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Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel

Titel: Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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schauderte, spürte, wie ihr Blut aufwallte, und der Griff seiner Hand verstärkte sich, zog sie näher. Nun forderten seine Lippen ein, was sie zuvor nur erfleht hatten. Gwendivar versteifte sich, und er ließ sie los.
    »Ich bin die Gemahlin deines Vaters…«, flüsterte sie.
    »Aber nicht meine Mutter«, entgegnete er mit belegter Stimme. »Das ist wenigstens keine Blutschande.«
    Sie richtete sich auf und holte tief Luft, um ihr rasendes Herz zu beruhigen. »Bald kehrt Artor zurück. Ich werde ihm die Treue halten.«
    »Aber was, wenn er Euch die Treue bricht? Was wenn er nie zurückkehrt?« Medrod sah sie eindringlich an.
    »Er wird zurückkehren!«, rief sie verzweifelt. »Hilf mir, Medrod, ich brauche dich. Aber zwischen uns kann es nicht mehr geben.«
    Medrod lehnte sich auf die Hacken zurück. Seine Miene entspannte sich und nahm den üblichen, spöttischen Ausdruck an. »Fürstin, ich werde es nicht vergessen…«
    Die Königin wandte sich wieder ihren Papieren zu, obwohl ihre Aufmerksamkeit anderswo war; sie wusste, dass auch sie nicht vergessen würde.
     
    Als die ersten frostigen Winde des Herbstes das Laub von den Bäumen zupften und über die Stoppelfelder strichen, begaben sich die Fürsten Britanniens auf die Jagd. In den Jahren von Artors Abwesenheit hatte Gwendivar es sich zum Brauch gemacht, in der Zeit zwischen Ernte und Mittwinter durch das Königreich zu reisen, um ihrem Haushalt Bewegung zu verschaffen, Bekanntschaften mit den Häuptlingen aufzufrischen und noch ausstehende Steuern einzutreiben. Dieses Jahr war es Dumnonia, dessen Beitrag noch fehlte, und so begab es sich, dass der königliche Haushalt sich zur Herbstwende in Caellwic befand, einer alten Hügelfeste südlich von Dun Tageil, die Constantin als Jagdunterkunft diente.
     
    Die Hirsche waren bereits in der Brunft. Ihr Röhren hallte durch die Wälder. Die Menschen hielten ob der rauen Laute inne und lauschten, und Medrod erkannte die gleiche Erregung, die in seinen Adern wallte, im Glitzern der Augen anderer Männer wieder.
    »Geht ruhig«, sagte Constantin, den ein verstauchtes Knie vom Reiten abhielt. »Mir ist klar, dass niemand von euch die Geduld aufbringen wird, zu Rate zu sitzen, ehe ihr nicht eure Ertüchtigung genossen hat. Ich wünschte nur, ich könnte mitkommen!«
    Früh am nächsten Morgen brachen sie auf, geführt von einem kleinen, dunkelhaarigen Burschen namens Cuby, der Medrod an das Verborgene Volk der nördlichen Hügel erinnerte. Einige der Reiter hatten Hunde mitgebracht, schlanke, graue Jagdhunde, die an den Leinen zerrten, und Spürhunde mit krausem Fell, die einer Blutspur bis Annwyn zu folgen vermochten.
    »Einen Hirsch muss man jetzt erlegen, solange er noch Fleisch auf den Knochen hat.« Der kleinwüchsige Mann lachte leise. »Durch Brunft und Kampf magert er völlig ab. Um diese Jahreszeit denken die Viecher mit ihren Eiern!«
    »So wie du, Ebi«, bemerkte Martinus von Viroconium zu einem seiner Freunde.
    Der angesprochene junge Mann wurde rot. Er stand in dem Ruf, was Frauen betraf, einzig Gwalchmai nachzustehen, und seit dessen Hochzeit mochte er ihn durchaus übertroffen haben.
    »Warum auch nicht?«, warf jemand mit leiserer Stimme ein. »Wir müssen unsere Männlichkeit doch im Bett beweisen, wenn wir sie schon nicht im Krieg beweisen dürfen!«
    Schweigend lächelte Medrod, der dem Tonfall mehr Aufmerksamkeit schenkte als den Worten. Die Männer, die mit ihm aufgebrochen waren, gehörten überwiegend zu seiner Generation – Söhne von Häuptlingen oder von Männern, die mit Artor übers Meer gezogen waren. Er beobachtete, wie sie ritten und ihre Waffen handhabten, überlegte, wer von ihnen willens sein mochte, sich der Wache anzuschließen, mit der er Camelot bemannt hatte.
    Sie kamen aus dem hoch gelegenen Heideland in ein bewaldetes Tal, und ihr Führer hob eine Hand, um ihnen Ruhe zu gebieten. Medrod lehnte sich zurück und presste die Knie in die Seiten seines Reittieres, als es die Böschung hinabrutschte. Irgendwo vor sich hörte er das Gurgeln eines Baches. Schnaubend riss sein Pony den Kopf hoch, und er zügelte es heftig, als ein halbes Dutzend dunkelhaariger Köpfe aus den Haselsträuchern auftauchte. Leise tuschelnd, sprachen die Männer mit Cuby, wonach der Führer sich grinsend zu den Reitern umdrehte.
    »Sie sagen, auf einer Grasniederung flussabwärts ist feines Wild. Reitet vorsichtig, mit gespannten Bögen, und sie treiben es für euch heraus.«
    Einer der Hunde schlug an und

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