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Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel

Titel: Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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dass der Quell der Herrschaft Britanniens zu mir zurückgekehrt ist.«
    Sie kuschelte sich an ihn. Die Wärme seiner Berührung erfüllte sie immer noch mit Erstaunen. Inzwischen war es längst Juni geworden, und das Wetter war klar und freundlich; die lange Dämmerung des Nordens breitete einen amethystfarbenen Schleier über die Hügel aus. In der Stille des Abends war jeglicher Laut weithin vernehmbar.
    »Was ist das?«, fragte sie, als ein Geräusch gleich fernem Donner den gewöhnlichen Lärm des Lagers unten zu übertönen begann.
    Sie spürte, wie Artor zunehmend angespannt wurde. Er hob die Hand, um die Augen gegen die im Westen versinkende Sonne abzuschirmen, starrte auf den Militärweg, wo sich etwas bewegte, das Staub aufwirbelte. Gwendivar wandte sich um, um zu ihm aufzuschauen. Schon verdrängte der gestrenge Blick des Befehlshabers die Zärtlichkeit in seinen Augen.
    »Ein Bote«, erklärte er düster, »der zu überstürzt reitet, um gute Neuigkeiten zu bringen.«
    Medrod hatte Luguvalium eingenommen. Die Häuptlinge der Selgovae, denen die Steuern immer noch widerstrebten, die Artor ihnen vor einem Dutzend Jahren auferlegt hatte, hatten ihm bei einem raschen Vorstoß nach Süden beigestanden, und Morcant Builc von Dun Breatann, der seines Vaters Pakte missachtete, hatte sich ihnen angeschlossen. Der Haupttross der Pikten war noch nicht aufgetaucht, aber dessen wahrscheinlichste Route würde ostwärts durch die Länder der Votadini führen. Artor war sich der Gefahr bewusst gewesen und hatte Cunobelinus befohlen zu bleiben, wo er war, um Dun Eidyn zu verteidigen. Aber hielte Medrod ein Ende des Walls und die Pikten das andere, wäre die Streitmacht des Königs in der Mitte gefangen.
    Die augenscheinlichste Lösung bestand darin, Medrod zuerst anzugreifen und ihn zu vernichten. Binnen zweier anstrengender Tagesmärsche führte Artor seine Männer nach Luguvalium und bereitete sich gerade darauf vor, die Feste anzugreifen, als Gwendivar, die langsamer folgte, zu ihm stieß.
     
    Im Wind lag ein schwacher Geruch nach etwas Brennendem, durch die Luft hallte das Krächzen von Krähen. Gwendivar schaute zu ihrem Gemahl auf und suchte nach den rechten Worten, um sich von ihm zu verabschieden.
    Ihr ganzes Leben lang hatte sie Geschichten über Artors Schlachten gehört, aber sie hatte ihn noch nie für den Krieg gerüstet gesehen. Die vergoldeten Schuppen seines Kettenhemdes schimmerten im Sonnenlicht, sein Umhang leuchtete in kaiserlichem Purpur. Das große, schwarze Ross stampfte mit den Hufen und schnaubte, als er es vor der kleinen Kirche am Rand der Stadt zügelte, wohin er sie mitgenommen hatte.
    »Bleib hier, Liebste«, forderte er sie auf und beugte sich hinab, um ihr Haar zu berühren. »Wenn wir sie hier vernichten, komme ich dich holen, aber wenn sie fliehen, verfolgen wir sie, und dann ist es hinter unseren Reihen sicherer für dich.« Sein Schild war neu, aber das Geschirr des Pferdes, Artors lederne Beinschoner und der schwere Wollkittel wirkten arg verschlissen.
    »Aber wie werde ich wissen – «
    »Falls wir gewinnen, bin ich sicher, dass es dir jemand mitteilen wird.« Er lachte, wobei seine Zähne im kurz gestutzten Bart aufblitzten. Silbrige Strähnen durchzogen ihn, doch sein braunes Haar wuchs nach wie vor dicht. Gwendivar ballte die Hände zu Fäusten, während sie das Verlangen unterdrückte, die Finger abermals in den vollen Locken zu vergraben.
    »Und falls wir verlieren – « Seine Züge wurden ernst. »Dann musst du dich verstecken und dir irgendwie einen Weg nach Süden suchen. Lass mich nicht im Stich, meine Königin, denn wenn ich falle, kannst allein du die Herrschaft weitergeben.«
    »Sag so etwas nicht!«, rief sie aus. »Ich will dich jetzt nicht verlieren!«
    »Gwendivar… ich werde immer bei dir sein…«
    Hinter ihm ertönte ein Horn; der König richtete sich auf und setzte den Helm auf, den er unter den Arm geklemmt hatte. Da die Nasen- und Seitenteile den Großteil seines Antlitzes verdeckten, wirkte er plötzlich wie ein Fremder. Der Hengst bäumte sich auf, und Artor ließ ihn wenden. Die Männer seiner Leibgarde reihten sich hinter ihm ein, und dann waren sie fort.
    Die Königin starrte ihnen nach; erst als der Widerhall der Hufe auf den Kopfsteinen verhallt war, gestattete sie den Tränen zu fließen.
    Jenen ganzen, endlosen Tag lang kniete sie auf den abgewetzten Holzdielen des Kirchenbodens und betete, obwohl sie kaum wusste, an welchen Gott sie ihre Gebete

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