Broken (German Edition)
angehört hatte, wie Mikis Stalker durch einen Stimmenverzerrer wütete. «Dann ist mein Fenster zerplatzt, und das Chaos ging los.»
«Ich hab an meinem Schreibtisch gesessen. Du weißt ja, wie das im Büro ist. Die Klimaanlage brummte. Ich hatte Musik laufen. Dann hab ich irgendwas gehört. Ich wusste nicht genau, ob es ein Schuss war. Ich bin zur Tür, und da hört meine Erinnerung auch schon auf.»
«Kleiner Tipp am Rande: Wenn du Schüsse hörst, nicht die Tür aufmachen.»
«Ich hätte sie früher aufmachen sollen. Du könntest tot sein. Menschenskind. Ich hätte die Cops rufen oder irgendwas machen sollen.»
«Tut mir leid, dass du verletzt worden bist», sagte ich.
«Ach, halb so schlimm. Die haben hier super Drogen.» Er zog eine Plastikfolie von einem Teller mit Cookies. Er nahm sich einen und gab mir auch einen. Sie waren knusprig, mit Schokostückchen darin, die samtweich waren.
«Ich finde, du und Tammy, das Blondchen, solltet heiraten, damit ich öfter Cookies kriege.»
«Sie sind beide blond. Und blauäugig. Und lieb. Also lass deine bissigen Bemerkungen bitte vom Stapel, bevor Cathy ankommt. Hitlers Traumfrauen. Sehr germanisch. Hast du sonst noch was auf Lager?»
«Nein, ich denke, das war’s schon.» Ich nahm mir noch einen Cookie. «Hör mal, ich hab mir was überlegt. Das Geschäft läuft so gut, dass ich es allein fast nicht mehr schaffe. Wenn das mit dem Krematorium erst mal so richtig bekannt wird, können wir uns vor Aufträgen nicht mehr retten. Ich möchte, dass du Partner wirst und wir gemeinsam überlegen, wie wir das auf die Reihe kriegen.»
Neils Augen erforschten mein Gesicht. «Hat das was damit zu tun, dass ich gesagt hab, ich kündige?»
«Daran erinnerst du dich also.» Ich lächelte. «Ich weiß nicht. Vielleicht ein bisschen.» Die Kugeln, die mir um die Ohren geflogen waren, hatten mich wohl dazu gebracht, Bilanz zu ziehen. «Mir ist heute klargeworden, dass es ohne dich einfach keinen Spaß machen würde.»
«Endlich siehst du’s ein, das wurde aber auch Zeit», sagte Neil. «Aber über ein paar Dinge müssen wir uns vorher einigen. Wir haben beide bewiesen, dass wir in Sachen Bürokram absolute Nieten sind. Und du schiebst es schon echt lange vor dir her, dafür jemanden einzustellen. Ich kann nachvollziehen, dass es dir schwerfällt, das nötige Vertrauen zu entwickeln, aber wir haben keine andere Wahl. Die Hälfte der Anfragen müssen wir ablehnen, oder wir rufen nicht mal zurück. Du brauchst jemanden, der das alles managt und Ordnung in deinen Terminplan bringt. Und wir müssen darüber nachdenken, ob wir nicht noch einen zweiten Ermittler einstellen.»
Er hatte recht. Ich hatte Dinge auf die lange Bank geschoben. Bei unseren häufigen Besuchen in der Southern Sweets Bakery und dem Cakes & Ale blieb einfach keine Zeit mehr für den täglichen Routinekram. Außerdem brauchte Neil seine zwei Joints pro Tag. Wir hatten also wirklich alle Hände voll zu tun. Aber neue Leute einstellen ist verdammt noch mal nicht leicht. Mir graute davor. Wem kannst du deine Firma und dein Leben anvertrauen? Wer hat keine verrückte Freundin und kein Kind, das ständig anruft, wer hat keine ätzenden Angewohnheiten? Ich meine, was, wenn der oder die Neue dauernd mit der Zunge schnalzt oder beim Hinsetzen oder Aufstehen immer laut ächzt? Schon der Gedanke machte mich nervös. Andererseits standen auf den Aktenschränken körbeweise nicht abgelegte Unterlagen, es gab Anfragen, die bearbeitet werden mussten, und jede Menge ungeschriebene Rechnungen, weshalb nur wenig Geld in die Kasse floss.
«Einverstanden», sagte ich zu Neil. «Aber der oder die Neue muss zu uns passen. Wir können nicht den Erstbesten einstellen. Und du musst mir versprechen, im Büro nie wieder Gras zu rauchen. Mir ist egal, wo du rauchst oder wie oft du rauchst, aber eben nicht im Büro.»
«Okay», sagte Neil. «Das respektiere ich. Was ist mit dieser Beratertätigkeit? Wärst du bereit, die aufzugeben?»
«Nein.»
«Lässt du dir gern Kugeln um die Ohren pfeifen? Ich nämlich nicht.»
«Nur zu deiner Beruhigung: Er hat nicht auf dich geschossen. Die Kugel war ein Querschläger.»
«Das beruhigt mich kein bisschen.»
«Ich bin nicht bereit, das aufzugeben, Neil. Versteh doch, du machst den Job, der dir gefällt. Aber mein Traum war diese Detektei ganz und gar nicht. Sie ist nur eine Möglichkeit, Geld zu verdienen. Mir fehlt eine Arbeit, die mich befriedigt. Als Polizeiberaterin kann ich was bewirken.
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