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Broken Lands

Broken Lands

Titel: Broken Lands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Milford
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wirklich gelegen ist, ist diese Rose hier. Sie erinnert mich an jemanden, den ich einmal kannte. Da du schon dort stehst, sei doch so gut und brich mir einen Zweig ab. Dann können wir gehen.›
    Der zottelige Mann war so erfreut über Jacks Einlenken, dass er nicht auf die Idee kam, sich über die seltsame Bitte zu wundern. Er griff in die Rosen, und sofort – viel zu schnell, als das der Mann noch entkommen konnte – wickelte ihn der Busch in seine dornigen Ranken. Der Fremde kreischte vor Schmerz, während sich die Ranken immer dichter zogen, und Jack lachte und lachte.
    ‹Ich komme nicht mit›, sagte Jack endlich. ‹Ich lasse dich gehen, aber dann fort mit dir und lass mich in Frieden.› Der Mann hielt aus, solange er vermochte, aber am Ende musste er nachgeben.
    Der Letzte kam im Herbst. Es war ein Mädchen, und als Jack die Tür öffnete, wäre er beinahe in Ohnmacht gefallen, denn sie war das Ebenbild des goldäugigen Jungen. Nur waren ihre Augen silbern wie der Wintermond.
    ‹Du bist an diesem Ort nicht länger willkommen›, sagte sie. ‹Schneide mich mit deinen Dornen oder verbrenne mich mit deinen Decken, mir ist’s gleich. Es gibt keinen Schmerz, den du mir zeigen könntest und den ich nicht bereits kenne, seit mein Bruder nicht mehr ist. Ich bin hier, um dich in die Hölle zu schaffen oder dich eigenhändig in Stücke zu reißen.›
    Jack schaute sie an, und er wusste, dass sie die Wahrheit sagte. ‹Also gut›, sagte er. ‹Bring mir meine Kette, die neben dem Kamin hängt, und ich werde mit dir gehen.› Und ich glaube, ein Teil von ihm hoffte, dass dieser letzte Trick misslingen würde. Er hielt den Atem an, als das Mädchen mit den Silberaugen durch die Hütte ging und die Harzkette vom Haken nahm.
    Ihr Schrei war schlimmer als alles, was er je gehört hatte, erfüllt von einem Schmerz, den er nie für möglich gehalten hätte. Es war der Klang eines erlebten Mordes. Es war der Klang der sterbenden Menschlichkeit. Es war der Klang der erfrorenen Hoffnung, gegen einen Felsen geworfen, gesplittert wie ein Eiszapfen. Es war alles so, wie Jack es sich gewünscht hatte. Aber vor seinen Augen verlor das Mädchen vor lauter Qual den Verstand. Es war zu viel, selbst für ihn.
    ‹Aufhören!›, schrie er. ‹Aufhören! Lass sie frei.› Aber diesen Teil hatte er bei seinem dritten Wunsch vergessen, und so konnte er nichts weiter ausrichten, als sie festzuhalten und daran zu hindern, sich etwas anzutun. Irgendwann kam sie kurz zur Ruhe, wie im Auge eines Sturms. Sie starrte ihn mit ihren silbernen, jetzt rot geränderten Augen an und sagte mit einer Stimme, die rau war vor lauter Schreien: ‹Ich weiß jetzt, dass du bereits in der Hölle bist.› Dann stieß sie ihn beiseite wie eine Lumpenpuppe, als Schmerz und Qual sie wieder übermannten. Sie taumelte kreischend aus dem Haus und ließ Jack mit seinen kostbaren Besitztümern zurück. Noch lange danach hörte er ihr raues Schreien in den Bäumen widerhallen.

Der Teufel überlegte kurz, kramte in seiner Westentasche und streckte die Hand aus.

Wieder vergingen die Jahre, und endlich wurde Jack sein langes Leben leid. Die Frau mit der Geige würde nicht zurückkommen – niemand wusste, ob sie überhaupt noch am Leben war. Schlimmer noch als das waren der Tod des goldäugigen Jungen und der Wahnsinn des Mädchens mit den Silberaugen, die ihm auf das Gewissen drückten; die Erinnerung an diese beiden quälte ihn Tag und Nacht. Und so packte er eines Tages seine Sachen, legte die Kette mit dem Harz um seinen Hals, schnitt eine Rose von dem Busch für sein Knopfloch und machte sich selbst auf die Suche nach dem Weg in die Hölle.
    Hin und wieder begegneten ihm andere merkwürdige Wanderer – denn Jack wurde selbst zu einem, als er die Straße betrat –, und nach all dem Ärger, den er ihnen bereitet hatte, wiesen sie ihm nur zu gern den rechten Weg. Aber als er endlich ans Tor zur Unterwelt kam und die infernalische Türglocke läutete, geschah etwas Unglaubliches.
    Der Teufel höchstselbst kam zur Tür, betrachtete Jack von oben bis unten, als ob er ein Rindvieh sei, das zum Kauf feilgeboten würde, und dann sprach er Folgendes: ‹Nein, ich denke nicht.› Dann überlegte er kurz, kramte in seiner Westentasche und streckte die Hand aus. Auf der Handfläche lag ein glühendes Stück Kohle.
    ‹Nimm das›, sagte er, ‹und such dir ein Zuhause. Du weißt gewiss, dass du im Himmel ebenfalls nicht willkommen bist.› Und damit schlug er Jack die Tür

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