Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Broken Lands

Broken Lands

Titel: Broken Lands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Milford
Vom Netzwerk:
auf ihn lauerte, ging zitternd aus der Hütte.
    Es war über ihm, ehe Jack die Tür schließen konnte.
    Der Junge fiel mit einem Schrei auf Hände und Knie. Es war, als ob etwas Riesiges, Unsichtbares sich von hinten auf ihn gestürzt und ihn umgeworfen hätte. Dann war der Junge wieder auf den Beinen, aber offensichtlich nicht aus eigener Kraft. Er flog von einer Seite zur anderen, hin und her, und gelegentlich berührten seine Füße nicht mehr den Boden. Dann wieder wurde sein gesamter Körper – wie soll man es sagen? – ausgelöscht , als ob sich eine große Kreatur zwischen den Jungen und den zuschauenden Mann geschoben hätte.
    Jack kam wieder zu sich und holte sein Gewehr, aber als er zurückkam und die Tür wieder öffnete, war der goldäugige Junge schon tot. Das Letzte, was Jack von ihm sah, war sein zerfetzter Körper, der über den Boden in Richtung Wald rutschte, gezerrt von dem unsichtbaren Wesen, das ihn gejagt und erlegt hatte. Und Jack sprach seinen letzten Wunsch aus: dass jeder, der die Halskette berührte, das ganze Gewicht seines Verlustes, seiner Trauer und seiner Einsamkeit zu spüren bekäme, zusammen mit dem Schrecken und der Schuld darüber, was er dem Jungen angetan hatte. Und das war im Herbst.»
    Trotz seiner Skepsis gegenüber der Geschichte merkte Sam, dass er geschockt und entsetzt war. Er schaute zu Jin. Sie hatte die Hände zu Fäusten geballt und in ihren Schoß gelegt. Ihre Finger waren so verkrampft, dass Sam das Netz aus zarten Narben auf ihren Handrücken bemerkte, weiß auf ihrer Haut, das ihm vorher noch nie aufgefallen war.
    «Der Winter kam und ging und kam wieder. Der Tod des fremden Jungen untermauerte den Ruf von Jacks Hütte als Ort des Bösen, und kein Wanderer war je wieder verzweifelt genug, um an die Tür zu klopfen. Die Jahre vergingen, und Jack lebte weiter, allein und alterslos, während er auf die Frau wartete und die Erinnerung an den Tod des Jungen sich in sein Herz brannte. Vielleicht hatte er sein langes Leben den Begegnungen mit den unheimlichen Wanderern zu verdanken, aber vielleicht hatte ihn die Menschenwelt auch einfach vergessen, so wie er sie.
    Die Anderswelt aber hatte Jack nicht vergessen, weder ihn noch das, was er getan hatte. Einen Gast vor die Tür zu setzen, war schlimm genug, aber unter den Unheimlichen gab es nur wenige Kinder, und der Tod des Jungen mit den goldenen Augen war etwas, das sie nicht verzeihen konnten. Sie wurden Zeuge, wie Jacks Leben andauerte, als ob er nicht die Absicht hätte, jemals zu sterben, und endlich beschlossen sie, dass jemand zu ihm gehen und ihn persönlich in die Hölle bringen müsse, wo er hingehörte.
    Der Erste tauchte im Winter auf. Als Jack die Tür öffnete, sah er vor sich einen Mann in einem gestreiften Anzug. ‹Jack, ich bin gekommen, um dich in die Hölle zu bringen›, sagte der Mann, ‹und ein Nein als Antwort lasse ich nicht gelten. Pack deine Sachen und komm mit.›
    Jack starrte den Mann einen Moment lang an. Dann lachte er. ‹Also schön. Es wird wohl langsam Zeit. Komm herein, während ich packe. Wenn du dich aufwärmen willst, Freund, da sind ein paar Decken.›
    ‹Das Angebot nehme ich gerne an›, sagte der Mann. Und er ging zu den Decken, die auf dem Stuhl neben dem Feuer lagen. Jack stand da und lachte und lachte, während die Decke, nach der der Mann gegriffen hatte, sich an seine Finger klammerte, ihn verbrannte und sich nicht lösen lassen wollte, wie sehr der Fremde auch die Hände schüttelte und heulte.
    ‹Ich werde dich freilassen›, lachte Jack, ‹aber ich werde ganz gewiss nicht mit dir in die Hölle gehen.› Was blieb dem Fremden anderes übrig, als klein beizugeben? Und so befahl Jack der Decke, mit ihrer Folter aufzuhören, und der Mann in dem gestreiften Anzug schleppte sich aus der Hütte und in den Wald hinein.
    Der Nächste kam im Sommer. Es war ein großer Mann mit einem zotteligen Bart. ‹Ich bin hier, um dich in die Hölle zu bringen›, knurrte er, als Jack die Tür öffnete, ‹also hol deine Sachen und komm mit. Und ich weiß über die verdammten Decken Bescheid, also spar dir deine Tricks.›
    Diesmal lachte Jack nicht. Er holte tief Atem und nickte. ‹Ich merke schon, dass ich deine Meinung nicht ändern kann›, sagte er traurig. ‹Komm doch herein, während ich packe.›
    ‹Nein, danke›, sagte der bärtige Mann. ‹Ich warte hier draußen. Aber beeile dich.›
    ‹Nun, ich werde wohl nicht viel brauchen›, meinte Jack. ‹Das Einzige, woran mir

Weitere Kostenlose Bücher