Broken Lands
wie dich doch nicht aus der Schublade, Sam.» Er winkte ab, als Jin eine kleine Geldbörse aus der Tasche zog. «Das geht aufs Haus. Sam ist ein Stammkunde. Sag Bescheid, wenn du noch etwas brauchst.» Er ging zum Ende der Theke, wo er hinter einer Zeitung verschwand.
«Ein Stammkunde?», fragte Jin und beäugte Sam zweifelnd. «Das ist ein ziemlich üppiges Frühstück. Isst du so etwas jeden Tag?»
«Beileibe nicht.» Sam schenkte sich aus der Kanne etwas Kaffee nach. «Oliver will bloß Eindruck bei dir schinden.»
«Weswegen denn?», fragte sie und strich sich Marmelade auf ein Hefebrötchen.
Weil er mein Freund ist und weil er merkt, dass ich dich mag . «Ich will verdammt sein, wenn ich dir diese Frage beantworten kann. Was ist das für eine Marmelade?»
«Erdbeere, glaube ich. Wann fängst du denn immer an zu spielen?»
«Normalerweise wäre ich schon mitten dabei, aber heute – wer weiß?» Sam nickte über die Plaza. «So ein Kerl hat mir meinen Platz weggeschnappt. Wir haben gerade überlegt, was wir dagegen tun können.»
Jin drehte sich um und folgte Sams Blick. «Da, wo die vielen Leute stehen?»
«Ja. Der Kerl mit dem Strohhut.»
«Soll ich ihn in die Luft jagen?», fragte Jin und musterte den Kartenspieler, während sie in ihr Brötchen biss.
Sam starrte sie an. In der Ecke senkte Oliver die Zeitung und gab sich keine Mühe mehr, so zu tun, als hätte er nicht gelauscht. «Kannst du das denn?», fragte er fassungslos.
Jin klopfte sich die Taschen ab, griff nach ihrem Rucksack und warf einen Blick hinein. «Hm, nein», gestand sie. «Jedenfalls nicht mit dem, was ich bei mir habe.»
«Aber danke für dein Angebot», sagte Sam und griff nach einem Brötchen.
«Warte mal», ließ sich Oliver vernehmen. «Und was kannst du? Mit dem, was du bei dir hast, meine ich?»
«Mal sehen.» Sie inspizierte wieder ihren Rucksack. «Ich habe Material dabei für lautes Knallen, ein paar anständige Blitze und Feuerstöße und eine ganze Menge Rauch. Könnte das irgendwie nützlich sein?»
Sam dachte einen Augenblick lang nach. Ihm kam eine Idee. Er würde zwar nicht seinen Platz zurückbekommen, aber er konnte dem Kartenhai eins auswischen. Und das war doch schon mal ein Anfang.
«Hmm. Vielleicht.»
Sie aßen ihr Frühstück auf, und dann schlenderte Sam wie beiläufig zu dem Spieltisch, die Hände in den Taschen, und wartete, bis der Kartenhai zu ihm aufblickte. Ein selbstzufriedenes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. «Willst du ’ne Runde spielen, Junge?»
«Klar», erwiderte Sam. «Haben Sie Zeit für ein Spielchen?»
«Aber gewiss doch. Setz dich.»
Sam ließ das kleine Bündel Knallkörper fallen, das er in der linken Faust gehalten hatte, die in der zerrissenen Hosentasche steckte. Er schüttelte unauffällig den Fuß, als er sich auf den Hocker gegenüber dem Spieler setzte, und fühlte, wie die Knaller an der Innenseite seiner Hosenbeine nach unten auf den Boden rutschten. Mit der Fußspitze schob er sie unter den Tisch.
«Nett von dir, vorbeizuschauen und Hallo zu sagen. Ich vermute mal, du weißt, dass heute Morgen schon ein paar Kollegen von dir hier waren», sagte der Mann und deckte die drei abgewetzten Karten auf: die Pik-Königin, das Herz-Ass und die Kreuz-Zehn. Dann drehte er sie wieder um. «Ich hatte schon befürchtet, dass du etwas Dummes anstellst, wie etwa dich von mir zu Brei schlagen zu lassen.»
«Nö.» Sam saß mit vor der Brust verschränkten Armen da, während der Spieler die Karten halbherzig hin und her schob und sich kaum Mühe gab, die Königin zu verstecken. In der ersten Runde lockte man den Kunden mit einem leichten Sieg. «Möge der Bessere gewinnen.» Sam tippte auf die linke Karte, als der Spieler fertig war.
« Jacta alea est », sagte der Kartenhai grinsend. Er drehte die Karte um: Es war der Kreuzbube – eine Karte, die ursprünglich gar nicht unter den dreien auf dem Tisch gewesen war.
Heiliges Kanonenrohr … Sam konnte nur hoffen, dass man ihm seinen Schock nicht anmerkte. Wann hat er bloß die Karten ausgetauscht? Sam hatte gezielt danach Ausschau gehalten, aber als er nichts bemerkt hatte, war er der Meinung gewesen, der Spieler würde seine übliche Routine durchziehen und ihm einen Triumph im ersten Spiel gönnen.
Die Unverfrorenheit, mit der dieser Kartenhai am Vortag sein Spiel manipuliert hatte, war schon beeindruckend genug gewesen, aber das hier …
Der Spieler verzog seinen Mund zu einem schmalen Lächeln. «Mit einem hast
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