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Brombeersommer: Roman (German Edition)

Brombeersommer: Roman (German Edition)

Titel: Brombeersommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dörthe Binkert
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den Arzt ins Haus zu lassen, wenn er klingelte. Er selbst wollte Viola Bescheid sagen und mit ihr wiederkommen.
     
    Hermann Gronau hatte nichts mehr für Karl tun können. »Ich weiß nicht, ob er es gewusst hat«, sagte Hermann, »aber es war klar, dass er an seiner Nierensache sterben würde, und zwar relativ bald. Das war nicht reparabel. Das hat er aus dem Krieg mitgebracht. Die Nieren waren beide schwer angegriffen, die funktionierten schon seit Jahren nicht, wie sie sollten. Und die vielen Medikamente, die er immer nehmen musste«   – er schüttelte den Kopf   – »waren für die Nieren auch nicht das Wahre. Ich habe ihn sofort ins Marien-Hospital gebracht, aber es war schon zu spät. Bei einem Nierenversagen muss man schnell handeln. Die Giftstoffe gehen ins Blut und vergiften den ganzen Körper. Er hätte eher kommen müssen.« Hermann drückte Theo und Viola die Hand. »Ich mochte ihn, den Karl.«

54
     
    Nach Karls Beerdigung sprachen Viola und Theo eine ganze Weile nicht über Karl. Sie waren dankbar, dass sie ihn so betrauern konnten, wie jeder von ihnen es für sich brauchte, ohne sich dem andern erklären zu müssen.
    Viola entdeckte zu ihrem Erstaunen eine ihr selbst fremde, neue Zärtlichkeit für Theo. Sie liebte ihn dafür, dass er auf Fragen und Klärungen jeglicher Art verzichtete. Theo wusste, dass sie es mit ihrer Trauer schwerer hatte als er.
    Viola quälte sich sehr, dass sie Karl verboten hatte, wie gewohnt zum Abendessen zu kommen, und vor allem, dass sie ihn vor seinem Tod nicht mehr gesehen hatte. Sie verzieh es sich nicht, dass sie ihn liebte, seit sie denken konnte, und im entscheidenden Moment nicht an seiner Seite gewesen war. Aus Kleinmut und Ärger. Aber sie wusste auch, dass das unnütze Selbstbeschuldigungen waren.
    Theo seinerseits fragte sich, ob er über den Verlust seiner Eltern eines Tages so trauern würde wie jetzt über den des Freundes. Nein, dachte er und war froh, dass er einigermaßen mit sich im Reinen war, wenn er an Karl dachte. Fräulein Winterhannes, seine Sekretärin, lud er nicht mehr zum Mittagessen ein, auch wenn sie offensichtlich darauf hoffte. Theo musste schmunzeln, wenn er an den Trinkspruch dachte, den Karl und er manchmal in leicht abgewandelter Form auf ihre Freundschaft ausgebracht hatten,vor allem, wenn sie sich mal wieder über Politik gestritten hatten. »Wenn sich zwei Freunde aus verfloss’nen Tagen nach Jahren wieder auf die Schulter schlagen, wenn einem also Gutes widerfährt   …« Und dann hatten sie manchmal Tränen gelacht.
     
    Eines Tages, nachdem sie beide lange genug über Karl geschwiegen hatten, sagte Theo zu Viola: »Aber schön war es mit Karl im Tessin.«
    Viola nickte und sagte: »Theo, setz dich mal hier hin. Auf diesen Stuhl hier.«
    »Wieso? Willst du auf meinem Schoß sitzen?«, erwiderte Theo. »Oder was ist los?«
    Viola war aber nicht nach Herumalbern zumute. »Ich muss mit dir reden«, sagte sie.
    »Ja, schon gut. Also? Ich höre?«
    »Theo, ich war beim Arzt.«
    »Du? Hast du dich denn krank gefühlt?«
    »Ich bin schwanger.«
    »Puh«, sagte Theo und schwieg. Das Schweigen dauerte. Dann zog er Viola auf seinen Schoß. »Also ein ganz großes Wunder ist es ja nun nicht, eine jungfräuliche Empfängnis oder so was. Freust du dich denn?«
    Viola war still. »Mmh«, machte sie schließlich und lächelte zögernd. »Ja. Komischerweise freue ich mich.«
    »Na dann!«, sagte Theo burschikoser, als ihm zumute war. »Und wieso komischerweise?«
    »Och«, machte Viola und sagte nur vage: »Ich habe irgendwie gar nicht mehr geglaubt, dass ich überhaupt noch mal schwanger werde.«

Informationen zum Buch
    Deutschland in den frühen fünfziger Jahren. Aus den Transistorradios tönen Schlage wie die »Capri-Fischer«, die Frauen tragen Tellerröcke aus Fallschirmseide, und echter Kaffee erzielt auf dem Schwarzmarkt Höchstpreise. Die Menschen haben die Hoffnung auf neue Zeiten im Herzen, aber den Krieg noch im Kopf. Karl, Anfang 30, trifft in seiner Heimatstadt seinen Jugendfreund Theo wieder und auch die storchenbeinige Viola. Theo studiert Jura, macht Karriere und heiratet Viola, die für das städtische Theater Kostüme näht und Billie Holiday hört. Eine ungewöhnliche Freundschaft zu dritt entsteht. Gemeinsam entdecken Viola, Theo und Karl das Leben neu, teilen, was sie haben, feiern übermütige Feste. Und Karl verliebt sich in die Frau seines besten Freundes. Dann kommt der Tag, an dem die drei mit ihrem Käfer in

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