Broken Heart Vampires 01 - Vampire zum Frühstück
toter. „Wahrscheinlich schmeckt ihr Blut ohnehin wie Gülle.“
„Warum hasst du sie so?“
„Das ist eine lange Geschichte.“
„Wir haben Zeit.“
„Oh bitte. Spar dir die Scherze.“
Er seufzte und lockerte den Griff. „Wenn du es mir nicht sagen willst, a thaisce , kann ich jederzeit Charlene fragen. Sie steht unter meinem Schutz.“
„Jaja. Das Konsortium. Bla, bla, bla.“
„Nein, Jessica. Unter meinem persönlichen Schutz. Ein Meister, der einen Menschen mit seinem Blut verwandelt, ist dazu verpflichtet, ihn zu beschützen. Die Tradition will es so.“
Mein glühender Zorn wurde unversehens von kaltem Horror gelöscht. „Nein. Verdammt noch mal, nein! Bitte sag mir nicht, dass Charlene auch an deinem Oberschenkel nuckeln durfte.“
„Natürlich nicht“, entgegnete er, „sie hat mir das heilende Blut aus dem Hals gesaugt.“
Aha, und wo, bitte, war der Unterschied? Ich lehnte mich gegen die Wand und schüttelte seine Hände ab. Sie rutschten von meinen Schultern. Mit den Fingerkuppen streifte er meine nackten Arme, ehe er einen Schritt zurückging. Etwas wie Schuldgefühl regte sich in meinem Innern. Eine Brise wehte den Duft des Geißblattes herüber. Ich hob den Blick und betrachtete den blasssilbernen Mond, der schwer im schwarzen Himmel hing.
„Ich bin echt eine Zicke“, sagte ich. „Tut mir leid.“
„Schon vergessen.“ Er lächelte und sah aus, als wollte er mich küssen, besann sich dann jedoch eines Besseren. „Und Charlene?“
Ich blickte zu Boden. „Sie hat meinen Mann gevögelt, okay? Dann bekam sie sein Kind. Rich und ich befanden uns gerade mitten in einem schmutzigen Scheidungskrieg, als er bei einem Autounfall ums Leben kam. Vor einem Jahr.“
„Verstehe.“
„Das freut mich zu hören, denn ich verstehe überhaupt nichts mehr. Rich ist tot, Charlene untot, und ich bin immer noch verletzt, wütend und rachsüchtig. Jetzt bin ich ein Vampir und bekomme noch nicht mal die Genugtuung, Charlene zu überleben. Ich werde nicht dabei zusehen können, wie sie alt und fett und grau wird. Nein, sie wird für immer jünger bleiben als ich. Für immer und ewig.“ Oje, wie erbärmlich. Pathetisch. Dann spürte ich Patricks Daumen unterm Kinn. Er hob sanft meinen Kopf, bis ich ihm in die Augen sah. „Was?“
„Möchtest du gern fort von hier?“
„Liebend gern.“
Er nahm mich bei den Händen, und wir stiegen in die Luft auf. In der Nacht zuvor war ich über mein Haus geflogen, ohne darüber nachzudenken, wie mir das gelang. Aber jetzt, mit Patrick, begriff ich plötzlich, dass ich hoch über dem Boden schwebte, ohne mich bei einem Absturz irgendwo festhalten zu können.
„Du kannst nicht sterben, Liebste“, meinte Patrick.
„Hör auf, meine Gedanken zu lesen.“
„Ich lese es in deinem Gesicht.“
Wir stiegen immer höher, bis wir über der Sporthalle schwebten. Die Luft war feucht, und obwohl ich nicht mehr atmete, schien die Feuchtigkeit meine Lunge zu füllen. Patrick führte uns immer weiter hinauf, bis die Schule wie ein großes LEGO-Gebäude aussah.
„Wohin bringst du uns?“, fragte ich.
„Wohin möchtest du denn?“
Ist das eine Fangfrage, Kumpel? Wohin konnte man als Untoter schon gehen? Ich wollte irgendwohin, wo ich mich lebendig, menschlich und normal fühlte. Leider bekam ich nicht die Möglichkeit, eine Entscheidung zu treffen. In der einen Sekunde flog ich noch wie eine Fledermaus ohne Flügel und in der nächsten - wuuusch ... ging es im Sturzflug abwärts. Zum Glück packte Patrick mich und setzte mich sanft am Boden ab.
Als ich zu Ende geflucht und gezittert hatte, löste ich mich aus seinen äußerst atemberaubenden Armen und sah mich um. Wir waren auf dem „Putt & Putterchen“ gelandet, einem Minigolfplatz, der vergangenen Winter hatte schließen müssen. Broken Heart in Oklahoma war ein Hafen für Frauen und Männer, die ihre Liebe verloren und schlimme Beziehungen hinter sich hatten - und die Stadt selbst litt ebenfalls.
Wie viele kleine Städte waren auch wir auf die Agrar- und Tourismusindustrie angewiesen, um uns über Wasser zu hal ten. Doch die Farmer in der Umgebung kämpften bereits seit einiger Zeit hart ums Überleben. Schuld daran waren die Dürre und die niedrigen Marktpreise, letztere hervorgerufen durch abscheuliche Massentierhaltung. Die Touristen machten schon lange keine Zwischenstopps mehr, um sich auszuruhen oder in den urigen Teeläden zu Mittag zu essen,
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