Brockmann Suzanne
Schwester zu erlauben – ohne Schuldgefühle.“
Bobby verschluckte sich an seinem Kaffee. Geschah ihm ganz recht.
„Also, was hast du heute Abend vor?“, fragte Colleen scheinheilig.
Er hustete heftig, um den Kaffee wieder aus den Bronchien zu bekommen.
„Sei lieb zu ihm“ , las sie ihm aus der E-Mail ihres Bruders vor. „Da, schau, da steht es schwarz auf weiß!“
„ So hat Wes das aber nicht gemeint!“
„Woher willst du das wissen?“
„Ich weiß es eben.“
„Alles in Ordnung mit dir?“, fragte sie.
Seine Augen tränten, und er hatte immer noch Mühe,
Luft zu bekommen. „Du bringst mich um.“
„Gut. Ich muss jetzt gehen, also …“ Sie machte sich bereit aufzustehen.
„Warte!“ Er hustete erneut und zog sie neben sich ins Gras zurück. „Bitte.“ Er holte tief Luft, und obwohl es zu keinem neuen Hustenanfall kam, musste er sich mehrfach räuspern. „Ich muss unbedingt mit dir über das reden, was letzte Nacht geschehen ist.“
„Du meinst sicher über das, was letzte Nacht nicht geschehen ist?“ Sie tat so, als wäre sie angelegentlich mit dem Deckel ihres Kaffeebechers beschäftigt.
Was war letzte Nacht geschehen? Sie hatte – auf die harte Tour – herausgefunden, dass Bobby Taylor sie nicht wollte. Jedenfalls nicht so sehr, dass er nahm, was sie ihm darbot – nicht so sehr, wie sie ihn begehrte. Möglicherweise hatte er die Angst vor der Missbilligung ihres Bruders nur vorgeschoben, um nicht mit zu ihr nach Hause kommen zu müssen. Es hatte ja auch funktioniert. Sehr gut sogar.
Heute Morgen konnte sie nur so tun, als wäre ihr das egal. Sie konnte schnippisch tun und flapsig daherreden, aber Tatsache war: Sie fühlte sich beschämt und hatte Angst vor dem, was er ihr möglicherweise sagen wollte.
Andererseits war jetzt auch die allerbeste Gelegenheit, ihr zu gestehen, dass er unsterblich in sie verliebt war. Sie hielt es schon für möglich, dass er ihr zögernd beichtete, er habe sich schon vor Jahren in sie verliebt, sie die ganze Zeit aus der Ferne angebetet und könne es jetzt, nachdem sie sich endlich geküsst hatten, keine Sekunde mehr ohne sie aushalten.
Bobby räusperte sich noch einmal. „Colleen, ich, ähm … ich möchte, dass wir Freunde bleiben.“
Oder er konnte das sagen. Von Freundschaft faseln. Derartiges hatte sie schon so oft gehört. Mindestens sieben Mal würde noch das Wort Freundschaft fallen. Er würde mindestens zwei Mal von einem Fehler reden und ebenso oft sagen, dass es ihm leidtäte, ganz ehrlich. Und dann würde er sagen, er hoffe, die Ereignisse des letzten Abends änderten nichts zwischen ihnen, und ihre Freundschaft sei ihm äußerst wichtig.
„Ich habe dich wirklich sehr, sehr gern“, sagte er. „Aber ich muss ehrlich sein: Was letzte Nacht geschehen ist, war – nun ja –, das war ein Fehler.“
Ja, sie hatte das definitiv schon öfter gehört. Sie hätte ihm seine Rede schriftlich geben und ihm damit eine Menge Zeit sparen können.
„Ich weiß, dass ich letzte Nacht sagte, ich könnte nicht … wir könnten nicht … wegen Wes. Tja, du musst wissen, dass Wes nicht der einzige Grund ist.“
Ja, das hatte sie sich schon gedacht.
„Ich kann dir einfach nicht geben, was du wirklich willst“, fuhr er leise fort.
Hoppla, das war etwas Neues. Den Satz hatte sie noch nie gehört.
„Ich bin nicht …“ Er stockte, schüttelte den Kopf und fing noch einmal anders an. „Du bedeutest mir zu viel. Ich kann dich nicht ausnutzen. Ich kann das einfach nicht! Ich bin zehn Jahre älter als du – Colleen, ich kannte dich schon, als du dreizehn warst! Das geht so einfach nicht! Es wäre Wahnsinn und würde zu nichts Gutem führen. Es könnte nicht gut gehen. Ich könnte das nicht. Wir beide sind viel zu verschieden …“ Er fluchte leise, aber heftig. „Es tut mir wirklich leid.“
Er sah so unglücklich aus, wie sie sich fühlte. Bis auf den Umstand, dass es ihm wahrscheinlich nicht so peinlich war, dass er am liebsten im Boden versunken wäre. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, sich ihm gestern Abend so an den Hals zu werfen?
Sie schloss die Augen, fühlte sich plötzlich sehr jung und sehr dumm – und gleichzeitig reif weit über ihr Alter hinaus. Wieso musste ihr das immer wieder passieren? Warum wollten Männer nie etwas anderes von ihr als Freundschaft?
Wahrscheinlich sollte sie dankbar sein. Diesmal bekam sie die „Lass uns Freunde bleiben“-Rede sogar schon zu hören, bevor sie mit dem Kerl auch nur ein Mal ins
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