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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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einen Reim auf ihre seltsame Antwort zu machen, als man einen Boten zu mir führte.
    Es war ein Sklave aus Herculaneum; Aemilius Rufus hatte nach mir geschickt. Es ging wohl um Crispus. Ich für meinen Teil hatte das Interesse an Crispus verloren – allerdings war er erstens die einzige Beute, für die Vespasian mich bezahlen würde, und zweitens brauchte ich dringend Geld.
    Ich schickte die Diener fort. Helena redete mir zu. »Es könnte doch wichtig sein, Marcus; ich finde, du solltest gehen.«
    »Aber nur, wenn du bis zu meiner Rückkehr bei Petro und Silvia bleibst.«
    »Gnaeus würde mir nie etwas tun.«
    »Das kannst du so genau gar nicht wissen«, grollte ich gereizt, weil sie schon wieder den vertraulichen Namen benutzte.
    »Er braucht mich.«
    »Das will ich nicht hoffen! Wofür? «
    Mittlerweile war ich so aufgebracht, daß ihr gar nichts anderes übrigblieb, als zu beichten. »Das wird dich bestimmt wütend machen: Der Konsul hat Pertinax davon überzeugt, daß er mich ein zweites Mal heiraten sollte.« Sie hatte recht. Ich war wütend. »Du wolltest es ja unbedingt wissen! Caprenius Marcellus hat nur noch zwei Ziele im Leben: eine glanzvolle Karriere für Gnaeus und einen Erben. Ein Enkel würde den Fortbestand der Güter sichern …«
    »Davon will ich nichts hören. Du erschreckst mich manchmal, Helena! Wie kannst du so etwas auch nur aussprechen?«
    »Ach, ein Mädchen braucht schließlich einen Ehemann!«
    Das war nicht nur unfair sondern gemein. Ich zuckte die Achseln und suchte nach Worten, um zu erklären, daß es mir an allem fehlte – gesellschaftlichem Rang, Verbindungen, Geld. Heilloser Zorn überkam mich. »Na, bei dem weißt du wenigstens schon, was dich erwartet! Gleichgültigkeit, Mißachtung – und jetzt wahrscheinlich noch weit Schlimmeres. Hat er dich geschlagen? Keine Angst, das kommt schon noch!« Helena saß wie erstarrt, während ich tobte wie eine wild gewordene Färse in einem Melonenacker.
    »Du weißt das bestimmt ganz genau«, versetzte sie schließlich gekränkt. »Schließlich bist du ein Mann!« Ich rutschte von der Brüstung herunter.
    »Mach du nur ruhig, was du willst! Wenn du eine Stellung brauchst und einen Namen, dann geh doch zu ihm zurück …« Mühsam beherrscht senkte ich meine Stimme, denn sie sollte sich meine Worte gut einprägen: »Aber sowie du genug hast von alldem, werde ich kommen und dich da rausholen!« Ein Schritt noch bis zur Tür. » Das nennt sich Loyalität!«
    »Marcus!« Es klang flehentlich. Ich kehrte ihr den Rücken und tat, als hätte ich sie nicht gehört.
    An der Straße entdeckte ich Pertinax. Er bewegte seine Pferde auf der Reitbahn; sogar auf diese Entfernung konnte man erkennen, daß er völlig in seiner Beschäftigung aufging. Er hatte beide Rennpferde geholt und ließ eines im Schatten, während er das andere trainierte. Hier war ein Profi bei der Arbeit. Jeder Schritt, jedes Kommando stimmte, es war eine Freude, ihm zuzusehen. Goldschatz schnupperte im Gras nach giftigen Pflanzen, mit denen er sich Magengrimmen holen könnte. Pertinax ritt Ferox, den Champion. Wäre er allein gewesen, ich hätte ihn gestellt und reinen Tisch gemacht, aber Bryon war bei ihm.
    Bryon, der an einem Pfosten lehnte und Feigen lutschte, beäugte mich neugierig, doch in Gegenwart seines Herrn behielt ich meine Gedanken für mich. Pertinax behandelte mich wie Luft. Die scheinbar beiläufige Eleganz, mit der er sich im Sattel hielt, schien Sinnbild dafür, daß er mir gegenüber immer und überall im Vorteil sein würde.
    Unter den Zypressen lag frischer Eselsmist, aber die beiden Tiere, die ich gestern abend dort entdeckt hatte, waren verschwunden. Mein Gefühl sagte mir freilich, daß ich sie bald wiedersehen würde.
    Ich hatte schon fast die Hauptstraße erreicht, als ein Junge mich einholte.
    Er hatte freilich bloß bis zur Herme laufen müssen, denn dort saß ich auf einem Poller und verfluchte mich, weil ich mit Helena gestritten hatte; erst mich, dann sie, dann ihn … ich war kreuzunglücklich.
    »Didius Falco!«
    Der Knirps hatte Fischflecke auf der Toga, eine Hautkrankheit, mit der man sich besser nicht näher beschäftigt, und schmutzige, grindverkrustete Knie.
    Er gab mir ein Wachstäfelchen. Die Schrift kannte ich noch nicht, und doch machte mein Herz einen Satz. Die Mitteilung war nur kurz, und ich las Helenas Verärgerung aus jedem Wort heraus:
     
    Er hat mich nie geschlagen, obwohl ich immer darauf gefaßt war, daß es einmal soweit kommen

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