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Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel

Titel: Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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gewesen, aber der Hirsch war stark, und als ihn der Blutverlust allmählich langsamer werden ließ, hatte er bereits das halbe Tal hinter sich gelassen.
    Medrod hörte das ungestüme Gebell der Hunde und peitschte das Pony mit den Zügeln voran. Vor sich sah er eine durch die Bäume preschende Gestalt, abwechselnd rot und braun, wenn sie Sonnenlicht und Schatten querte. Fünf Hunde hatten den Hirsch vor einem Felsvorsprung gestellt. Als Medrod innehielt, hörte er hinter sich Hufgeklapper und erblickte Martinus auf einem Pferd mit schäumenden Nüstern.
    »Da drüben!«, brüllte er. »Sorg dafür, dass die Hunde ihre Arbeit tun!«
    Martinus nickte und trieb sein Pferd weiter, blies das Halali auf dem Horn und ermutigte die Hunde mit Schreien und Rufen. Medrod war mittlerweile abgestiegen und hatte das eigene Ross angebunden. Von der Seite bahnte er sich einen Weg zu dem Hirsch und zog das kurze Jagdschwert aus der Scheide. Er hörte, wie weitere Reiter eintrafen, doch niemand würde ihm diese Beute streitig machen. Leise umging er die umgestürzten Steine und berechnete den Angriff.
    Der Hirsch, der sich im Kreise drehte, um sich gegen die umherspringenden Hunde zu wehren, wusste nicht um die drohende Gefahr. Ein Hund blutete bereits aus einer aufgerissenen Flanke, und als Medrod näher kroch, senkte der Hirsch sein Haupt, nahm einen weiteren Hund an und wirbelte ihn durch die Luft. Medrod preschte vor, durchschnitt die Sehne am Hinterbein des Hirschen und sprang zurück, als das Tier auf drei Beinen auf ihn zuwankte.
    Für den Bruchteil einer Sekunde begegnete er dem Blick der weiß geränderten Augen, der immer noch wild und verächtlich wirkte. Dann senkte das Geweih sich zu einem tödlichen Hieb.
    Medrod hechtete zur Seite und zielte auf die Stelle hinter der Schulter, an der ein gezielter Stich nach oben ins Herz dringen konnte. Doch der Hirsch war schneller. Zwölf Hornklingen rasten auf ihn zu. Medrod ließ das Schwert fallen und warf sich zu Boden, rutschte unter dem Geweih hindurch, dann sprang er auf, ergriff den Hals des Tieres und riss die Beine hoch, um den austretenden Hufen auszuweichen.
    Der aus dem Gleichgewicht gebrachte Hirsch stürzte. Medrod, der unter ihm zu liegen kam, wand einen Arm frei, um den Dolch zu ziehen und stach zu. In einer verzweifelten Umarmung presste sein Leib sich gegen den des Tieres, das Gesicht gegen das stinkende Fell gedrückt, bis den Hirsch ein letzter Krampf durchzuckte und er besiegt still lag.
    »Herr! Fürst Medrod!«
    Halb benommen hörte er die Rufe. Mühevoll setzte er sich auf, als die Männer ihn von dem toten Leib befreiten. Er rappelte sich auf die Beine und stellte erstaunt fest, dass nichts gebrochen war, obwohl die geschundenen Glieder bereits heftig zu schmerzen begannen. Der Hals des Hirschen glich einem blutigen Schlachtfeld, das Licht der Augen war bereits erloschen. Medrod trat gegen den Leib des Tieres und hob die bis zu den Ellbogen roten Arme.
    »Der alte König ist tot!«, rief er; die Stimme klang schrill ob der überstandenen Gefahr. »Der Sieg ist mein!«
    In den Augen der Männer rings um ihn sah er Erleichterung, Verwunderung und eine wilde Erregung, die der seinen entsprach. Sie begannen, seinen Namen zu schreien, während Hörner den Sieg verkündeten. In jenem Augenblick verschmolzen der Wald, das tote Tier und die brüllenden Jäger zu einer Einheit. Medrod musterte sie und spürte eine plötzliche, innere Bindung, als hätte ihn der Geist des Hirschen beseelt. Sie sind mein!, dachte er. Dieses Land ist mein! Ich fordere es als Eroberer!
     
    Bitter wie eine Erinnerung trug der Wind die Klänge der Hörner aus dem dicht bewaldeten Tal zu der kahlen, hoch gelegenen Heide, von der aus man auf das Meer hinausblickte. Merlin hielt inne, um zu lauschen, den Thymianzweig vergessen in seiner Hand haltend.
    »Medrod hat seine Beute erlegt«, sagte Ninive. »Heute Abend werden wir Wild auf dem Tisch haben.«
    »Ich wünschte, das wäre alles, was Medrod mitbringt.« Die Worte kamen, ohne dass Merlin darüber nachgedacht hätte.
    »Was soll das heißen?«, wollte das Mädchen wissen, dessen helles Haar in der Brise wallte.
    Merlin hob die Schultern; er wusste weder, was er fürchtete, noch, woher das Wissen stammte.
    Ninive kniff die Augen zusammen und deutete auf die Pflanze in seiner Hand. »Ihr habt gesagt, Ihr würdet mich unterrichten. Die Überlieferungen der Kräuter und des Heilens könnte ich auch auf der Insel der Maiden lernen. Ihr aber

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