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Broken Lands

Broken Lands

Titel: Broken Lands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Milford
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würde zu weinen.
    Der Junge namens Sam beugte sich zu ihr, besorgt und ungeschickt. Sie konnte es nicht ertragen. «Hast du es gesehen?», flüsterte sie rau und wischte sich mit dem Ärmel übers Gesicht.
    Er schüttelte den Kopf. «Ich habe nichts gesehen. Mr. Mapp ist als Einziger hingegangen.»
    «Hat er dir davon erzählt?»
    Er zögerte mit der Antwort und blickte hinüber zu den Männern, die die Köpfe zusammengesteckt hatten. Seine Haltung drückte aus, dass er sich nichts sehnlicher wünschte, als dass sie ihr Gespräch beenden und ihm zu Hilfe eilen würden.
    Jin packte ihn am Arm. «Er hat dir davon erzählt. Was hat er gesagt? Was war es?»
    «Es ist nicht gut, auf dieser Sache herumzureiten.»
    «Aber ich kriege es nicht aus meinem Kopf. Hilf mir doch, damit ich mir einen Reim darauf machen kann! Was könnte …» Jin holte tief Atem. «Wer oder was könnte so etwas anrichten?»
    Sam schien zu überlegen, womit er sie trösten könnte. Jin legte ihre bedrohlichste Miene auf und starrte ihn an. An Trost war ihr nicht gelegen. Sie wollte es nur verstehen. Mehr konnte sie nicht erwarten. So jedenfalls kam es ihr vor.
    «Es war ziemlich übel, was?», sagte er schließlich.
    Sie seufzte und trank noch einen kleinen Schluck Whiskey. Auf diese Frage gab es keine Antwort. Keine Möglichkeit zu beschreiben, was sie gesehen hatte.
    «Walt hat nichts darüber gesagt, wie es passiert sein könnte», sagte Sam leise. «Aber er hat mir von der Leiche erzählt. Und von der Botschaft.»
    Das war ihr neu. «Was für eine Botschaft?»
    «Du hast sie nicht gesehen? Sie stand an der Wand, wo … wo die Leiche lag. Lass mich nachdenken, dann fällt es mir wieder ein. Da stand …»
    «Genug der Abscheulichkeiten!», mischte sich da Onkel Liao ein und wedelte mit den Händen wie ein Mann, der eine Prügelei beenden will. Er deutete auf Jins Glas. «Kleine Schlucke, habe ich gesagt.»
    Jin ließ ihn links liegen. «Was stand da an der Mauer?»
    «Xiao Jin!», donnerte Liao.
    « Zhe shi shenme yisi? », schrie Jin zurück, selbst erstaunt über ihre Wut. «Ich gehe nicht eher, bis du mir gesagt hast, was das bedeutet!»
    «Es bedeutet, dass eine Kreatur das Aussehen eines Menschen und das Herz eines Tiers haben kann, Xiao Jin», gab Liao zurück. «Das ist alles, was es bedeutet. Mehr nicht.»
    «Das ist nicht genug! Wenn du gesehen hättest, was ich sah … Wenn du wüsstest, was ich mit meinen Augen eingefangen habe …» Sie schlug sich mit der Faust gegen die Stirn. «Wenn du an meiner Stelle wärst, würdest du alles tun, um ein bisschen inneren Frieden zu finden!»
    «Wie können die Worte eines Mörders dir inneren Frieden geben?», fragte Sam sanft.
    Jin zuckte mit den Schultern. Sie war plötzlich todmüde. «Ich weiß auch nicht. Ich weiß nur, dass ich jede Sekunde daran denken werde, Tag und Nacht, komme was da wolle.»
    Alle wandten sich Liao zu. Er warf ihr einen langen Blick zu, wandte sich dann an Walter Mapp, der an der Rückseite des Klaviers lehnte, und nickte knapp.
    Mapp tippte mit den Fingern einer Hand auf das Klavier. «Da stand: Durch Blut unterworfen für Jack Höllenkohle .»
    Jin fing wieder an zu zittern. Tränen brannten schon zum dritten Mal an diesem Tag in ihren Augen. Das war absurd. Die Worte erklärten nichts. Aber warum – warum dann die Tränen?
    «Was soll das heißen?», flüsterte sie.
    Mapp zuckte mit den Schultern. «Herzchen, ich habe keinen blassen Schimmer.»
    Jin nickte. Und dann konnte sie nicht länger an sich halten. Sie brach in Tränen aus.
    « Lai he yo he . Kleine Schlucke», ermahnte sie Liao noch einmal, aber diesmal sehr viel sanfter.
    Gehorsam trank Jin von ihrem Glas und versuchte, einen Hustenanfall zu unterdrücken. Feurige Flüssigkeit rann durch ihre Kehle und erstickte ein paar dieser verzweifelten Schluchzer.
    «Gut gemacht, Glühwürmchen.» Liao tätschelte ihre Schulter. Seine knorrige alte Hand zitterte ebenfalls. «Und jetzt noch einen.»
    Jin schniefte und wischte sich über die Augen. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass du mich betrunken ein Feuerwerk abfackeln lassen willst, Onkel Liao», murmelte sie. Dann traf sie die Panik wie ein heftiger Blitz. «Meine Tasche! Wie spät ist es?»
    «Sei doch nicht dumm! Der Whiskey ist zur Stärkung, nicht, um dich betrunken zu machen!»
    «Meine Tasche!», rief Jin wieder, schob Mr. Burns den Eisbeutel in die Hand und Sam das Glas. In dem Moment, in dem sie sich auf die Füße stellte, wurde ihr schwindelig und

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