Bronzeschatten
nach der Isis Africana suchen müssen. Aber heute war es schon zu spät dafür, und so blieb mir wenigstens noch ein Abend mit meiner Herzensdame.
Silvana war das Geburtstagskind (Petros mittlere Tochter; sie war vier), und zur Feier des Tages durften die Kinder mit uns zu Abend essen. Das verzögerte sich allerdings, weil ausgerechnet heute eine dieser erfreulichen Familienkrisen ausbrach, ohne die kein Urlaub vollkommen ist. Es fing damit an, daß Arria Silvia das Kindermädchen Ollia in Tränen aufgelöst fand.
Zwei knappe Fragen nach Ollias Monatskalender ergaben, daß ich mit meiner Prophezeiung über den Fischerjungen offenbar recht behalten hatte. (Er trieb sich immer noch täglich bei uns rum.) Ollia leugnete, was den Verdacht zur Gewißheit werden ließ. Silvia gab Ollia eins hinter die Ohren, um ihren eigenen Gefühlen Luft zu machen, dann befahl sie Petro und mir, den lästigen Hummernfischer zur Schnecke zu machen – typisch, jetzt, wo’s zu spät war!
Wir fanden den jungen Gigolo an einen bleiverstärkten Anker gelehnt, wie er sich gerade seinen Schnurrbart striegelte. Petro drehte ihm einen Arm auf den Rücken, und zwar weiter, als ein Arm normalerweise reicht. Natürlich schwor er, das Mädchen nie angerührt zu haben; damit hatten wir gerechnet. Wir zerrten ihn zu der Torfhütte, wo er mit seinen Eltern hauste, und während der Junge schmollte, legte Petro den Alten das moralische Dilemma in dürren Worten dar: Ollias Vater war ein Legionärsveteran, der über zwanzig Jahre in Ägypten und Syrien gedient hatte, bis er mit doppeltem Sold und drei Orden ausschied – nicht zu vergessen eine Urkunde, die Ollia zu seiner ehelichen Tochter erklärte. Jetzt leitete er eine Boxerschule, wo er bekannt war für seinen strikten Moralkodex und seinen Kämpfern unbedingte Treue zu ihrem Trainer nachgesagt wurde …
Der alte Fischer war ein zahnloser, glückloser, ehrloser Wicht, den man mit keinem Filetiermesser an sich rangelassen hätte, aber ob aus Furcht oder aus List, uns machte er jedenfalls keine Schwierigkeiten. Der Junge willigte schließlich ein, Ollia zu heiraten, und da Silvia das Mädchen nie hierlassen würde, beschlossen wir, daß der Fischerjunge mit uns nach Rom kommen müsse. Seine Verwandten schienen von diesem Ergebnis sehr beeindruckt. Wir akzeptierten es als die bestmögliche Lösung.
Die Neuigkeit, daß ein hinterhältiger Wurm mit Seetangschnurrbart sie zu einer ehrbaren Frau machen würde, öffnete bei Ollia abermals die Schleusen, was nur recht und billig war. Larius, dem wir mit Rücksicht auf seine Künstlernatur die ordinären Einzelheiten verschwiegen hatten, sah mich aus verzweifelten Hundeaugen an.
»Ollia ist reingefallen mit ihrem glitschigen Kerl«, erklärte ich. »Endlich hat sie begriffen, warum ihre Mutter sie andauernd gewarnt hat: Die nächsten fünfzig Jahre wird sie damit zubringen, für diesen Fehler zu bezahlen. Wenn er nicht draußen den Weibern nachstellt, wird er den ganzen Tag im Bett rumliegen, nach seinem Essen schreien und sie eine faule Schlampe schimpfen. Nun weißt du’s hoffentlich zu schätzen, daß Frauen, die sich’s leisten können, ihre Vorkehrungen treffen …«
Larius stand wortlos auf und half Petronius bei der Weinbestellung.
Helena Justina, die sich mit den Kindern beschäftigt hatte, während Silvia die arme Ollia tröstete, bedachte mich mit dem langen, kühlen Blick einer Senatorentochter, die erstmals einen Blick auf die Schattenseite des Lebens geworfen hat und findet, auch dies sei ein Los, das jede Frau, die sich’s leisten kann, gern mit Geld abwendet.
Wir gaben uns redlich Mühe, und so wurde es doch noch ein schöner Abend.
Kaum, daß Petronius mit einem Tablett voll Brot und Wein zurückkam, ließ die Spannung nach. Das liebevolle Tätscheln seiner groben Hände tat den erschöpften Nerven wohl, und allmählich versammelte er uns alle um einen Tisch. Ich fand mich neben Silvia wieder, und da sie heute abend wahrhaftig noch mehr Sorgen hatte als gewöhnlich, legte ich ihr zur Aufmunterung die Hand aufs Knie (der Tisch war so schmal, daß man sein Gegenüber praktisch auf dem Schoß hatte). Silvia, die dachte, es sei Petro, gab dem einen Tritt, und Petro sagte, ohne von seinem Teller aufzuschauen: »Falco, laß die Finger von meiner Frau.«
»Warum benimmst du dich so schlecht, Falco?« tadelte Helena mich vor den anderen. »Leg die Hände auf den Tisch, und wenn du unbedingt Anstoß erregen mußt, dann mach mir
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