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Broken Lands

Broken Lands

Titel: Broken Lands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Milford
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du recht, Junge. Der Bessere gewinnt. Also, wolltest du etwas?»
    Sam verdrängte seine Fassungslosigkeit und beugte sich vor. «Ich wollte Sie warnen. Es gibt heute in West Brighton eine Razzia. Die Bullen haben vor, eine ganze Menge Leute hopszunehmen, wegen irgendwelcher dicken Bonzen in Gravesend. Sie haben sich einen schlechten Tag für ein Spielchen ausgesucht.»
    «Und warum solltest ausgerechnet du mich warnen?» Der Spieler hob die Karten hoch und legte sie wieder ab. Pik-Königin, Herz-Ass, Kreuz-Zehn. Wie am Anfang. «Das ist doch Quatsch.»
    «Das hier war mein Platz, und ich habe ihn noch nicht abgeschrieben», zischte Sam. Das zumindest war die Wahrheit. «Wenn Sie hier verhaftet werden, schaut die Polizei demnächst zweimal hin, wer an diesem Platz spielt. Er ist verdorben, für mich, für alle anderen.» Er schaute auf den Tisch und verdrehte die Augen. «Soll ich wirklich aufdecken? Es ist doch sowieso keine Königin dabei.»
    Der Spieler grinste und drehte alle drei Karten um. Dreimal Pik-Königin. Dann legte er sie wieder mit der Vorderseite nach unten und drehte sie erneut um: Pik-Königin, Herz-Ass, Kreuz-Zehn.
    Es war so schnell geschehen, dass die paar Leute, die zuschauten, vermutlich ihren eigenen Augen nicht trauten und sich fragten, ob sie die drei Königinnen tatsächlich gesehen hatten.
    «Jetzt geben Sie aber mächtig an!», rief Sam, der es einfach nicht fassen konnte.
    «Ja. Hör zu, Junge, danke für die Warnung, aber – nein, danke.» Der Kartenhai lehnte sich zurück und beäugte Sam unter der Krempe seines Strohhuts hervor. «So, und entweder setzt du jetzt Geld oder du stehst auf und überlässt deinen Platz jemandem, der gewinnen will. Ich bin hier, um Karten zu spielen, und du stellst keine Herausforderung dar.»
    «Ach ja? Aber ein Urlauber schon, was?» Sam zuckte mit den Schultern und stand auf. «Ich hab’s versucht.» Dann drehte er sich um und ging, wobei er eine fadendünne Zündschnur durch das Loch in seiner Hosentasche und an seinem Bein entlanggleiten ließ.
    Fünfzehn Meter vom Tisch des Kartenspielers entfernt ging Jin hinter Sam vorbei in Richtung Strand. Sam fühlte einen Ruck an der Zündschnur, die immer noch durch seine Finger glitt. Er ließ sie los und ging weiter. Auf der nächsten Bank setzte er sich hin und schaute sich die Vorstellung an.
    Am Tisch hatte sich gerade ein neuer Kunde niedergelassen, um sein Glück zu versuchen. Etwa auf der Hälfte der Strecke zwischen dem Kartentisch und Sams Bank bückte sich Jin. Sie schien an ihrem Schuh zu hantieren. Ihr gebeugtes Knie verbaute dem Kartenspieler und den Zuschauern den Blick auf ihre Hände, aber von seiner Position aus sah Sam das Feuerzeug aufflackern, mit dem sie die Zündschnur entflammte.
    Sie stand auf und ging weiter zum Ufer. Sam zählte im Stillen: Eins eintausend, zwei eintausend, drei eintausend, vier eintausend …
    Der Funke, der sich an der Zündschnur entlang fraß, war kaum zu sehen.
    Acht eintausend, neun eintausend, zehn eintausend .
    Sam stand auf und streckte sich. Auf der anderen Seite der Plaza stieß Oliver hinter seiner Theke einen ohrenbetäubenden Pfiff aus.
    Die Urlauber und die unbescholtenen Spaziergänger hielten sich bloß die Ohren zu oder warfen ärgerliche Blicke in die Richtung, aus der der Pfiff gekommen war, aber der Mann in dem Strohhut erkannte einen Warnruf, wenn er einen hörte. In diesem Moment fragte er sich wahrscheinlich, ob Sam nicht vielleicht doch die Wahrheit gesagt hatte, als er ihn vor der Polizei warnte. Daher war zu vermuten, dass er zuerst nach ihm schauen würde. Sam täuschte Panik vor und rannte in eine Gasse. Er wandte gerade noch rechtzeitig den Kopf, um zu sehen, wie ihr Plan ein voller Erfolg wurde. Der Funke hatte das Ende der Zündschnur erreicht, und das kleine Bündel Feuerwerkskörper explodierte mit stakkatoartigem Knallen, das sich genauso anhörte wie Pistolenschüsse.
    Es war egal, dass die «Schüsse» unter dem Tisch losgingen und auch der Rauch von dort hervorquoll, und zwar eine Menge: Der Kartenhai reagierte auf das Geräusch und die allgemeine Verwirrung genauso, wie Sam es vorausgesehen hatte. Er sprang auf, stürzte durch den Rauch, zwischen den Menschen hindurch und verschwand in einer der Gassen westlich der Culver Plaza. Sein Kunde und ein paar Zuschauer blickten ihm entgeistert nach und hüstelten verunsichert.
    Jin, die bislang zu einer gleichmütigen Miene gezwungen gewesen war, traf einen Moment später mit ihm

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