit langem nicht mehr gepflegt wurden, waren sie wild wuchernd emporgewachsen; der Boden dazwischen war übersät mit Ästen, die der Sturm gepflückt hatte. Doch die Bäume hatten überlebt, und an ihren Zweigen begannen grüne Äpfel zu reifen.
    Ich bin wie diese Äpfel, dachte Medrod. Wild und unbehütet wachse ich weiter, und keine Macht kann mich davon abhalten, mein Schicksal zu erfüllen.
    Unmittelbar jenseits des Hügels lagerten dreitausend Mann in Lederzelten; die Weiden dahinter waren voll von Pferden, doch hier in dem alten Obstgarten war es, als befänden sie sich in einem Land, das verwaist dalag, seit die letzten Legionen über das Meer gesegelt waren. Für Medrod barg Britannien nach wie vor eine Fülle von Wundern. Wieso wollte der König fortgehen?
    Erinnerung umwölkte Artors Augen, als er über das Sumpfland blickte.
    »Als ich ein weniger jünger war als du, habe ich hier eine Schlacht gefochten…«, erzählte der König. »Der Mensch, den ich am meisten auf der Welt liebte, wurde dabei getötet, und ich nahm Oesc, der später mein Freund wurde, als Geisel.«
    »Und nun bin ich eine Geisel für Ceredics Sohn«, stellte Medrod fest. »Wie die Geschichte sich doch wiederholt!«
    Artor bedachte ihn mit einem flüchtigen Blick, und Medrod begriff, dass es ihm nicht gänzlich gelungen war, die Bitterkeit aus seinem Tonfall zu verbannen. Seit ihrem letzten Treffen war er gewachsen, und er musste nicht mehr aufblicken, um seinem Vater in die Augen zu schauen.
    »Behandeln sie dich nicht gut?« In der Erwiderung des Königs schwang eine Anspannung mit, die Medrod zum Lächeln brachte.
    Kurz spielte er mit dem Gedanken, Artor vorzulügen, Cynric sei harsch mit ihm umgesprungen, nur um zu sehen, wie sein Vater sich verhalten würde. Doch ob Artor ihm glaubte oder nicht, die Folgen wären seinen Zielen in keiner Weise dienlich. Medrod schüttelte den Kopf, hob einen kleinen, grünen Apfel auf, der vorzeitig vom Baum gefallen war, und ließ ihn von einer Hand in die andere rollen.
    »Oh, sie sind recht nett zu mir. Sie erinnern mich sogar an meine Stammesbrüder im Norden. Bestimmt passe ich hierher besser als zu den kultivierten Großgrundbesitzern Demetias. Wenn überhaupt, dann kann ich mich nur darüber beklagen. Ich habe die Feste meiner Mutter verlassen, weil ich die Welt meines Vaters kennen lernen wollte.«
    »Möchtest du lieber, dass ich dich nach Londinium schicke?«, fragte Artor mit gerunzelter Stirn. »Ich schätze, ich könnte es schon einrichten, dass du dort Unterricht erhältst. Oder vielleicht in einem der Klöster…«
    »Vater!« Medrod versuchte erst gar nicht, den höhnischen Tonfall aus seinem Lachen zu verdrängen. »Du kannst doch unmöglich glauben, die braven Mönche würden mich willkommen heißen! Ich will auch gar keinen Lehrmeister! Wenn du möchtest, dass ich die Traditionen der Römer erlerne, dann nimm mich mit nach Gallien! Du hast es doch selbst gerade gesagt – in meinem Alter hast du Schlachten gefochten. Willst du etwa, dass die Sachsen deinem Sohn die Kriegskunst beibringen?«
    Er beobachtete, wie Wut im Antlitz des Königs aufstieg und wieder zurückwich – oder war es Scham? Es ist ihm unangenehm, wenn ich ihn daran erinnere, fiel Medrod auf, aber er ist zu aufrichtig, um es zu leugnen. Nach einigen Monaten in der Verbannung war ihm der Gedanke gekommen, Artor könnte ihr Verwandtschaftsverhältnis ohne weiteres bestreiten und ihn zu einem irregeleiteten Kind abstempeln. Nun erkannte er, dass es dem Wesen des Königs widersprach, so etwas zu tun – was gut zu wissen war.
    »Ich wünschte, sie würden sie ihren eigenen Sprösslingen nicht beibringen!«, murmelte er zur Antwort. »Aber du musst so viel wie möglich von ihnen lernen. Zwar wächst du zusehends heran, dennoch wärst du in Gefahr, wenn du mit mir kommen würdest. In Gallien besitzen die Priester großen Einfluss. Es wird schon schwer genug werden, sie zu

Weitere Kostenlose Bücher