Brockmann Suzanne
Sie verdrehte die Augen. „Ich dachte, wenigstens das hätten wir gestern Abend schon geklärt.“
Gestern Abend. Als ein paar äußerst leidenschaftliche Küsse beinahe zum Sex auf offener Straße geführt hätten, in einer Seitengasse am Harvard Square.
Hastig wechselte Bobby das Thema. „Ich habe Kaffee und Muffins besorgt. Hast du ein bisschen Zeit? Können wir uns hinsetzen und miteinander reden?“
Colleen beobachtete ihn, als er sich äußerst vorsichtig wieder ins Gras setzte. Warum war ihr das am Vortag nicht aufgefallen? Sie hatte nur an sich gedacht. „Ja, habe ich. Gut. Reden wir miteinander. Am besten fängst du damit an, wie viele Kugeln du abbekommen hast und wo.“
Er warf ihr einen Seitenblick zu, als sie sich neben ihn ins Gras setzte. Leichte Belustigung blitzte in seinen dunklen Augen. „Typisch Wes! Er muss immer gleich übertreiben. Ich habe eine Kugel in den Oberschenkel nahe der Hüfte bekommen. Die Wunde hat ziemlich geblutet. Das ist gut verheilt und bereitet mir keine Probleme mehr.“ Er schob ein Bein seiner Shorts hoch und ließ sie einen Blick auf seinen tief gebräunten, muskelbepackten Oberschenkel werfen. Ziemlich weit oben befand sich eine frische rosa Narbe. Das musste höllisch wehgetan haben. Außerdem saßen dort Venen oder Arterien, das wusste sie nicht genau – nur, dass man leicht verbluten konnte, wenn eine solche Ader getroffen wurde.
Wes hatte kein bisschen übertrieben. Colleen stockte der Atem, während sie regungslos auf die Narbe starrte. Bobby hätte tot sein können.
„Was mir Probleme bereitet, ist meine Schulter“, fuhr Bobby fort und schob den Stoff wieder zurück. „Ich kann von Glück sagen, dass die Knochen alle heil geblieben sind, aber es schmerzt noch ziemlich heftig. Im Moment ist auch die Beweglichkeit eingeschränkt, und das nervt. Ich kann meinen Arm nicht höher heben als so.“
Er demonstrierte, was er meinte, und Colleen begriff, dass sein loser Pferdeschwanz einen praktischen Grund hatte: Im Moment konnte er sich gar keinen Zopf flechten.
„Ich soll es vorsichtig angehen lassen“, erzählte Bobby weiter. „Du weißt schon … die Schulter noch mindestens eine Woche schonen.“
Er reichte ihr einen Kaffeebecher und hielt ihr eine offene Tüte mit etwa einem Dutzend großer Muffins hin. Sie schüttelte den Kopf. Der Appetit war ihr vergangen.
„Tust du mir einen Gefallen?“, bat sie. „Wenn Wes das nächste Mal etwas abbekommt, selbst wenn es nur eine Kleinigkeit ist, rufst du mich bitte an und informierst mich? Bitte? Wenn du es nicht tust, mache ich mir permanent Sorgen.“
Bobby schüttelte den Kopf. „Colleen …“
„Komm mir nicht mit Colleen “, fiel sie ihm ins Wort. „Versprich es einfach!“
Er schaute sie an. Seufzte. „Ich verspreche es, aber …“
„Kein Aber!“
Erneut setzte er zu einer Entgegnung an, überlegte es sich dann aber anders und schüttelte den Kopf. Er kannte die Skellys gut genug; er wusste, dass jeder weitere Einwand zwecklos war. Also nippte er an seinem Kaffee und ließ den Blick über den Fluss schweifen.
„Wie oft hast du Wes schon das Leben gerettet?“, fragte Colleen. Plötzlich musste sie das einfach wissen.
„Keine Ahnung. Irgendwo zwischen zwei und drei Millionen habe ich aufgehört zu zählen.“ Die Lachfältchen um seine Augen vertieften sich, als er sie anlächelte.
„Sehr witzig.“
„Das ist doch nichts Besonderes“, sagte er.
„Für mich schon“, gab sie zurück. „Und ich möchte wetten, dass es auch für meinen Bruder etwas Besonderes ist.“
„Für ihn nur aus einem einzigen Grund: Weil ich gewinne.“
Zunächst verstand sie nicht, was er damit sagen wollte, aber dann ging ihr ein Licht auf. „Ihr schreibt euch den Spielstand auf?“, fragte sie ungläubig. „Ihr betrachtet das als eine Art Wettbewerb?“
Belustigung funkelte in seinen Augen. „Zwölf zu fünfeinhalb. Zu meinen Gunsten.“
„Zu fünf einhalb ?“, hakte sie nach.
„Er bekam einen halben Punkt, weil er mich diesmal rechtzeitig zurück zum Boot gebracht hat“, erklärte Bobby. „Einen ganzen Punkt hat er nicht verdient. Schließlich war es teilweise seine Schuld, dass ich überhaupt seine Hilfe brauchte.“ Er lachte sie aus. Nicht etwa lauthals, aber Colleen wusste, dass er sich innerlich vor Lachen schüttelte.
„Weißt du“, brachte sie mit völlig ernster Miene hervor, „nachdem du jemandes Leben so oft gerettet hast, ist es doch nur fair, dir wilden Sex mit seiner
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