Brockmann Suzanne
Schuldgefühlen auch noch eine Blamage.
Er wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte.
Natürlich tat er nichts von beidem, sondern versteckte seine Erregung beiläufig hinter seiner Aktenmappe.
Zoe hielt den Blick angelegentlich auf die Leuchtziffern der Fahrstuhlanzeige über der Tür gerichtet. Ihm war klar, dass sie in seinen Augen etwas entdeckt hatte, das sie verlegen machte. Kein Wunder - hatte er sie doch betrachtet, als wäre sie Rotkäppchen und er der hungrige alte Wolf. Toll gemacht, Robinson! Er fühlte sich gleich noch ein bisschen älter und gieriger. Dass sein Verlangen ganz eindeutig von ihr nicht erwidert wurde, machte das Ganze nur schlimmer.
Dann drehte sie sich zu ihm um und überraschte ihn mit einer Bitte um Entschuldigung. „Es tut mir leid”, sagte sie. „Ich wollte Sie nicht in Verlegenheit bringen. Wahrscheinlich sprechen andauernd irgendwelche Leute Sie an und ...”
„Ich freue mich, wenn die Männer, die ich retten konnte, etwas Gutes mit ihrem Leben angefangen haben - so wie Ihr Vater das offensichtlich getan hat. Er muss sehr stolz auf Sie sein. Das wäre ich jedenfalls, wenn Sie meine Tochter wären.” Er bemühte sich um einen väterlichen Tonfall, empfand seine Worte aber eher als kläglich.
Sie lächelte zaghaft. „Oh, danke.”
Die Fahrstuhltür glitt auf, und diesmal ließ Jake ihr höflich den Vortritt. Sie schaute links und rechts den verlassenen Korridor hinunter, während die Fahrstuhltür sich hinter ihnen schloss.
„Zum Ausgang geht es da entlang”, wies Jake ihr die Richtung. „Nehmen Sie ...”
„... die erste Abzweigung rechts”, fiel sie ihm ins Wort. „Ich weiß, danke. Hören Sie, Admiral ...”
„Jake”, warf er ein. „Bitte.”
„Es fällt mir leichter, Sie Admiral zu nennen.”
„Na schön”, antwortete er rasch. „Geht in Ordnung. Sie müssen mich nicht Jake nennen. Das ist kein Befehl.”
„Ich weiß.” Sie schaute ihm kurz in die Augen, wich seinem Blick aber rasch wieder aus. Jetzt war sie wieder nervös. „Ich frage mich nur ... Ich frage mich, warum Sie so bereitwillig Ihr Leben riskieren. Ich meine, Sie haben sich das Recht verdient, sich bequem zurückzulehnen und eine Operation wie diese von Ihrem Schreibtisch aus zu leiten, Sir. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass, ahm, Ihre Frau besonders glücklich über Ihre Entscheidung ist, wieder aktiv zu werden. Erst recht nach dem Mordanschlag vor ein paar Jahren ... Sie haben Monate im Krankenhaus gelegen.”
Jake hatte genug Lebenserfahrung, um zu erkennen, wenn jemand um den heißen Brei herumredete. Aber was genau wollte Zoe Lange eigentlich herausfinden? Ging es ihr um seine Motive für die aktive Teilnahme an diesem Einsatz? Oder um die Frage, warum er sie anschaute, als wollte er sie mit Haut und Haaren verspeisen?
Er hatte nichts vor ihr zu verbergen - abgesehen von dem äußerst unprofessionellen Umstand, dass er sie sich jedes Mal, wenn er sie anschaute, nackt vorstellte. Wenn nicht einmal der Gedanke an Daisy das verhindern konnte, so reichte doch wenigstens der Gedanke an die sechs gestohlenen Kanister Triple X, um ihn schlagartig abzukühlen.
„Mir ist klar, dass das eine sehr persönliche Frage ist”, fuhr sie hastig fort, „und wenn Sie wollen, sagen Sie mir einfach, dass mich das nichts angeht, und ...”
„Meine Frau Daisy ist an Krebs gestorben”, antwortete er ruhig. „Weihnachten wird es drei Jahre her sein.”
„Oh”, entfuhr es ihr erschrocken. „Es tut mir leid, das wusste ich nicht.”
„Und ich glaube, Sie haben vermutlich recht. Wenn sie noch am Leben wäre, würde ich sehr viel gründlicher über die Risiken dieses Einsatzes nachdenken. Aber selbst wenn sie noch lebte, könnte ich eine Tatsache nicht außer Acht lassen: Ich habe einen Draht zu Christopher Vincent. Ich weiß, wie ich in das Hauptquartier der CRO gelangen kann. So gesehen bleibt mir gar keine andere Wahl.”
Sie musterte ihn aufmerksam, und er wandte den Blick ab. Er hätte es nicht ertragen, Mitleid in ihren Augen zu entdecken.
„Sie sollten sich lieber schnell ans Packen machen”, schlug er brüsk vor. „Unsere Maschine startet in achtundneunzig Minuten. Glauben Sie mir: Wenn wir auf Sie warten müssen, wird das Team Sie das keine Sekunde lang vergessen lassen.”
„Keine Sorge, Jake”, lächelte sie. „Ich werde als Erste an Bord gehen.”
Er sah ihr hinterher. Bevor sie um die nächste Ecke bog, wandte sie sich noch einmal zu ihm um, lächelte und
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