Broken Lands
wenn ich fragen darf? Das hier ist Privatbesitz.»
Jin winkte ihm zu. «Wir gehören zur Fata Morgana Feuerwerk-Kompanie. Wir testen nur etwas für die Vorstellung morgen.»
Der livrierte Mann wirkte nicht im Mindesten beeindruckt. «Woher soll ich wissen, dass das stimmt? Ich warne euch, wir dulden keine Eindringlinge.»
«Ich bin kein Eindringling», sagte Jin ruhig. «Ich beweise Ihnen, dass ich die bin, die ich behaupte zu sein.» Sie griff in ihre Tasche, zog zwei kleine Lederbeutel heraus und schüttete aus jedem ein wenig Pulver in ihre Hand. Dann legte sie die Beutel beiseite und rieb ihre Handflächen in flinken, kreisenden Bewegungen aneinander. Goldgrüne Funken flogen zwischen ihren Händen heraus.
Jetzt wirkte der Mann doch einigermaßen beeindruckt. «So was!», sagte er bewundernd. «Verbrennen Sie sich dabei nicht?»
«Nur ein bisschen», sagte Jin und wischte sich das restliche Pulver von den Händen. «Tut mir leid, wir wollten Sie nicht erschrecken. Ich brauche nur ein bisschen Platz zum Üben.»
«Schon gut. Ich werde euch nicht vertreiben.» Er zwinkerte Sam grinsend zu und ging seiner Wege.
Jin schaute ihm nach und verdrehte die Augen. «Was sollte denn dieses Zwinkern?», brummte sie und wandte sich wieder ihrer Tasche zu, aus der sie noch mehr Utensilien zog.
«Du hast dich doch nicht wirklich verbrannt, oder?», fragte Sam, der sich beherrschen musste, nicht nach ihren Händen zu greifen, um sich selbst zu vergewissern. Ihre Worte hatten ziemlich überzeugend geklungen.
«Nur ein bisschen, wie ich schon sagte», erwiderte sie, ohne aufzublicken. «Man gewöhnt sich dran. So schlimm ist es nicht.»
Sie steckte die Metallstange tief in den Sand und band das Rad am oberen Ende fest. Dann nahm sie eine Zündschnur und eine Handvoll kleiner zylindrischer Röhrchen aus ihrer Tasche. Mit knappen, sicheren Knoten befestigte sie die Zündschnur entlang des Rads und die Raketen an seinem Rand, in genauen Abständen.
«Wie kannst du sehen, was du tust?», wollte Sam wissen. Es hatte fast den Anschein, als wären die Handgriffe eine Sache des Instinkts, denn inzwischen war es hier unten zwischen den Anlegern nahezu nachtschwarz.
«Das kann ich mit geschlossenen Augen», sagte sie. «Es ist mein Lieblingsfeuerwerk.» Nach kurzer Zeit stand sie auf und begutachtete ihre Arbeit. «Bist du bereit?»
«Gewiss.»
Sie zog dasselbe Instrument aus ihrer Tasche, mit dem sie am Nachmittag den Feuerball auf der Culver Plaza hervorgerufen hatte, entzündete mit einem Schnicken die Flamme und hielt sie ans Ende der Zündschnur. Der Funke raste rings um den Rand und setzte eine Rakete nach der anderen in Brand. Das Rad fing an, sich zu drehen, angetrieben von den zischenden Zündfeuern. Es wurde immer schneller, bis die Raketen sich zu einem einzigen Ring aus goldenen Flammen vereinigten.
«Das ist eine einfache Version», sagte Jin im Zurückweichen und setzte sich neben Sam auf das Holzstück. «Ich kann noch viel kompliziertere.»
«Es ist wunderschön. Was ist das?»
«Ein Katharinenrad.»
«Wer ist diese Katharina?»
«Die heilige Katharina», sagte Jin. «Sie war eine Märtyrerin. Wurde aufs Rad geflochten und ermordet.» Sam betrachtete sie mit einem leeren Blick. «Du weißt nicht, wovon ich rede, nicht wahr? Du bist anscheinend kein guter Katholik. Sind nicht die meisten Italiener Katholiken?»
«Ich habe nie behauptet, einer zu sein.»
Jin betrachtete das sich drehende Rad. Als sie sprach, klang ihre Stimme matt. «Man bindet dich auf ein Rad und schlägt mit Knüppeln auf dich ein. Du wirst zu Tode geprügelt. Klingt nicht besonders gruselig, aber es war so schlimm, dass man manchmal die Leute nach den ersten paar Schlägen aus lauter Gnade erwürgte.»
Sam schaute sich das feurige Rad an, das sich im Kreis drehte und dabei goldene Funken spuckte. «Klingt schrecklich.»
«Früher war es eine Foltermethode, und heute ist es eine wunderschöne Blume aus Licht.» Sie lächelte leicht. «Eine sehr religiöse Frau hat mir einmal gesagt, es sei falsch, etwas so Frivoles nach dem Rad der heiligen Katharina zu benennen. Es sei respektlos gegenüber dem Andenken der Heiligen. Aber ich finde das unfair dem Rad gegenüber. Es hat sich nicht ausgesucht, ein Folterinstrument zu sein. Ich glaube, wenn Dinge eine Wahl hätten, wären sie alle bloß Instrumente der Freude. Aber die Menschen missbrauchen sie für die schrecklichsten Taten, und das bleibt dann für immer ein Teil von ihnen.»
Sam
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