Brockmann Suzanne
dass der Ehemann, der Sohn, der Vater einer von Jakes Jungs war. Geradeso, als gehörte ihm dieser Mensch für alle Zeiten. Als hätte er dadurch, dass er ihnen das Leben gerettet hatte, auf immer und ewig die Verantwortung für sie übernommen.
Er hatte gelernt, höflich und kurz darauf zu reagieren. Ihnen die Hand zu schütteln, auf die Schulter zu klopfen, in die Augen zu lächeln und so zu tun, als erinnerte er sich an Private X oder Corporal Y. In Wahrheit erinnerte er sich an keinen von ihnen. Die Gesichter, die sich in seinem Gedächtnis festgesetzt hatten, gehörten ausnahmslos Männern, die er nicht hatte retten können. Männern, die beim Rettungsversuch gestorben oder schon vorher tot gewesen waren. Blicklose Augen. All diese schrecklichen blicklosen Augen ...
„Sergeant Matthew Lange”, unterbrach sie sein Grübeln. „Er war bei der fünfundvierzigsten ...”
„Ich erinnere mich nicht.” Er konnte diese Frau nicht belügen. Nicht, wenn sie zu seinem Team gehören sollte.
Sie blinzelte nicht einmal. „Das habe ich auch nicht erwartet, Sir. Er war nur einer von Hunderten.” Sie lächelte und griff nach seiner Hand, um sie zu drücken. „Wissen Sie, auch ich verdanke Ihnen mein Leben. Ich wurde erst ein Jahr nach seiner Rückkehr aus Vietnam geboren.”
Das hieß, dass ihr Vater wahrscheinlich jünger war als er selbst.
Na toll.
Seiner einzigen völlig loyalen Verbündeten, dem einzigen Teammitglied, das ehrlich keine Vorbehalte bezüglich seines Alters oder seiner Fähigkeiten hatte, war es soeben gelungen, ihm das Gefühl zu geben, unbestreitbar alt zu sein.
Und nicht nur einfach alt - sondern sogar alt und gierig. Ein gieriger alter Sack mit schmutziger Fantasie.
Er schaute in ihre wunderschönen braunen Augen. Sie hielt seine Hand. Er konnte die Wärme und die Kraft in ihren Fingern spüren, ihre glatte Haut auf seiner Handfläche - und er musste sich eingestehen, dass ihm erstmalig in den fast drei Jahren seit Daisys Tod eine Frau gegenüberstand, mit der zu schlafen er sich vorstellen konnte.
Das wollte er aber nicht. Er wollte sich nicht vorstellen, dass er eine andere begehren könnte neben der einzigen Frau, die er immer geliebt hatte und die er heute noch liebte. Dennoch konnte er nicht leugnen, dass ihm Sex fehlte. Dass er Sex wollte. Er wusste einfach nicht, wie er seine körperlichen Bedürfnisse mit der unabänderlichen Tatsache unter einen Hut bringen sollte, dass Daisy für immer von ihm gegangen war.
Für immer und ewig von ihm gegangen. Sie würde nie wieder zurückkehren.
Eine Sekunde lang erlaubte er sich, Zoe Lange wirklich anzuschauen. Sie war klug, tapfer, zäh. Und dennoch so schön und süß zugleich, dass er sich mächtig zu ihr hingezogen fühlte. In ihren Augen blitzte Intelligenz, ihre Lippen zeugten davon, dass sie oft und gern lächelte. Ihr Lachen war ansteckend, und ihr Körper ...
Jake gestattete sich einen kurzen Moment, Dr. Zoe Langes nahezu vollkommenen Körper zu betrachten: lange Beine, die Jeans umschlossen lose ihre Hüften und Oberschenkel. Sie war nicht sonderlich groß, aber auch nicht unbedingt klein. Trotzdem passte der Begriff durchschnittlich überhaupt nicht auf sie. Ihre Arme waren geschmeidig und schlank, aber nicht dürr, sondern mit wohlgeformter Muskulatur. Sie wirkte fit, gut durchtrainiert, und ... Herr im Himmel, ja, er stand auf große Brüste! Und ihr Körper entsprach absolut all seinen Vorlieben. Ihr T-Shirt saß eng genug, um ihre großzügige Oberweite zu betonen. Selbst der unschuldige blaue Blümchendruck wirkte verführerisch.
Wie ein Blitz durchzuckte ihn die bildliche Vorstellung: sie, rücklings auf seinem Bett, ohne T-Shirt und Jeans, ihre Lippen in einem feurigen Kuss vereint, ihre vollkommenen Brüste prall in seinen Händen, er selbst tief in ihr vergraben und ...
Oh Gott, oh Gott, oh Gott! Heftiges Verlangen erfasste ihn mit solcher Gewalt, dass er beinahe laut aufstöhnte. Dem Begehren folgte jedoch ebenso schnell eine Woge von Schuld und Scham.
Er liebte Daisy immer noch. Wie konnte er Daisy noch lieben und zugleich eine andere Frau so stark begehren?
Gott, wie sehr er sie doch vermisste!
Das tiefe Loch in seinem Herzen, das in den drei Jahren seit ihrem Tod kaum verheilt war, riss wieder auf.
Hastig ließ er Zoes Hand los, trat einen Schritt zurück und prallte mit dem Rücken gegen die Fahrstuhltür. Zugleich wurde ihm bewusst, dass er heftig erregt war. Verdammt, das hatte ihm gerade noch gefehlt. Zu den
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