Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel

Titel: Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
Vom Netzwerk:
begeben«, erwiderte Goriat grinsend.
    Vortipor schüttelte den Kopf. »Nicht wenn die Pikten es schaffen, ihm Entsatz zu leisten. Das ist die Gefahr, die uns droht. Er kann uns nicht entkommen, folglich hofft er, Zeit zu schinden – «
    »- bis er uns zahlenmäßig überlegen ist. Ich verstehe.« Mit zusammengekniffenen Augen spähte Goriat zu der Festung empor. »Die alten Römer waren gute Baumeister. Dass diese verlotterte Bande Camboglanna besetzt, tut mir in der Seele weh! Ein Angriff hügelaufwärts von dieser Seite wäre schwierig, und ich vermute, auf der gegenüberliegenden Seite ist es auch nicht besser.«
    Peredur zuckte mit den Schultern. »Der Wall reicht an beiden Seiten bis an die Feste, und es gibt nur ein Tor, das außerdem noch gut erhalten ist.«
    Goriat wandte sich an Artor. »Wir müssen ihn irgendwie herauslocken, Herr.«
    Artors Blick ruhte immer noch auf dem Fluss – der Schimmer des letzten Sonnenlichts auf dem Wasser erinnerte ihn an Gwendivars Haar. Ich kämpfe schon zu lange, dachte er seufzend. Ich möchte mit ihr irgendwohin, wo man noch nie von Krieg gehört hat – vielleicht auf die Gesegneten Inseln. Doch er hatte noch diese eine Schlacht zu gewinnen. Wenn ihm das gelang, würde es vielleicht endlich vorbei sein.
    »Ich werde eine Botschaft senden. Medrod ist nun schon zweimal vor mir weggerannt. Wenn Gewalt ihn nicht zum Kampf bewegen kann, dann wollen wir mal sehen, ob Scham es vermag.«
    Sie schauten hinauf zu der Straße, die den überwucherten Graben vor den Mauern kreuzte. Dunkle Gestalten mit Bögen in den Händen bewegten sich auf dem Steig darüber.
    »Ich überbringe sie«, erbot Goriat sich seufzend. »Wir waren einst Brüder. Vielleicht hält ihn das ab, den Bogenschützen dort droben zu befehlen, mich zu erschießen…«
    Über Camboglanna kreisten zwei Raben, dann schwebten sie über den Fluss und ließen sich krächzend in den Zweigen eines vertrockneten Schlehdornstrauchs nieder.
     
    Wie zersprengte Schatten schwirrten Rabenschwingen durch Merlins Vision. Mit rasselndem Atem klammerte er sich an den Sattelknauf und zwang die sich drehende Welt zur Ruhe. Über dem Tosen in seinem Kopf hörte er, wie eine Stimme ihm etwas zurief »Herr, ich habe die Quelle gefunden!«
    Er schlug die Augen auf und erblickte Ninive, einen festen Punkt, um den die Welt wieder Gestalt und Bedeutung annahm. Die Raben befanden sich in Camboglanna. Hier gab es nur den unregelmäßigen Flügelschlag von Zaunkönig und Meise und das melodische Gurgeln eines winzigen Baches.
    Vor ihm wogten die zarten Zweige junger Ebereschensträuche in der Brise, deren Konturen von der untergehenden Sonne in goldenes Licht getaucht waren. Darunter wucherte ein Schlehdornbusch, an dessen Zweigen noch einige welkende, weiße Blüten hingen. Dahinter erblickte er eine mächtige Eiche.
    »Das Wasser entspringt unterhalb des Felsvorsprungs gleich hinter den Bäumen.« Ninive hüpfte tänzelnd über das Gewirr aus Laub und moosbewachsenen Steinen. Durch das Dickicht der Äste war der Hang des Hügels zu erkennen.
    »Das ist der Ort… der Ursprung des Cam«, murmelte er und nickte, als er jede Einzelheit des Bildes erkannte, das ihn in seinen Träumen heimgesucht hatte. »Und der Tag – sind wir zu spät gekommen? Sag, welchen Tag haben wir?«
    »Auf Grund der Berechnungen, die Ihr mir zu Beginn dieser Reise gegeben habt, ist dies die kürzeste Nacht des Jahres«, antwortete sie.
    Mit einem langen Seufzer lehnte er sich zurück. »Mittsommerabend. Morgen werden sie am Fluss kämpfen.«
    »Könnt Ihr helfen?«, erkundigte sich das Mädchen. »Wird das Wasser Eure Macht zu Artor befördern?«
    »Kann man das Schicksal beeinflussen?«, brummte er.
    »Wir werden sehen. Hier habe ich zumindest die Möglichkeit, es zu versuchen!«
    Er glitt vom Rücken des Ponys und bahnte sich, auf Ninive und den Speer gestützt, einen Weg zu der Eiche, deren knorrige Wurzeln einen Sitzplatz oberhalb des Baches bildeten. Darauf ließ er sich nieder, sandte die Sinne aus, um jeden Teil des Waldes rings um sich zu erfassen, und wartete, so wie in Camboglanna zwei Armeen der Morgendämmerung des längsten Tages harrten.
     
    Das erste Sonnenlicht glitzerte auf dem Fluss und den Helmen der Männer, die ihn säumten – Artors Armee in voller Gefechtsaufstellung. Medrod konnte sie klar und deutlich sehen. Ebenso seine Männer. Sie sprachen leise über den verfluchten Brief. Dachten sie etwa, er könnte sie nicht hören?
    Er hatte das

Weitere Kostenlose Bücher