Broken Lands
geworden. Auf der Rückseite prangte ein Muster aus sich überlappenden Kreisen in Rot und Gold, die sich zu bewegen schienen, wenn man sie flüchtig betrachtete. Sam drehte den Stapel um und schaute auf das Bild auf der Karte: ein junger Mann in der Rüstung eines römischen Soldaten und ihm gegenüber ein Hirsch mit einem winzigen Jesus zwischen den Schalen des Geweihs. Es war lange her, seit er so etwas gesehen hatte, aber er erkannte das Bild sofort.
«Der heilige Eustachius», murmelte er. Er schaute auf die nächste Karte: ein Bärtiger mit einem Heiligenschein aus Blitzen und im Hintergrund ein Leuchtturm. «Vielleicht … der heilige Elmo?» Er betrachtete noch ein paar Karten. «Das sind Santini . Heiligenbildchen.»
«Mit vier Farben. Aber die Farben heißen in diesem Spiel Reliquien.»
Sam fächerte die Karten auf und sah die sich wiederholenden Symbole: Dornen, Kelche, Silbermünzen, Speere. «Das erinnert mich an das alte Spiel meines Vaters. Es stammt aus Italien. Die Farben dort sind Stäbe, Becher, Münzen und Schwerter.»
«Die heilige Dornenkrone, der heilige Gral, die Silberstücke und die heilige Lanze. Alles hat irgendwo seinen Ursprung», sagte Tesserian, nahm das Spiel und legte die Karten in zwei Reihen auf dem Tisch aus. «In jeder Reliquie – merk dir, das sind die Farben – hat man Heilige. Davon gibt es zwei Arten.» Er deutete auf ein kleines Herz über der Brust des heiligen Elmo. Das war einer der Roten Märtyrer. Auf der Brust eines anderen Heiligen, den Sam nicht kannte, prangte ein weißes Herz für einen Weißen Märtyrer. Dann teilten sich die Heiligen weiter auf in Eremiten, Asketen, Unbestechliche, Mystiker und Heilige Jungfrauen. Tesserian deutete auf die winzigen Buchstaben auf der Stirn des jeweiligen Heiligen. «Es gibt Überschneidungen innerhalb der Farben. Es gibt auch noch andere Einteilungen, die du durch die entsprechenden Hinweise erkennen musst. Kriegerheilige tragen Rüstungen, Kephalophoren haben ihren eigenen Kopf unter dem Arm, Styliten stehen auf Säulen, kindliche Heilige – na ja, die sind unverkennbar. Wir haben hier heilige Märtyrerärzte, die Thaumaturgen, die Priestermärtyrer, Protomärtyrer und die Myrrhenträger. Die sind schwerer zu unterscheiden.»
Sam blinzelte. Allmählich verlor sich die Ähnlichkeit mit dem Kartenspiel seines Vaters.
«Es gibt Gruppen, die über das Spiel herrschen.» Tesserian deutete auf eine Reihe von Karten mit einem Goldrand um das Bild. «Die erste Gruppe besteht aus den Heiligen der Legenda aurea . Dann haben wir noch die vierzehn Nothelfer; das sind die mit den schwarzen Rändern, und die vier Marschälle Gottes mit den lilafarbenen.»
«Aber der heilige … wer ist das?»
«Der heilige Blasius.»
«Er hat einen goldenen und einen schwarzen Rand.»
«Ja, auch innerhalb der Gruppe der Herrschenden gibt es Überschneidungen. Und dann sind da die ultimativen Trümpfe, die Schaden abwenden oder dem Spieler einen Vorteil verschaffen können, und zwar gegen jede andere Karte aus einer der vier Reliquien: der Prokurator, die heilige Mutter Gottes und des Teufels Advokat.»
«Mir dreht sich der Kopf.»
«Warte ab, bis es kompliziert wird.»
Sam ließ die Stirn auf den Tisch sinken und murmelte eine Entschuldigung an den Heiligen, auf dem er gelandet war, wer immer es auch sein mochte.
«Und jetzt sollte ich wohl …», Sam blätterte durch die Karten auf der Suche nach einer mit einem lilafarbenen Rand, «einen Marschall ausspielen, wenn ich einen habe.» Er warf den heiligen Antonius auf den Tisch.
«Nun, er würde den Zweck erfüllen, aber das würde jeder x-beliebige Heilige, den man gegen die Pest einsetzen kann. Wenn du einen Nothelfer hast, solltest du besser den benutzen und deinen Marschall behalten. Es sei denn, du hast alle vier Marschälle, denn dann …»
«… wäre das Spiel zu Ende. Schon klar.» Sie saßen seit über einer Stunde an dem Tisch. Sam tat der Kopf weh.
«Nun, in diesem Fall nicht, weil ich des Teufels Advokaten habe. Du müsstest außerdem noch den Prokurator auf der Hand haben. Oder die heilige Mutter Gottes. Am besten beide.»
«Schon gut. Es reicht.» Sam starrte auf den Haufen Santini auf dem Tisch. «Hören Sie, das kostet zu viel Zeit.» Kein besonders guter Katholik , neckte ihn Jin in seiner Erinnerung. Kein besonders guter Katholik . «Gibt es eine Möglichkeit, dieses Spiel zu verstehen, ohne dass ich alles über diese Heiligen lernen muss? Irgendwelche Muster, die ich
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