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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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geblieben. Die Misenum-Flotte hatte also nicht viel mehr zu tun, als ihren vielfältigen gesellschaftlichen Verpflichtungen nachzukommen. Rings um die Bucht von Neapolis wurden allabendlich Feste gefeiert, und so schwärmte die Marine fast jeden Tag aus, um auf Privatveranstaltungen Wein und andere geistige Getränke zu schnorren. Sie vertrugen Unmengen, und vor ihrer Fähigkeit, hinterher trotz Schlagseite unter Absingen lustiger Lieder in sagenhaft obszöner Version fehlerfrei auf Heimatkurs zu bleiben, konnte ein nüchterner Mann nur neidvoll erblassen.
    Jetzt schlurften sie das Fallreep zu ihrem Schiff hinauf, und weil sich jeder an den Schultern seines Vordermanns festhielt, sahen sie aus wie eine Kette liebender Blutsbrüder. Sie hoben die Knie zu einem letzten lustigen Tänzchen, und dabei wäre ums Haar einer ins Wasser gefallen, aber als er eben in hohem Bogen über dem Geländer schwebte, hievten seine Kameraden ihn mit bewundernswerter Zentrifugalkraft und einem im Chor geschmetterten Hauruck wiederretour. Der letzte klappte die Landungsbrücke hoch, und schon war der ganze trunkene Spuk verschwunden.
    Der Abend wirkte trister ohne sie. Petronius meinte, sein Respekt vor der Marine habe sich in den letzten zehn Minuten verdreifacht.
     
    Wir wollten schon gehen, als Helena Justina sich ihrer Freundin erinnerte. Ich hätte Fausta sich selbst überlassen, wurde jedoch überstimmt. (Ein Grund, weshalb ein Ermittler allein arbeiten sollte: damit ihn keiner zu guten Taten verleitet.)
    Das Fräulein hockte im Atrium und weinte zum Steinerweichen. Sie hatte sich über die Amphoren hergemacht. Nur ein Weinhändler mit sinkendem Umsatz (falls es so einen überhaupt gibt) würde das als Rezept gegen Liebeskummer empfehlen.
    Um sie herum war das Personal emsig beim Aufräumen, keiner kümmerte sich um das zerzauste Schreckgespenst, das da auf den Knien lag und schluchzte. Ich sah, wie Helena erstarrte. »Die Sklaven verachten sie! Eine Frau, die sich gehen läßt, vor der haben sie keinen Respekt; aber bei ihr ist es noch schlimmer. Sie hat keinen Mann, der sich um sie kümmert …«
    Larius und Petro traten verlegen beiseite, aber Helena hatte bereits einen Sklaven zur Rede gestellt. Er erklärte, Fausta sei wieder einmal ungebeten in die Villa gekommen. Bei dem Bankett sei es hoch hergegangen: lauter Männer mit rein weiblicher Unterhaltung …
    »Und Aufidius Crispus«, rief Helena gebieterisch, »lag in den Armen einer spanischen Tänzerin?«
    »Nein, Herrin …« Der Sklave blickte hilfesuchend auf Petro und mich. Wir grinsten. »Es waren nämlich zwei!« Er hätte gern auch noch Einzelheiten preisgegeben, aber Helena war nicht interessiert.
    Offenbar hatte Fausta sich die Enttäuschung zu Herzen genommen und sich still jenem abgrundtiefen Schmerz hingegeben, der ihre Spezialität war; Crispus hatte sie vermutlich nicht einmal bemerkt. Jetzt saß sie hier in einer unbewohnten Villa fest, und die Lieferanten rüsteten zum Aufbruch, nachdem sie alle leeren Amphoren von einer Mole ins Meer geworfen hatten.
    Helena ruhte nicht eher, als bis jemand Faustas Sänfte brachte. Ihre Träger waren heute abend ein paar liburnische Sklaven, die ein schlechtes Gespann abgaben; der eine hinkte, der andere hatte lauter Furunkel im Nacken. »Wir können sie doch nicht diesen Dummköpfen anvertrauen«, jammerte Helena.
    Ohne direkt Verantwortung zu übernehmen, schafften Larius und ich Fausta in die Sänfte. Die Sklaven trugen sie bis zu unserem Gasthof in Oplontis, aber während wir noch beratschlagten, wie es weitergehen solle, kollerte Fausta aus ihrem Tragsessel und fiel in den Sand. Im Sturz verfluchte sie alle Männer und benannte die Teile, die ihnen schrumpfen und abfallen sollten, so minutiös, daß mir ganz schlecht wurde.
    Ich hatte sie und ihre Sippschaft gründlich satt. Aber Helena zuliebe willigte ich ein, noch mehr von einem andernfalls bestimmt sehr angenehmen Abend zu opfern und dafür zu sorgen, daß sie heil nach Hause käme.
    Mit etwas Glück würde ein Räuber, der eine Küchenmagd zum Aufwärmen seiner Suppe brauchte, Fausta vorher entführen.
     
    Vorher setzte ich allerdings Helena in ihre Sänfte. Das dauerte ziemlich lange, aus Gründen, die außer mir keinen etwas angehen.
    Inzwischen hatte sich Dunkelheit über die Küste gesenkt. Als ich zum Gasthof zurückkam, war Fausta verschwunden. Trotz der späten Stunde fand ich Larius noch auf einer Bank im Hof, wo er dem Kindermädchen Ollia Gedichte

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