Broken Heart Vampires 02 - Ein Vampir zum Dinner
klar, dass sie eines Tages flügge wird, aber ich wollte nicht, dass es jetzt schon so weit war. Außerdem sollte sie die Welt nicht ohne mich kennenlernen.
Du musst die Schürzenbänder nicht zerschneiden, Kleines. Mach sie einfach länger und stark, so wie dein Kind sie braucht. Dann kann es sich an ihnen festhalten, wenn es stolpert, und mit den Bändern zurück nach Hause finden, wenn nötig. Das Schwierigste ist es jedoch, die Schürzenbänder locker zu lassen, denn man will sein Kind ja vor falschen Entscheidungen bewahren. Die Aufgabe der Mutter ist es, ihr Kind immer mit offenen Armen zu empfangen. Doch es bleibt die Entscheidung des Kindes, ob es gern in diese Umarmung zurückkehrt.
Meine Mutter war eine weise Frau. Immer, wenn ich mich nach Tamara sehnte - wenn sie in die Schule ging oder bei einer Freundin übernachtete - kam meine Mutter mit einer Packung leckerem Eis und der Küchenschürzen-Geschichte. Mom wusste, wie es ist, loszulassen und zuzusehen, wie das Kind unabhängig wird und als eigener Mensch die Reise ins Abenteuer Leben antritt. Meine Güte, wie ich Mom vermisste.
Jetzt war es wohl an der Zeit für mich, die Schürzenbänder locker zu lassen und länger zu machen.
Ich verließ ebenfalls das Zimmer und wanderte den Gang entlang. Wo Lorcan wohl war und was er gerade machte? Und wo sich Durriken und Tamara wohl herumtrieben? Hauptsache, sie machten keinen Quatsch.
Die Silverstone-Villa war riesig und weitverzweigt. Da war es keine Überraschung, dass Lorcan einen eigenen Trakt bewohnte. Seine große Bibliothek befand sich am Ende des Ganges, eine zweite, kleinere, im Untergeschoss. Dort hatte mir Jessica Lorcans Bücher gezeigt und ein geheimes Lager der Reisebibliothek des Konsortiums.
Ich blieb auf der Schwelle stehen. Wow. Es war wie die Szene aus dem Disney-Film „Die Schöne und das Biest“, als das Biest Belle die Palastbibliothek zeigt. Genauso empfand ich es, als ich diesen wunderbaren Ort betrat.
Es war ein großer, runder Raum. Mit Büchern vollgestellte Regalreihen bedeckten die Wände vom Fußboden bis zur Decke. Ein Gang in etwa vier Metern Höhe folgte der Rundung des Raums. In der Mitte liefen die Regale auf ein großes Buntglasfenster zu. Darunter befanden sich eine dunkle Nische und die düsteren Umrisse einer Treppe, die ins zweite Untergeschoss der Bibliothek führte.
Fast fing ich an zu sabbern vor Begeisterung.
Vier große Kirschbaumholztische nebst passenden Stühlen waren im Raum verteilt. Auf den Tischen lagen aufgeschlagene Folianten - als hätte ein eiliger Gelehrter keine Lust gehabt, sie wieder in die Regale zu räumen.
Neugierig, wie ich nun mal war, begann ich, in einem der dicken Wälzer zu schmökern. Er handelte von den Kulturen des alten Ägyptens. Ich las eine Passage von der aufgeschlagenen Seite.
Oh ihr, die ihr Herzen raubt und Herzen zeiht, und die ihr eines Menschen Herzen wieder erschafft (trotz allem, was er getan hat): So vergisst er sich selbst durch das, was ihr getan habt. Heil euch, ihr Herren der Ewigkeit, Begründer des Immerwäh renden!
Es klang beinahe wie ein Appell an die Vampire. Ich las den Titel des Werks: „Das ägyptische Totenbuch“. Aha. Es war also ein Appell an die Götter - und nicht etwa an Vampire. Ich legte das Buch wieder so hin, wie ich es gefunden hatte. Die anderen Bände auf dem Tisch behandelten Seth, den Gott des Chaos, altägyptische Zaubersprüche und die vergessenen Kulturen des Sudan. Archäologen des Konsortiums waren zurzeit dabei, im Sudan einen antiken Tempel auszugraben. Es ging dabei wohl auch darum, die Ursprünge des Kontaminus-Virus zu finden - und vielleicht auch ein Gegenmittel. Die Krankheit existierte, seit es Vampire gab, doch erst in den letzten Jahren war es zu einer Ausbreitung gekommen, die mittlerweile beinahe seuchenartige Ausmaße angenommen hatte, was Dauer und Intensität der Krankheit angingen. Das Konsortium, die Wraiths und auch der Rat der Ahnen - die Krankheit konnte sie alle treffen, und deshalb suchten auch alle nach einer Methode, um sie endlich ausrotten zu können. Es hielt sich hartnäckig das Gerücht, dass der Anführer der Wraiths das Virus absichtlich in der Parawelt freigesetzt hatte - als eine Art biologische Kriegsführung. Offensichtlich hatte Ron den Plan verfolgt, mit dem Virus nicht nur das Konsortium zu vernichten - sondern auch den Rat der Ahnen. Doch sein Plan war fehlgeschlagen, falls er
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