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Broken (German Edition)

Broken (German Edition)

Titel: Broken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Kyle Williams
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einen kleinen Müllbeutel und reichte ihn mir. Ich bugsierte den Zettel zurück in den Umschlag und schob beides in den Beutel, den ich mit einem Knoten verschloss. Ich sah mich nach Sicherheitskameras um und entdeckte zwei. Eine zeigte aufs Schwesternzimmer. Die andere war neben den Fahrstühlen angebracht und erfasste den langen Gang mit den Patientenzimmern rechts und links. Ihre Aufzeichnungen würden uns vielleicht verraten, wie Jesse Owen Richards aussah.
    «Mary, wissen Sie, wer den Umschlag entgegengenommen hat?», fragte ich die Schwester.
    «Den hat jemand hier hingelegt, wurde mir gesagt», antwortete sie. Sie hörte die Dringlichkeit in meiner Stimme und runzelte die Stirn.
    Ich ging den Flur hinunter, sah auf jede Tür, an der ich vorbeikam. Durch die kleinen Glasfenster waren nur undeutliche Schatten zu erkennen. Ein paar Türen standen offen – Patienten in ihren Betten, Verwandte oder Freunde, die sie besuchten, flackernde Fernseher. Eine Krankenrolltrage mit einem Rad, das bei jeder Umdrehung quietschte, ließ mich herumfahren. Ein Pfleger in blauer Krankenhausmontur nickte mir zu und schob die Trage durch eine Schwingtür mit der Aufschrift Nur für Personal . Meine Finger streiften die Glock, die unter meiner Jacke versteckt war. Sie bot Sicherheit. Hoffentlich.
    Ich ging rasch zurück Richtung Schwesternzimmer, warf einen Blick in den Wartebereich, sah mir die Gesichter an, die Schuhe. Ich trat an die Fensterfront und blickte nach unten auf den Parkplatz und auf eine Fußgängerbrücke quer über die Straße. Ich wählte Tyrones Nummer.
    «Ich mach dir einen Vorschlag», sagte ich, als er sich meldete. «Ich denke ernsthaft drüber nach, Latisha einzustellen, aber du musst mir einen Gefallen tun. Und zwar sofort.»
    Dann rief ich Rauser an. Ich erklärte ihm, dass ich bei Neil im Krankenhaus bleiben würde und dass ich Tyrone gebeten hatte, Miki am Flughafen abzuholen. Ich bat ihn, die Bänder der Überwachungskameras abholen zu lassen.
    Ich stieß die Tür zu Neils Zimmer auf und sah, dass er schlief, den Computer noch auf dem Schoß und den Inhalt der Akte, die ich ihm gegeben hatte, neben dem Bett auf dem Fußboden verteilt. Ich sammelte alles auf, holte eine zusammengefaltete Decke aus einem kleinen Schrank und setzte mich, die Glock griffbereit, auf den Stuhl. Nachdem ich mich zugedeckt hatte, schaltete ich den Fernseher ein. Ich wollte Neil nicht allein lassen. Und es war weiß Gott nicht die erste Nacht, die ich in einem Krankenhaus verbrachte, meine Pistole im Schoß.

[zur Inhaltsübersicht]
    35
    A ls die Tür aufging und Licht vom Flur ins Zimmer fiel, schloss sich meine Hand sofort fester um die Glock. Neil rührte sich nicht. Rauser trat ein. Er hatte zwei Kaffee dabei und eine zusammengefaltete Zeitung. «Kaffee von Fivebucks», flüsterte er und grinste. Rauser machte immer abfällige Bemerkungen über Starbucks-Kaffee, aber er kaufte ihn trotzdem. Genau wie er sich über Naturkostläden lustig machte und immer nur von Natur-kostet-ein-Vermögen-Läden sprach, aber dennoch ständig dort einkaufte.
    Es war vier Uhr am Morgen und stockfinster draußen. Ich hörte Neil gleichmäßig atmen. Rauser und ich gingen auf den Flur und setzten uns in den leeren Wartebereich.
    «Ich hab das Überwachungsvideo. Einige Aufnahmen von ihm, wie er zum Haupteingang hereinkommt und durch die Lobby geht, und ein paar hier oben auf dem Gang», teilte Rauser mir mit. «Er trug ein Kapuzenshirt und hat den Kopf gesenkt gehalten. Er wusste, wo die Kameras waren. Deshalb gibt es keinen guten Blick auf sein Gesicht. Aber eines wissen wir mit Sicherheit. Er ist kein Fettwanst mehr. Wir geben das Video um sieben an die Morgennachrichten.»
    Ich trank einen Schluck Kaffee und ließ den Kopf kreisen. Ich fühlte mich, als hätte ich im Sitzen geschlafen. «Was macht Miki?»
    «Als ich nach Hause kam, schlief sie schon. Ich hab sie geweckt und ihr ein Foto von Richards gezeigt. Sie hatte ihn als Owen in Erinnerung, deshalb hat ihr der Name Jesse Richards nichts gesagt, als du sie danach gefragt hast. Sie war völlig baff. Sie dachte, er wäre ein netter Kerl.»
    «Irgendwas ist passiert», sagte ich. «Er hat sich geärgert. Irgendwas hat ihn wütend gemacht. So läuft das bei Borderline-Persönlichkeiten. Vielleicht hat er sie angehimmelt, bis sie irgendwas gesagt oder getan hat, das er als demütigend oder abschätzig empfunden hat. Dann ist sein intensives Gefühl für sie in Wut umgeschlagen. Das kann

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